Ragnar Axelsson ©
Kötlujökull Melting, Iceland, 2021
PHOXXI, das temporäre Haus der Photographie der Hamburger Deichtorhallen zeigt vom 17. März bis 18. Juni 2023 die Ausstellung „Ragnar Axelsson – Where the world is melting“. Ragnar Axelsson gehört mit seinen aufregenden Bildern der entlegensten Orte und Landschaften im hohen Norden, zu den gefragtesten Bildautoren. Der isländische Fotograf dokumentiert seit mehr als 40 Jahren die dramatischen Veränderungen von Landschaften und Lebensräumen am Rande der bewohnbaren Welt.
Isolierteste Regionen der Arktis gehörten ebenso zu den Reisezielen von Ragnar Axelsson wie der Besuch bei den Inuit-Jäger*innen nach Nordkanada und Grönland, den Bäuer*innen und Fischer*innen auf Island und den Färöer Inseln und zur indigenen Bevölkerung in Nordskandinavien und Sibirien.
Die beeindruckenden Schwarz-Weiß-Bilder machen die außergewöhnlichen Beziehungen zwischen Menschen, Tieren und Orten in der Arktis und ihrer extremen Umwelt sichtbar – Beziehungen, die aufgrund des beispiellosen Klimawandels kontinuierlichen tiefgreifenden und komplexen Veränderungen unterliegen.
Seine Informationen stammen aus erster Hand, von den Menschen vor Ort. Axelsson scheut keine Risiken und Mühen, sie immer wieder in den entlegensten Orten zu besuchen und eine längere Zeit mit ihnen zu verbringen. Weil er den oftmals beschwerlichen Alltag mit ihnen teilt, gewinnt er nachhaltig ihr Vertrauen. Dies erlaubt es ihm, intime Momentaufnahmen ihres Lebens zu machen und ihre Erzählungen aufzuschreiben – so wird er gleichzeitig zum Zeugen und Botschafter ihrer Existenz und der sich verändernden Lebensbedingungen.
Das andere große Thema, für das sich Axelsson begeistert, ist die Kraft der Elemente und die Erhabenheit der nordischen Natur. Davon zeugen seine beeindruckenden fotografischen Landschaftporträts. Mit dem Blick eines Forschers und Künstlers analysiert er auch die kleinsten Naturstrukturen, die an Zeichnungen eines Paul Klee oder Per Kirkeby erinnern.
Axelssons Engagement reicht jedoch weit darüber hinaus, ausschließlich als Fotograf und Journalist aktiv zu sein. Einige Fotografen, darunter der Magnum-Fotograf Paolo Pellegrin, haben ihn gebeten, sie bei ihren Projekten über den Klimawandel zu unterstützen. Axelsson, ein erfahrener Pilot, ist auch mit Ólafur Elíasson über die Gletscher in Island geflogen, als jener an seinem künstlerischen Gletscherprojekt arbeitete. Zudem hat er die Klimaforscher Stefan Rahmstorf und Michael Mann begleitet, als diese die schmelzenden Gletscher sehen wollten. Axelsson ist gut befreundet mit dem Vulkanologen Haraldur Sigurðsson. Mit ihm ist er an entlegene Orte in Indonesien und Grönland gereist, wo sie unter anderem die blauen Seen auf dem schmelzenden Grönlandgletscher untersuchten.
Diese Ausstellung bietet einen Blick auf Axelssons Lebenswerk, das selbstverständlich noch nicht abgeschlossen ist. Denn hinter seinen Fotografien steht die feste Überzeugung, dass die traditionelle Kultur der arktischen Bevölkerung nicht nur im Verschwinden begriffen ist, sondern den zerstörerischen Auswirkungen größerer Kräfte wie der Wirtschaft und des Klimawandels nicht standhalten kann. Diesen Menschen, die vom Klimawandel gezwungen werden, ihre jahrhundertealte Lebensweise an veränderte Bedingungen anzupassen oder auch aufzugeben, widmen sich sowohl die Ausstellung als auch der begleitende Katalog.
Seine Fotografien wurden in Zeitschriften wie LIFE, Newsweek, Stern, GEO, National Geographic, TIME und Polka abgedruckt und weltweit ausgestellt. Axelsson hat sieben Bücher in verschiedenen internationalen Ausgaben publiziert. 2020 wurde sein Buch Hetjur norðurslóða/Arctic Heroesveröffentlicht, das den Schlittenhunden Grönlands als Helden der Arktis gewidmet ist. Für den 2018 erschienenen Bildband Jökull/Gletscher verfasste Ólafur Elíasson das Vorwort. Andlit norðursins/Das Gesicht des Nordens mit einem Vorwort von Mary Ellen Mark, kam 2016 heraus und gewann im selben Jahr den Isländischen Literaturpreis für das beste Sachbuch. Zu den weiteren Auszeichnungen, die Axelsson für seine Arbeit erhielt, zählen eine Reihe isländischer Preise für Fotojournalismus, eine ehrenvolle Erwähnung beim Leica Oskar Barnack Award, der Grand Prize des Festivals Photo de Mer im französischen Vannes sowie die höchste Ehrung Islands, das Ritterkreuz des Falkenordens.
Zurzeit arbeitet er an einem Dreijahresprojekt, mit dem das Leben der Menschen in allen acht arktischen Staaten dokumentiert werden soll. In dieser entscheidenden Zeit, in der die natürlichen und tradierten Gegebenheiten ihrer Welt durch den Klimawandel unwiderruflich zerstört werden, legt Axelsson Zeugnis von der unmittelbaren und direkten Gefahr ab, die die Erderwärmung für das Überleben der Menschheit darstellt.
Die Retrospektive in Hamburg ist eine Ausstellung des Kunstfoyers, Versicherungskammer Kulturstiftung München