In Kooperation mit dem Gemeinnützigen Verlag Aperture zeigt das Fotografie Forum Frankfurt noch bis zum 7. September 2025 die Ausstellung „I am so Happy that You Are here! Sie dokumentiert den Einfluss von Frauen auf die japanischeFotografie. Ein Phänomen, das bisher stark unterschätzt wurde. Während das Werk der männlichen japanischen Fotografen international gewürdigt wurde, sind ihre Kolleginnen unter dem Radar geblieben. Die in dieser Ausstellung präsentierten Künstlerinnen arbeiten meist unabhängig und experimentell. Sie nutzen ihre persönlichen Geschichten, um die Rolle der Frau zu erkunden, Fragen zu Geschlecht und Identität zu stellen und patriarchalische Normen zu hinterfragen.
Mit I’M so Happy You Are Here“ präsentiert das Fotografie Forum Frankfurt (FFF) einen revolutionären Blick auf die japanische Fotografie von den 1950er Jahren bis in die Gegenwart. Dabei liegt der Fokus auf Fotografinnen und ihre Perspektive auf den Alltag und die Gesellschaft in Japan.

Ishikawa Mao, Kin, Koza Okinawa Prefecture, 1975-77;
Aus der Serie Akabanaa (Red flower)
Courtesy Nap Gallery, Tokyo and Aperture
© Ishikawa Mao 2025
»Diese Ausstellung feiert die Vielfalt und Individualität japanischer Fotografinnen und bietet einen frischen Blick, um die japanische Fotografie neu zu entdecken, erläutert Co-Kuratorin Takeuchi Mariko. „Vor allem aber dient sie als Plattform, um Stimmen zu stärken, die lange Zeit marginalisiert wurden, und sich eine tolerantere und bestärkende Zukunft zu erdenken.«
Die Ausstellung untersucht diese Aspekte in vier unterschiedlichen, aber miteinander verbundenen Kapiteln: »The Pioneers« gibt einen Überblick über die Frauen, die den Weg seit der Einführung des Mediums in Japan geebnet haben. »The Elevation of the Everyday« versammelt den Blick auf den Alltag und dessen poetische Interpretationen. In »Critical Perspectives on Self, Gender, and Society« setzen sich die Fotografinnen mit Identität und Gesellschaft auseinander. »Extensions of and Experiments with the Medium« erforscht eine Reihe von erweiterten Ansätzen für das Fotografische.

Aus der Serie“the eyes, the ears” von Ishyah Rinko Kawauchi, Untitled, 2004;
Courtesy the artist and Aperture. © Kawauchi Rinko 2025
Die Vielfalt an generationsübergreifenden Perspektiven, die hier versammelt sind, zeugt von der Stärke und Innovationskraft japanischer Fotografinnen. Ihre Werke ermöglichen eine faszinierende Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie – was es ist und was es sein kann.
Celina Lunsford, Künstlerische Leiterin des FFF kommentiert die von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleite Schau mit den Worten: »Die Ausstellung zeigt sowohl die sanften als auch die scharfen Kanten des Lebens und der Fotografie. Die Vielfalt an Herangehensweisen, Perspektiven und Lebenswelten vieler uns unbekannter japanischer Fotografinnen war so eindrucksvoll, dass wir wussten: Diese Schau würde das Konzept des Fotografie Forum Frankfurt auf hervorragende Weise ergänzen.«
I’M SO HAPPY YOU ARE HERE – Japanese Women Photographers from the 1950s to Now wurde kuratiert von Lesley A. Martin, Takeuchi Mariko und Pauline Vermare. Kuratorinnen-Team Fotografie Forum Frankfurt: Andrea Horvay und Celina Lunsford.

Yamazawa Eiko, What I Am Doing No. 77, 1986.
Courtesy Third Gallery Aya, Osaka, and Aperture.
© Yamazawa Eiko 2025
Ausgestellte Fotografinnen
Hara Mikiko (1967), Hiromix (1976), Ishikawa Mao (1953), Ishiuchi Miyako (1947), Katayama Mari (1987), Kawauchi Rinko (1972), Komatsu Hiroko (1969), Kon Michiko (1955), Nagashima Yurie (1973), Narahashi Asako (1959), Ninagawa Mika (1972), Nishimura Tamiko (1948), Noguchi Rika (1971), Nomura Sakiko (1967), Okabe Momo (1981), Okanoue Toshiko (1928), Onodera Yuki (1962), Sawada Tomoko (1977), Shiga Lieko (1980), Sugiura Kunié (1942), Tawada Yuki (1978), Tokiwa Toyoko (1930–2019), Ushioda Tokuko (1940), Watanabe Hitomi (1943), Yamazawa Eiko (1899–1995) und Yanagi Miwa (1967).
Zur Ausstellung erscheint die Publikation »I’m So Happy You Are Here: Japanese Women Photographers from the 1950s to Now«, herausgegeben von Lesley A. Martin und Pauline Vermare, mit weiteren Beiträgen von Carrie Cushman und Kelly Midori McCormick sowie Takeuchi Mariko und anderen. Das Buch ist im Aperture Verlag erschienen und im FFF-Shop erhältlich (Englisch, 439 Seiten)
Öffentliche Führungen immer mittwochs, 17 Uhr
Öffnungszeiten Di–So 11–18 Uhr, Mo geschlossen
Eintritt regulär 7 Euro, ermäßigt 4 Euro

