Über die Pelzgasse verlassen wir den Gutenbrunner Park und wandern weiter zum, Doblhoffpark. Vor dem Parkeingang wartet das Café Konditorei Schlossergässchen, wo es unter anderem auch die berühmten Kaffeebonbons gibt, mit einer Installation mit zwei Bildern von Brent Stirton aus seiner Serie „Pantanal: Ein bedrohtes Eden“ auf. Ein riesiger Blickfang, wie die gesamte Serie des Fotografen, die uns später erwartet.
Zunächst empfängt uns die bildgewaltige Installation eines der größten Fotografen der Welt, dessen gesamtes Lebenswerk wie kein anderes das Engagement für eine bessere Welt wiederspiegelt. Nicht nur seine Bilder, sein ganzes Leben beweisen, dass Umweltbewusstsein und Fotografie tatsächlich etwas dazu beitragen können. Die riesigen Fotografien aus seinem Werk Amazônia zeigen den fragilen Lebensraum der dort lebenden indigenen Völker und rütteln einen auf, sich für den Erhalt ihres Lebensraumes stark zu machen. Der Fotograf hat dies persönlich beispielhaft unter Beweis gestellt, dass es geht! In Eigeninitiative hat er ein vom Raubbau zerstörtes, entwaldetes Gebiet aufgekauft und gemeinsam mit seiner Frau wieder aufgeforstet und in ein Naturparadies verwandelt.
Das Amazonasgebiet beherbergt mit seinem Regenwäldern und Flüssen ein einzigartiges Naturerbe mit einer der höchsten Konzentrationen von Pflanzenarten auf der Erde mit 16 000 Baumsorten und unzähligen Gewächsen mit bemerkenswertem medizinischem Potenzial. Zudem absorbiert diese Pflanzendichte Treibhausgase und produziert Sauerstoff. Er bietet außerdem seit jeher Hunderten von indigenen Stämmen, von denen einige noch nie Kontakt zur Außenwelt hatten, einen sicheren Schutz. Die indigenen Stämme haben die Fähigkeit tagelang durch das Unterholz zu wandern im Wald zu schlafen, um Verwandte in einem entfernten Dorf zu besuchen. Sebastião Salgados Fotografien nehmen uns mit auf eine Reise durch den Regenwald. Sie lassen uns ein berauschendes Abenteuer nacherleben. Die Ausstellung wurde von Lélia Wanick Salgado konzipiert und in Zusammenarbeit mit dem Studio Sebastião Salgado realisiert.
Das gleiche Thema, nämlich die Fragilität des Regenwaldes im Amazonasgebiet und die Gefährdung des Lebensraumes indigener Völker, hat sich auch Richard Ladkani als Thema gewählt. Der österreichische Fotograf und Filmemacher hat mit seiner Reportage Tage des Feuers eine tiefgründige Reise durch die Essenz des Widerstands gegen die Kräfte, die den Amazonas bedrohen vollzogen. Seine Fotografien beleuchten die symbiotische Beziehung zwischen den Hütern des Regenwaldes und der natürlichen Welt, die sie zu schützen versuchen. Sie unterstreicht die entscheidende Rolle der indigenen Weisheit und des kollektiven Handelns bei der Bewältigung der ökologischen Herausforderungen.
Die Ausstellung lässt einen gleichermaßen in die Schönheit und die Notlage des Amazonasgebietes eintauchen. Sie gibt einen Einblick in die unermüdlichen Bemühungen derjenigen, die an vorderster Front für den Schutz des Regenwaldes kämpfen.
Tage des Feuers ist aber auch ein Aufruf zum Handeln und erinnert an die dringende Notwendig- keit einer globalen Zusammenarbeit bei der Erhaltung des Regenwaldes,
Richard Ladkani hat über 50 Dokumentarfilme fotografiert und knapp einem Dutzend der Filme als Regisseur oder Co-Regisseur tätig. Die Anfang 2015 von ihm und seiner Frau Anita gegründete Firma Malaika Pictures, produziert Filme, die die drängendsten ökologischen und politischen Fragen unserer Zeit ins Licht rücken: darunter Sea of Shadows, The Ivory Game, Jane’s Journey, Escape over the Himalayas, The Devil’s Miner, Vatican – The Hidden World und Gas Monopoly.
Seine Filme wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Publikumspreis beim Sundance Film Festival 2019, den Genesis Award, den Cinema for Peace Award und den Goldenen Panda. The Ivory Game und Jane’s Journey waren für den Oscar: Bester Dokumentarfilm auf der Shortlist.
An der Teich Südseite finden wir die die Bilder des s, Vorabend während der Langen Nacht der Fotografie mit dem Hans Haas Award geehrten Unterwasserfotografen David Doubilet mit dem Titel „Die Stimmen des Wassers“. Gegenüber im Bereich des Seerosenteiches sind auf dem Teich die Fotografien seiner Frau Jennifer Hayes zusehen, die man nicht nur vom Ufer aus bewundern kann, sondern durch die man auch mit dem Ruderboot navigieren kann, um ihnen näher zu kommen. Eine Rast auf der Wiese am Bootsverleih, können sich die erschöpften Wanderer auf Decken mit Getränken und Sacher Würstchen Kraft für die Fortsetzung ihres Kunstmarathons neue Kräfte sammeln.
Weiter geht der Parcours der Fotokunst mit einer Gedenkausstellung an Hans und Lotte Hass. Die Bilder der Pioniere der Unterwasserfotografie und Namensgebern des Erst Hass Awards, der jährlich von dem österreichischem und weltweit renommierten Hersteller von Unterwasserkameras und Gehäusen für Unterwasserkameras verliehen wird, stehen passen unter dem Titel „Der Pionier“. Eine Einführung zu den epochemachenden Bildern, die übrigens auch David Doubilet einst inspirierten, sich der Unterwasserfotografie zu widmen, gaben Vertreter des Hans Hass Archivs und von Seacam. Produziert und unterstützt wurde die Ausstellung von CeWe.
