Das Dach vom Haus der Fotografie ist morsch geworden. Die wenigen restlichen Bewohner konnten oder wollten das Geld für eine Reparatur nicht mehr aufbringen. Viele waren bereits früher ausgezogen. Vor allem als der einst großzügige Unterstützer und Hauptsponsor, die KölnMesse, die kränkelnde photokina nach kurzem Leiden einschläfern ließ und endgültig den Geldhahn zugedreht hatte, schrumpfte auch die Mitgliederzahl des Photoindustrie-Verbandes (e.V. PIV), der deutschen Interessenvertretung der Imaging Fotoindustrie rasant. Jetzt wollen und sollen zum Ende des Jahres die letzten Bewohner das gemeinsame Haus verlassen und die Reste, die noch davon übrig geblieben sind zum Abriss freigeben. Den etwa zwei Dutzend der noch verbliebenen Bewohner wurde bereits eine neue, langfristige Bleibe versprochen: Nämlich dort, wo schon einige alte Bekannte seit längerem eine neue Heimat gefunden haben: beim Industrieverband Spectaris. Den Photoindustrie-Verband, die in die Jahre gekommene und hochtrabend zum PIV verkommene Vereinigung, wird es nicht mehr geben und das obwohl die Industrie erneut ein gesundes Wachstum verkündet und die Fotografie sich zahlreiche neue Bereiche erschlossen hat.
Die Todesursache für das Sterben so vieler Interessenvertretungen ist eine Krankheit an der unsere Zeit seit längerem leidet: statt sich zu großen Gemeinschaft unter einem Dach zusammenzufinden, versucht jeder auf neoliberale Art sein eigenes Süppchen zu kochen. Statt gemeinsam die großen Probleme anzugehen, zieht man sich in sein Schneckenhaus zurück. Das führt unübersehbar zu einer Stimmung unter den Akteuren, die deutlich schlechter ist als die tatsächliche Lage. Während der Fotofachhandel sich gesund zeigt, nicht zuletzt durch starke Kooperationen, liefert sich die Industrie Rabattschlachten und verhindert so selbst die Genesung mit gesunden Margen. Die Pflegeheime, in die sich einige Mitglieder internationaler Interessenvertretungen des Fotohandels begeben hatten, wie es beispielsweise so tragisch die PMA bei der CES versucht hatte, haben sie nur zu Tode gepflegt und nicht wieder genesen lassen.
Nachdem man in Köln der photokina den Tropf abgeschaltet hat, will nun die PHOTOPIA Hamburg wenigsten einmal im Jahr die Fotocommunity mit einem frischen, attraktiven Konzept wiederbeleben und die verschiedenen Bereiche der Fotografie und des Imaging mit all ihren Facetten wieder zusammenführen und auch ihr bereits breites Spektrum von Veranstaltung zu Veranstaltung erweitern. Besonders der von der Fachhandelszeitschrift Foto+Imaging Contact engagiert realisierte Kongress mit dem Titel Imaging Executives könnte das Fünkchen Hoffnung entflammen, dass sich die Branche wieder enger zusammenfindet, um gemeinsam stark für eine gesunde Zukunft der bildbasierten Aktivitäten zu sorgen. Solange die verschiedenen Akteure ihre Inspiration für Innovation weiterhin nur unter ihresgleichen suchen, wird es schwer, Neues zu entdecken. Über den eigenen Tellerrand zu schauen, hat sich noch immer gelohnt. Das individuelle Wissen ist begrenzt! Sich mit dem Wissen anderer zu beschäftigen oder besser noch sich ihrer sowie der eigenen Fantasie zu widmen, ist wahrscheinlich der bessere Weg zum Erfolg.
Ein neues Haus mit vielen Zimmern als gemeinsame Heimat für alle Akteure der visuellen Kommunikation mit ausreichend Raum für neue Mitbewohner zu bauen, müsste das Ziel aller an einer gesunden Zukunft bildbasierter Industrien, Dienstleister, Institute, Forschungs- und Kultureinrichtungen sein. Ein Ort der Begegnung, der die unterschiedlichsten Aspekte einer gemeinsamen Sache thematisiert und sichtbar macht. Machen wir uns auf die Suche nach geeigneten Architekten für den Neubau eines Hauses der Fotografie.
Heiner Henninges