Katayama Mari, bystander #14, 2016.
Courtesy the artist and Aperture.
© Katayama Mari 2025
Ausstellungproduktion
Die Ausstellung wurde kuratiert von Lesley A. Martin, Takeuchi Mariko und Pauline Vermare und ist eine Produktion von Aperture in Zusammenarbeit mit Rencontres d’Arles, unterstützt von Kering – Women In Motion, Ishibashi Foundation, Anne Levy Charitable Trust und 1970 Japan World’s Exposition Memorial Fund. Die Produktion in Japan wurde koordiniert durch Masako Sato, Contact, Tokyo.
Sie im FFF wird ermöglicht durch Japan Foundation, Seiko, Frauenreferat Frankfurt am Main und Deutsche Börse Photography Foundation.
Das Fotografie Forum Frankfurt wird gefördert durch Förderkreis Fotografie Forum Frankfurt e.V., Stadt Frankfurt am Main, FUJIFILM Electronic Imaging Europe und Hauck, Aufhäuser, Lampe.
Pioneers
Die Geschichte der Fotografie in Japan ist eng mit der Beteiligung von Frauen verbunden. Die Daguerreotypie wurde 1848 in Japan eingeführt. Am Vorabend der Meiji-Zeit (1868–1912) wurden neue Technologien, darunter auch die Fotografie, als Teil des Modernisierungsprozesses in Japan begeistert aufgenommen. Frauen arbeiteten häufig hinter den Kulissen, wo sie Fotos retuschierten und von Hand kolorierten, aber auch selbst fotografierten.

Ushioda Tokuko, Untitled, 1983; Aus der Serie »My Husband«
Courtesy PGI gallery, Tokyo, and Aperture.
© Ushioda Tokuko 2025
In der Nachkriegszeit waren Fotografinnen ein integraler Bestandteil der modernen und zeitgenössischen japanischen Fotografie, auch wenn ihre Geschichten heute noch bekannter gemacht werden müssen, insbesondere für ein westliches Publikum. Ihre Arbeiten lassen sich nicht auf eine bestimmte Aussage, ein Genre oder einen Stil reduzieren. Als Einstieg zeigen die Arbeiten von Tokiwa Toyoko, Watanabe Hitomi, Okanoue Toshiko und Yamazawa Eiko einige der vielfältigen Wege und Fragestellungen, die in dieser Ausstellung zu finden sind. Ihre Praxis umfasst das gesamte Spektrum der Porträtfotografie, Experimente mit Farbe und Abstraktion, subjektive Dokumentarfotografie sowie den Einsatz der Fotografie als Mittel des Kommentars und der Kritik.
Das ausgestellte Porträt, das Shima Ryū von ihrem Ehemann Shima Kakoku aufnahm, gilt als das früheste bekannte Foto einer japanischen Fotografin. Es entstand nur zwei Jahre nach der Eröffnung des ersten Fotostudios in Japan im Jahr 1862 – und weniger als zwanzig Jahre nach der Einführung der Fotografie im Land. Shima Ryū arbeitete zunächst gemeinsam mit ihrem Mann im gemeinsamen, familiengeführten Porträtstudio, bevor sie 1870 nach seinem Tod ein eigenes Atelier eröffnete.
Elevating the Everyday
»Shashin«, das japanische Wort für Fotografie, bedeutet so viel wie »Nachahmung der Realität oder »Darstellung der Wahrheit«. Mit unterschiedlichen Herangehensweisen, die von dokumentarisch bis tagebuchartig reichen, vermittelt jede der in dieser Sektion vorgestellten Fotografinnen ihr Gefühl, in der Welt präsent zu sein. Sie schaffen außergewöhnliche Bilder aus gewöhnlichen Momenten, indem sie sich auf das konzentrieren, was Noguchi Rika die »kleinen Wunder« des Alltags nennt.
Jede Künstlerin dieses Kapitels betrachtet die Spuren des gelebten Lebens mit einem persönlichen und analytischen Blick. Oft sind es intime Fotografien, deren Blickwinkel einem »Gegenschuss« wie in einem Film ähnelt – ein Bild, das aus der Perspektive derjenigen aufgenommen wurde, die als Subjekt der Bilder gesehen werden, nicht als deren
geprägten Geschichte der japanischen Fotografie bisher kaum eine Rolle gespielt haben – die Geschichten japanischer Frauen. Mit der Zeit wurden Fotografinnen wie Ishiuchi, Ushioda und viele andere zu poetischen Ethnografinnen und Archivarinnen ihres eigenen Lebens und des Lebens anderer.