Der nächste Höhepunkt auf dem langen Marsch durch die Fotografien, die für den Schutz unserer Natur und der Ressourcen für eine bessere Welt werben ist die umfangreiche Dokumentation über eines der letzten Paradiese dieser Erde, das Pantanal in Brasilien von dem südafrikanischen Fotografen Brent Stirton. Insgesamt 15Mal wurde Brent Stirton bereits mit einem World Press Photo Award ausgezeichnet, so oft wie bisher niemand zuvor.
Das Pantanal Naturreservat ist mit 200.000 Quadratkilometern das größte Feuchtigkeitsgebiet der Erde. Es wechselt zwischen ausgeprägte Regen- und Trockenzeiten und verändert sich das ganze Jahr über ständig. Die wunderschönen Naturfotos von Brent Stirton, die in Zusammenarbeit mit der Stiftung Yves Rocher im Rahmen des Projektes „Im Namen der Biodiversität entstanden sind, bieten nicht nur einen paradiesischen Blickfang für das Publikum, sie waren auch durch die Installation entlang eines alleeartigen, schattigen Parkweges bei der herrschenden Hochsommerhitze eine Erholung für Körper und Seele.
Anrührend ist auch das nächste Projekt auf dem Weg durch die Installationen des Festivals. Unter dem Titel „Rettet die Orang-Utans“ hat Alain Schroeder eine ebenso anrührende wie aufrüttelnde Bilddokumentation über den Versuch der Rettung unserer engsten Verwandten in der Tierwelt, die Orang-Utans erstellt, mit deren unsere DNA zu 97 Prozent identisch ist. Während der Homo sapiens erst seit etwa 300 000 Jahren existiert, blicken unsere Cousins auf eine 13 Millionen Jahre lange Lebensgeschichte zurück. Sie leben, essen, schlafen und bewegen sich fast ausschließlich in den Bäumen. Intensive Landwirtschaft, Abholzung und Bergbau, massive Verstädterung und der Ausbau moderner Infrastruktur führte zur Gefährdung und teilweisen Zerstörung des natürlichen Lebensraums des Orang-Utans. Trotz vieler Bemühungen, die Auswirkungen auf ihr Ökosystem zu mildern, gefährdet der Mensch das Überleben unserer engsten Verwandten. Der Fotograf Alain Schroeder hat das Leben der Männer und Frauen in Indonesien dokumentiert, die für das Überleben der Orang-Utans kämpfen. „Diese Frauen und Männer, die für das Überleben einer endemischen Spezies kämpfen, haben mich berührt und mich dazu gebracht diese Arbeit über mehrere Jahre hinweg fortzusetzen.“, kommentiert Alain Schroeder seine Arbeit.
„Auf der einen Seite das Meer, das sich unendlich weit am Horizont erstreckt, die frische Luft und das außergewöhnliche Gefühl der Gleichzeitigkeit von Unsterblichkeit und extremer Verletzlichkeit, wenn die schaumbedeckten Wellen das Boot wie ein Blatt im Wind hin und her werfen. Auf der anderen Seite sind da der Schlafmangel, die Orientierungslosigkeit, das höllische Arbeitstempo, der Alltag in einer feindlichen, unberechenbaren Umgebung. Ganz zu schweigen davon, dass die Seekrankheit auch die Jüngsten befällt, für die das anstrengende Ungleichgewicht zwischen Innenohr und Sichtfeld eine weitere Herausforderung darstellt“, heißt es in der Einführung zu der Reportage von Lorraine Turci, einer jungen französischen Fotografin, die für ihr Projekt „Ein Leben im Schleppnetzt“ vom Departement Morbihan ausgewählt und von der französischen Nationalbibliothek unterstützt wurde. Die Arbeit zeichnet sich durch einen ausgeprägten Sinn für Komposition und Detailtreue aus, die für exzellente Dokumentarfotografie ausmachen.
Um das Leben auf einem Trawler zu dokumentieren, hat sich Lorraine Turci an Bord zweier Schiffe begeben: der Dolmen, einem brandneuen Trawler, und der 35 Jahre alten Men Gwen, die beide im Fischereihafen Keroman in Lorient in Frankreich liegen. „Indem sie viel Zeit Seite an Seite mit diesen Seeleuten verbrachte, bis sie fast Teil der Besatzung wurde, hat sie Bilder geschaffen, die so nah am Geschehen sind, dass man die Gischt des Meeres, die Dieselabgase, das rostende Metall, den frischen Fisch und den Zigarettenrauch fast riechen kann“, heißt es im Festivalkatalog weiter. Ihre Fotografie zeigen Menschen bei der Arbeit, die auf Fachwissen und Überlieferung beruht. Es ist die ebenso einfache wie erstaunliche Geschichte von Menschen, die auf dem Meer leben. „Im Durchschnitt schläft man pro Tag fünf Stunden, und die sind auch noch in kurze Schichten geteilt. Nach zwölf Tagen am Meer sind alle kaputt. Man kann behaupten, dass man auf See ziemlich robust sein muss“, sagt die Fotografin.
Die Ausstellungen des Festivals La Gacilly – Baden Photo sind noch bis zum 13. Oktober 2024 zu sehen. Wer es bis dahin nicht mehr schafft, dem sei der ausführliche, in der Edition Lammerhuber erschienene Katalog zum Festival empfohlen, der für 25 Euro auf der Webseite des Verlages erhältlich ist.