Vom Einzelbild zur Filmsequenz
Viele Fotografen entdecken das Filmen mehr oder weniger zufällig, weil ihre neue Kamera nun auch mit einer Videofunktion ausgerüstet ist. Aber es gibt, bedingt durch den technischen Fortschritt zudem zahlreiche andere Anreize, sich mit dem bewegten Bild zu befassen: Foto und Film wachsen durch die gemeinsamen Aufnahme-, Bearbeitungs-, Speicher- und Vorführtechniken mehr und mehr zusammen. Durch die zusätzliche Möglichkeit, beides zu mischen, entstehen komplett neue Ausdrucksformen und Darstellungsweisen. Die folgenden Hinweise, sollen Fotografen den Einstieg in die Welt des Films und der Multimedia-Shows erleichtern.
Das Seitenverhältnis
Fotos wurden früher hauptsächlich auf Papier gedruckt oder als Dias projiziert. Da waren das Seitenverhältnis und das Format nicht unbedingt entscheidend für die Wiedergabe. Das ist beim Filmen und der Wiedergabe auf TV-Bildschirmen, digitalen Bilderrahmen, mobilen Wiedergabegeräten oder Monitoren gänzlich anders. Soll hier die ganze Fläche der begrenzten Displaygrößen genutzt werden, muss der Filmer schon bei der Aufnahme auf das entsprechende Seitenverhältnis achten, wenn nicht schwarze Balken das Bild umranden sollen. Video beschränkt sich zudem meist auf das Querformat.
Einstellungen bei einer Olympus PEN E-PL1 für die Movie-Funktion: SD mit der Auflösung für die Auflösung 640 x 480, das klassische Seitenverhältnis 4:3 und HD für hochauflösende Aufnahmen im 16:9 Format und 1280 x 720 Pixel.
Das klassische Fotoformat mit dem Seitenverhältnis 3:2 eignet sich für die formatfüllende Wiedergabe auf den Bildschirmen gar nicht. Besitzen ältere PC-Monitore und Röhrenfernseher in der Regel ein Seitenverhältnis von 4:3 so verwendet das neue hochauflösende HD- und Full-HD-Fernsehformat ein deutlich breiteres Bild mit dem Seitenverhältnis 16:9. Dem folgen auch die meisten neuen Geräte, seien es Monitore, Bilderrahmen oder die Displays moderner Mobiltelefone. Als Filmer oder Fotograf sollte man auf jeden Fall für die Wiedergabe auf bestimmten Displays das jeweils optimale Format wählen. Das wird zukünftig immer häufiger 16:9 sein. (Hinweise zu den verschiedenen Foto-Aufnahmeformaten siehe auch hier).
Filmische Erzählweisen
Erfasst das Foto eine Situation in einem einzigen Bild, so besteht der Reiz der filmischen Erzählweise im ständigen Wechsel der Bilder mit verschiedenen Kamera-Einstellungen. Die besondere Dramaturgie einer filmischen Handlung ergibt sich durch die geschickte Reihung von Aufnahmesequenzen, der kleinsten dramaturgischen Einheiten des Films. Solche Sequenzen geben die Szene in verschiedenen Bildausschnitten wieder, die in den Drehbüchern in der Filmfachsprache als Anweisung für den Regisseur bzw. Kameramann beispielsweise als Totale, Halbtotale, Nah- oder Großaufnahme beschrieben werden.
Das Drehbuch und Regieanweisungen
Sollte der im Foto eingefrorene Moment möglichst den aussagekräftigsten Augenblick einer Handlung oder eines Geschehens darstellen, so interpretieren im Film die geschickt aneinander gefügten Sequenzen den Ablauf eines Geschehens. Deshalb sind beim Fotografieren ein waches Auge und eine schnelle Reaktionsgabe oft entscheidend für den gelungenen Schnappschuss, während sich beim Filmen eine gute Planung und Vorbereitung in der Regel als unverzichtbar erweisen. Auch wenn das Filmen so einfach wie nie geworden ist, auch wenn die Kameras deutlich flexibler einsetzbar sind und auch wenn die Fotokameras mit Filmfunktion spontaneres Filmen erleichtern und dadurch neue filmische Bildsprachen entstehen lassen, sollte der filmende Fotograf seinen Videoaufnahmen eine gewisse Planung vorausgehen lassen. Meist lassen sich bestimmte Szenen nicht wiederholen und es wäre schade, wenn er erst später beim Schneiden des Films, also bei der Zusammenstellung der Film- und Tonaufnahmen, das Fehlen wichtiger Schlüsselszenen bemerkt.
So etwa könnte ein Drehplan bei guter Vorbereitung aussehen.
Wie auch beim Fotografieren geht es beim Filmen darum, sich vorher darüber klar zu werden, welche Geschichte man erzählen will und in welchen Szenen und Sequenzen sie sich am besten zeigen lässt. In der professionellen Filmproduktion hat sich ein mehr oder weniger starr eingehaltener Ablauf der Aufnahmevorbereitung als nützlich erwiesen. Dieser beginnt mit der Idee, die dann im Exposé fixiert und danach im Storyboard oder Treatment ausgearbeitet wird. In Drehbuch und Produktionsplan werden dann detailliert die zur Realisierung des Films notwendigen Schritte festgehalten.
Natürlich ist für einen Amateurfilm, beispielsweise von einem Spaziergang im Herbst, einer Party, einer Hochzeit, dem Kindergeburtstag oder dem Ausflug in den Zoo nicht alles im Voraus im Detail planbar, doch je besser man sich vorbereitet, umso größer ist die Chance, als Ergebnis schließlich auch einen vorzeigbaren Film zu erhalten.
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„Videogrundlagen für Fotografen II“ mit dem Titel Kameraeinstellungen – Statisch oder dynamisch?