Ishiuchi Miyako, Mother’s #39, 2002.
Courtesy Third Gallery Aya, Osaka and Aperture
© Ishiuchi Miyako 2025
In den 1990er Jahren erlangten viele japanische Fotografinnen kritische Anerkennung für ihren unverwechselbaren Umgang mit Farbe und ihren Fokus auf die Darstellung ihrer Alltagserfahrungen, ihrer Beziehungen und ihres Selbst. Mit großer Aufmerksamkeit für die Natur und das Vergängliche vermitteln diese Arbeiten Momente der Poesie und Kontemplation. In der Tat sind diese Fotografien keine Nachahmung der Realität, sondern vielmehr eine Aufwertung derselben.
Self, Gender and Society
Mit Kiken na adabana (Gefährliche Giftblumen) war Tokiwa Toyoko die erste japanische Frau, die ein Fotobuch veröffentlichte. 1956 organisierte sie eine Ausstellung mit dem Titel Hataraku josei (Erwerbstätige Frauen). Zu den Motiven gehörten Sexarbeiterinnen, Wrestlerinnen, Krankenschwestern und Aktmodelle, die die Ideale der vorwiegend häuslichen Rolle der Frau in Frage stellten. Der Impuls, kulturelle und gesellschaftliche Annahmen über die Lebensweise von Frauen zu hinterfragen, zieht sich wie ein roter Faden durch die Arbeiten vieler Künstlerinnen dieser Ausstellung. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den symbolischen Rahmenbedingungen und kulturellen Codes, die Identität prägen. Von konstruierten Tableaus, die Frauen als roboterartige sprachlose Automaten zeigen, über Selbstporträts, die Identitäten beschwören, bis hin zur Schaffung eines fantastischen Archivs oder einer Typologie möglicher Selbstbilder setzen sich die Arbeiten kritisch mit den homogenisierenden Kräften auseinander, die in der japanischen Gesellschaft häufig wirksam sind.

Nagashima Yurie, Full-figured, yet not full-term, 2001. Courtesy the artist, Maho Kubota Gallery, Tokyo, and Aperture.
© Nagashima Yurie 2025
Fotografien von sich selbst sind ein wertvolles Gestaltungsmittel, um den äußeren Druck auf das Individuum zu artikulieren und zu dekonstruieren. Diese Fotografinnen nutzen persönliche Erzählungen, um Identität und Gesellschaft zu thematisieren, Erwartungen zu durchbrechen und selbstbestimmte Narrative darüber zu entwickeln, was es bedeutet, Künstlerin, Tochter und Mutter zu sein. Einige der hier vertretenen Fotografinnen lassen sich direkt mit Shishōsetsu in Verbindung bringen, dem japanischen Ich-Roman, einer modernen literarischen Gattung über die Lebenserfahrungen von Künstlerinnen. Indem sich diese Fotografinnen auf sich selbst und ihre Gemeinschaften konzentrieren, zeichnen
Extensions of and Experiments with the Medium
Experimentelle Ansätze in der Fotografie wurden in Japan mit dem Aufkommen von Shinko Shashin (Neue Fotografie) in den 1930er Jahren bekannt. Teilweise beeinflusst von der deutschen Neuen Sachlichkeit, lösten sich die Vertreter*innen der Shinko Shashin vom Piktorialismus und suchten nach einem einzigartigen fotografischen Ausdrucksmittel. Entsprechend der männlich dominierten japanischen Gesellschaft blieben viele Frauen von diesen fotografischen Bewegungen ausgeschlossen und arbeiteten weiterhin relativ isoliert. Ironischerweise ermutigte dieses feindselige Umfeld sie dazu, sich von den Trends der fotografischen Welt zu distanzieren. Dies gab ihnen die Freiheit, gewagtere und experimentellere Ansätze zu verfolgen, bei denen das Bild weder objektiv ist noch ausschließlich durch seine fotografischen Eigenschaften definiert wird.

Narahashi Asako, Kawaguchiko, 2003;
Aus der Serie »half awake and half asleep in the water.«
Courtesy PGI gallery, Tokyo,and Aperture.
© Narahashi Asako 2025
Die Fotografinnen in diesem Kapitel verbindet das Bestreben, den komplexen Prozess der fotografischen Produktion, der Entwicklung, Bearbeitung, des Drucks und der Fertigstellung neu zu denken. Ihre Arbeiten betonen häufig die Materialität der Fotografie und überschreiten dabei furchtlos die Grenzen zwischen den Disziplinen und Medien. In einer Zeit, in der das Bild zunehmend entmaterialisiert wird, provoziert jeder dieser experimentellen fotografischen Ansätze die Betrachtenden und hinterfragt zugleich die Annahmen und Erwartungen an das fotografische Bild.
I’am so Happy You Are Here
Eine Ausstellungskooperation von Aperture und Fotografie Forum Frankfurt
Ausstellungsdauer: Noch bis zum 7. September 2025
Ausstellungsort: Fotografie Forum Frankfurt







