Mit der Gruppenausstellung „From the heart of the city“ zeigt die Berliner Galerie Buchkunst vom 18. Januar bis 22. Februar 2025 ausgewählte internationale fotografische Positionen, die sich mit der Veränderung städtischer Territorien auseinandersetzen. Die Ausstellung begibt sich auf eine fotografische Spurensuche in Berlin, Hongkong, New York, Chicago, Paris, Kyoto und Johannesburg. Gezeigt werden Arbeiten von Thomas Hoepker, Michael Wolf, Stéphane Duroy, Yasuhiro Ogawa, René Groebli und Roger Ballen, welche zwischen 1952 und 2024 entstanden sind.
Walter Benjamin nannte Paris in einem Essay die „Hauptstadt des 19. Jahrhunderts“. Die Brüche und Wandlungen, die Berlin im zwanzigsten Jahrhundert er-
fahren hat, sind so vielschichtig und haben die Weltgeschichte verändert, und sie alle haben sich hier unmittelbar abgespielt, hier zwischen dem Scheunenviertel und der Spandauer Vorstadt, unter dem Pflaster, ein Epizentrum der Geschichte, im Herzen der Stadt: Ankunftsort für Menschen, Künstler*innen, neue Konzepte und Strömungen. Berlin war der sprichwörtliche kulturelle Schmelztiegel, wo neue und avantgardistische kulturelle Konzepte vorgestellt und erprobt wurden. Die Echos waren bis in die 1990er Jahre in beiden Teilen der Stadt spürbar, auch während der jahrzehntelangen Trennung. In den Fotografien dieser Zeit ist der Krieg noch präsent, in die Architektur eingeschrieben, im Alltag der Mauer fortgesetzt. Berlin ist die „Hauptstadt des 20. Jahrhunderts“.
Die lyrisch wirkenden Farbfotografien Stéphane Duroy entstanden in West-Berlin in den letzten beiden Jahrzehnten der Teilung, oft in der Nähe der Mauer. Die Farbe wird hier zu einem prägnanten stilistischen Mittel. Alles wirkt wie versunken, ein Atlantis, in Zeiten eines stillen Krieges. Die Menschen erscheinen oft als ihre eigenen Schatten. In den Stunden des Mauerfalls gelingen dem französischen Fotojournalisten intensive Aufnahmen, die den Beginn einer beispiellosen historischen Umwälzung und Neuordnung Europas zeigen. Die Bilder vom Fall der Mauer sind ein Zeichen für die Überwindung von Diktaturen und den Aufbruch in die Freiheit einer demokratischen Grundordnung. Duroy hat auch in New York, England, Frankreich und in verschiedenen osteuropäischen Ländern eindringliche Serien über das soziale Zusammenleben der Menschen angefertigt. Dafür wurde er zweimal mit dem World Press Photo Award ausgezeichnet.
Mit den beiden ikonischen Aufnahmen Muhammad Alis erinnern die Ausstellung an Thomas Hoepker, der im Juli 2024 im Alter von 87 Jahren verstorben ist. Die Galerie und den Verlag Buchkunst Berlin verband eine langjährige Freundschaft und leidenschaftliche Zusammenarbeit mit dem Fotografen. Die beiden Schwarz-Weiß-Fotografien des Ausnahmeathleten, die zu Ikonen des Mediums wurden, entstanden im Sommer 1966 in Chicago, USA. Die Stadt seines Lebens war New York City. Seit 1977 lebte und arbeitete der Magnum-Fotograf in Manhattan und dokumentierte das pulsierende Leben in Kodachrome Farbfotografien.
Die Galerie Buchkunst Berlin ist stolz, den international renommierten Fotografen Roger Ballen mit zwei seiner berühmten Porträts aus dem Zyklus „Outland“, sowie der später entstandene Aufnahme „Nostalgia“ (2010) zu präsentieren. In seinem Werk verschiebt sich die dokumentarische Fotografie in den Bereich der Fiktion. Seine Porträts gelten als Schlüsselbilder für den Übergang einer dokumentarischen Fotografie in die surreale und psychologische Theatralik der folgenden Serien. Roger Ballen, 1950 in New York geboren, zählt zu den bedeutendsten Fotografen seiner Generation. Sein Werk, das sich über fünf Jahrzehnte erstreckt, begann im Bereich der Dokumentarfotografie, entwickelte sich aber zu einer unverwechselbaren fiktionalisierten Welt, die auch die Medien Film, Installation, Theater, Skulptur, Malerei und Zeichnung integriert. Seine Werke sind in mehr als 50 der wichtigsten internationalen Museumssammlungen vertreten. Im Jahr 2022 vertrat Roger Ballen Südafrika auf der Biennale von Venedig.
Wie kein anderer hat Michael Wolf die spezifischen visuellen Aspekte Hongkongs, einer der am dichtesten besiedelten Städte der Welt, in atemberaubenden Bildern festgehalten. Michael Wolf integriert Elemente des Sozialen in seine topografischen Serien und stellt die Frage, wie wir heute und in der Zukunft in den Städten leben wollen. Begleitend zeigen wir Fotografien aus der Serie „Architecture of Density Scouts“, die Michael Wolf ebenfalls in diesem Zeitraum in Hongkong aufgenommen hat. Die über 20 Jahre andauernde Dokumentation der urbanen und sozialen Aspekte der Megacities Asiens, hat Wolf in die erste Reihe der internationalen Fotografie gerückt.
In den neuen Arbeiten aus der Serie „Lost in Kyoto“ setzt der japanische Fotograf Yasuhiro Ogawa die Abstraktion seiner Fotografien fort. Mittels Licht und Bewegung verwandeln sich Landschaften und Objekte vor den Augen des Betrachters in Stofflichkeiten. Geheimnisvolle Frauen in Kimonos und leuchtende, vielfarbige Blüten – Fotografien aus dem Kosmos einer spirituellen Realität, die einen abstrakten und zugleich magischen Realismus verkörpern.

René Groebli Das Auge der Liebe, #521, 1952. courtesy Buchkunst Berlin Gallery, #521, 1952. courtesy Buchkunst Berlin Gallery
In allem schwingt Paris, das Zentrum der Künste, Wiege der Avantgarde und seit langem Inbegriff des Romantischen. Diese beiden Aspekte verbindet 1952 der Schweizer Fotograf René Groebli und schafft hier seinen fotografischen Zyklus „Das Auge der Liebe“, der während seiner Hochzeitsreise in Paris im Jahr 1952 entstand. Die Serie war als Idee eines Gedichtes in Bildern, einer Liebeserklärung an seine Frau, konzipiert. Die fast filmisch anmutende Bildstrecke, welche Bewegungsunschärfe und romantische fotografische Inszenierungen miteinander verknüpft, begeistert bis heute.
Buchkunst Berlin, Oranienburger Str. 27, Berlin