Vom 15. September bis 18. Oktober 2023 zeigt die Hamburger Freelens Galerie die Hamburger Portfolio Review. Zu der ersten Ausstellung der Kooperation wurden neun FotografInnen ausgewählt, die zu gegenwärtigen Situationen, mit denen Länder, Kulturen und Individuen konfrontiert sind, Positionen beziehen. Die Hamburger Portfolio Review ist eine Platform für aufstrebende FotografInnen und zeitgenössischen GeschichtenerzählerInnen mit dem Zeil die internationale Fotoszene zum Wissens- und Ideenaustausch sowie für mögliche Kooperationen zu vernetzen.
Bei der Hamburger Portfolio Review werden eine Auswahl an Serien gezeigt, die unsere derzeitige gesellschaftliche und weltpolitische Lage oder persönliche Lebenssituation widerspiegeln. Es sind oft persönliche Einblicke, welche die anhaltenden Folgen oder Vorbereitungen auf einen Krieg zeigen. Serien aus der Ukraine, Armenien und dem Libanon zeigen mittels unterschiedlicher Erzählweisen, welchen individuellen Lebensumständen oder gezwungenen Anpassungsprozesse die jeweilige Bevölkerung ausgeliefert ist.
Bartosz Ludwinksis Titel seiner Serie lautet YA OKAY und bezieht sich auf den emotionalen Zustand des Ukrainers Misha. Vermutlich kann er exemplarisch für einen Teil der ukrainischen Bevölkerung gesehen werden, die zwischen Angst und Schock lebt, aber im Alltag eine Resilienz entwickelt, um sich zu schützen und den fortdauernden Terror zu überstehen.
In seinem Fotoessay Maybe tomorrow there will be war again dokumentiert Patrick Slesiona die Stimmung in Armenien nach der jüngsten Eskalation im Herbst letzten Jahres. Trotz der Bedrohung durch Krieg und Zerstörung stellt Slesiona eine beeindruckende Widerstandsfähigkeit der Bewohner*innen des armenischen Ferienortes Jermuk fest, die entschlossen sind, in ihrem Ort zu bleiben, obwohl die lokale Wirtschaft einen Zusammenbruch erlitt.
Chinkly Shuklas Portraitserie When Buddha stopped smiling zeigt die verheerenden Folgen der Atomtests vor 20 Jahren im indischen Pokhran. Es sind nicht nur die schweren körperlichen Krankheiten ausgelöst durch die nukleare Strahlung, sondern auch das Trauma einer Bevölkerung, dieser politischen Entscheidung ausgesetzt gewesen zu sein.
Gewalt, Krieg und Terror zwingt Menschen aus ihren Ländern zu fliehen mit der Hoffnung im jeweiligen Migrationsland ein neues besseres Leben führen zu können. In ihrer Serie Stateless portraitiert Chiara Wettmann Menschen im Libanon, die entweder Geflüchtete aus dem Irak oder Syrien sind oder aufgrund der familiären Situation keine Ausweisdokumente (mehr) besitzen und somit als staatenlos gelten. Grundlegende Rechte oder ein gesetzlicher Schutz wird diesen Menschen nicht zugestanden.
In seinem Langzeitprojekt über Jugendliche in Duisburg thematisiert Toby Binder die komplexen Problematiken sozialer Ungerechtigkeit innerhalb von Familien mit Migrationshintergrund. Ihre Identifikation und Zugehörigkeit finden die Jugendlichen, die weder oft das Heimatland ihrer Eltern kennen noch sich in Deutschland akzeptiert fühlen, mit dem Nutzen der Ziffern 053 – der Postleitzahl von Duisburg-Hochfeld. »Es ist der einzige Ort, dem sie sich wirklich zugehörig fühlen. Das sind die 053kids.«
Als Außenseiterin möchte die Jugendliche Mila nicht mehr gesehen werden. In der gleichnamigen Serie begleitet Mitar Simikić die Tochter einer Familie aus Bosnien Herzegowina, die aus der Familientradition des Müllsammelns und -wiederverkaufens ausbrechen und ein anderes Leben führen möchte.
Es sind die Herausforderungen und der Umgang mit der Klima- und Energiekrise, die uns auf politischer und persönlicher Ebene zum Handeln auffordern. Ingmar Björn Nolting zeigt in seiner Serie Eviction die Besetzung und Räumung des Weilers Lützerath Anfang dieses Jahres. Neben dem medialen Kampf über die in Frage gestellte Notwendigkeit die Kohle unter Lützerath abbauen zu müssen – ist es der Reale den uns Nolting durch die unterschiedlichen Methoden der Besetzung der Klimaaktivist*innen und dem Einschreiten durch die Polizei bildlich macht.
Gleichzeitig soll in diesem Jahr der Betrieb der Kohlemine San Nicolás im italienischen Asturien eingestellt werden. Lys Arango kehrt an den Ort ihrer Großeltern zurück und begleitet in ihrer Serie The river ran black nicht nur die letzten Minenarbeiter*innen, sondern zeigt auch den dadurch ausgelösten wirtschaftlichen und sozialen Verfall der Region.
Expert*innen gehen davon aus, dass lange heiße Trockenperioden Folgen der Klimakrise sind und uns diese Extremereignisse auch in Zukunft begegnen werden. Im Jahr 2022 sind in Spanien 300.000 Hektar Fläche Waldbränden zum Opfer gefallen. Brais Lorenzo dokumentiert in seiner Serie Burned Land den unermüdlichen und fast aussichtlosen Kampf von Seiten der Feuerwehr aber auch von Bewohner*innen der betroffenen Regionen.
Kuratiert von Prof. Dr. Nina Röder
In Kooperation mit der FREELENS Foundation Germany e.V.