Einer, der Fotogeschichte geschrieben hat: Henri Cartier-Bresson (1908–2004), 1947 Initiator und Mitbegründer der legendären Fotoagentur Magnum, zählt zweifellos zu den berühmtesten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Mit untrüglichem Gespür für „den entscheidenden Augenblick“ zog er mit wachen Augen durch die Welt und hielt mit seiner Kamera spontane Begegnungen und Situationen in zeitlosen Kompositionen fest, die vielfach zu Ikonen wurden.

Henri Cartier-Bresson, Berliner Mauer, Westdeutschland, 1962, © 2024 Fondation
Henri Cartier-Bresson / Magnum Photos
Cartier-Bresson, der 1931 beschloss, sich der Fotografie zu widmen und seine erste Leica kaufte, gilt als herausragender Vertreter der Street Photography. Der im Hirmer Verlag, München, erschienene, von Kathrin Baumstark, der Direktorin des Bucerius Kunst Forum, Hamburg, und Ulrich Pohlmann, dem ehemaligen Leiter der Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum, anlässlich der gleichnamigen Ausstellung herausgegebene Band „Watch! Watch! Watch!“ ist eine erste große Retrospektive in Deutschland seit 20 Jahren und präsentiert das Schaffen des französischen Ausnahmefotografen im Überblick: Neben frühen, surrealistisch geprägten Aufnahmen und Filmarbeiten sowie Fotoreportagen, Bildern zeitgeschichtlicher Ereignisse oder Porträts bekannter Künstler:innen und Schriftsteller:innen stehen seine Aufnahmen nahezu eines Jahrhunderts Zeitgeschichte sowie seine späteren Fotografien im Fokus: Menschen im Alltag, bei der Arbeit oder bei Freizeitvergnügungen.
Der umfangreiche Bildteil steht unter dem Motto „Neues Sehen und Surrealismus – auf der Suche nach dem objektiven Zufall“. In 12 von verschiedenen Fachleuten verfassten Kapiteln, die mit insgesamt 245 Fotografien oder deren Abdrucken in internationalen Zeitschriften bebildert sind, die wiederum in einer separaten Werkliste‘ über Titel, Ort und Jahr der Aufnahme informieren, wird das umfangreiche und vielseitige Schaffen eines der größten und einflussreichsten Fotografen der Welt präsentiert: Seine Liebe zur Geometrie, neues Sehen und Surrealismus, politisches Engagement und Antikolonialismus, das Abenteuer des Kinos und Reportagen für die kommunistische Presse, die dunklen Schatten des Krieges, eine Karriere als „humanistischer Fotojournalist“, Cartier-Bresson und Deutschland, das humanistische Paradigma, Farbfotografie als berufliche Notwendigkeit und als Epilog ‚Das Verlangen zu Sehen‘. In einem Interview erklärte Henri Cartier-Bresson seine Arbeitsweise einmal mit den für ihn typischen Worten „Sehen ist alles“ und 1994, als er die Fotografie längst aufgegeben hatte und gefragt wurde, wie er seine Tage verbringe, antwortete „Ich schaue“.

Henri Cartier-Bresson, Henri Matisse zu Hause, Vence, Frankreich, 1944, © 2024 Fondation Henri Cartier-Bresson / Magnum Photos
Ulrich Pohlmann führt in Leben und Werk von Henri Cartier-Bresson mit den Worten ein: „Wohl kaum ein anderer Fotograf hat im 20. Jahrhundert ein vergleichbar reiches wie vielseitiges Werk geschaffen. Bereits zu Lebzeiten konnte er eine kaum überschaubare Fülle von Bildveröffentlichungen vorweisen, seine Bücher erschienen weltweit in vielen Sprachen.“ Henri Cartier-Bresson, der Pionier des
Fotojournalismus, Kunstfotograf, Porträtist – sein künstlerischer Ausdruck wurde stilprägend für nachfolgende Generationen von Fotograf:innen.
H.-G. v. Zydowitz
Henri Cartier-Bresson
Watch! Watch! Watch!
Hrsg.: Kathrin Baumstark, Ulrich Pohlmann
Beiträge: Nadya Bair, Kathrin Baumstark, Clément Chéroux,
Ulrich Pohlmann, Valérie Vignaux, Deborah Willis
224 Seiten mit 245 Abbildungen
Format: 22,5 × 28,5 cm, Hardcover
München, Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-4347-8;
Preis 45 Euro
Covermotiv: Henri Cartier-Bresson, Krönung Königs George VI, London, Großbritannien, 12. Mai 1937, © 2024 Fondation Henri Cartier-Bresson / Magnum Photos
Ausstellung: Kunst Forum, Hamburg, noch bis 22. September 2024 sowie Fundación Mapfre, Madrid,
8. Oktober 2024 bis 26. Januar 2025