Im Münchner Deutschen Museum wurden die drei Nominierten des Deutschen Zukunftspreises für Technik und Innovation des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier vorgestellt. Der Zukunftspreis soll Ideen unterstützen aus denen Erfolge werden können. Diesmal waren die Themen „LED-Technologie für das Digitale Licht“, „Demokratisierung von KI“ und „ein neuartiges Halbleitermodul das Schaltverluste senkt“ ausgewählt worden. Ende November wird der Preisträger bekanntgegeben. Der Preis ist mit 250.000 Euro dotiert.
Die nominierten Projekte 2024 eröffnen neue Wege für die Energiewende, sorgen für eine einzigartig präzise Lichtsteuerung oder ermöglichen mit neuen KI-Modellen Innovationen und effiziente Abläufe in der Industrie. Alle drei Projekte haben einen Bezug zu Bayern, zwei der Projekte haben einen München-Bezug.
Projekt 1
Digitales Licht – intelligente LED-Technologie für die Welt von morgen
Licht: fast ein Alleskönner. Der Mensch versucht seit jeher, die Nacht zum Tag zu machen, denn Licht gibt Sicherheit. gilt bis heute, im Straßenverkehr. Wer Gefahren früher erkennt, hat mehr Zeit, um darauf reagieren zu können. So ist der Autoscheinwerfer bis heute eines der wichtigsten Instrumente für die Sicherheit im Straßenverkehr bei Nacht.
Scheinwerfer am Auto werden deshalb seit über einem Jahrhundert stetig verbessert – und man könnte daher annehmen, dass der Scheinwerfer nach einer so langen Entwicklungszeit kaum noch zu optimieren sei. Dr. Norwin von Malm, Stefan Grötsch von ams OSRAM und Dr. Hermann Oppermann Fraunhofer IZM Berlin haben ihren Einfallsreichtum genutzt und gemeinsam einen völlig neuen Scheinwerfer entwickelt, der kleiner, leichter, effizienter und intelligenter und auch präziser in der Lichtabstrahlung ist. Ein Scheinwerfer soll die Straße möglichst genau und hell ausleuchten, ohne dabei andere zu stören oder gar durch starkes Blenden zu gefährden.
Diese Herausforderung lässt sich nur lösen, wenn sich das Licht in seiner räumlichen Verteilung steuern lässt und es sich somit auf die jeweilige Situation optimal anpasst. Deshalb hat die neue Lichtquelle nicht nur zwei, sondern sogar 25.600 LEDs in einer Matrix aus 320 x 80 Lichtpunkten. Dabei lässt sich jede einzelne LED durch ein digitales Signal ansteuern. Zusammen mit einer Optik entsteht so ein Scheinwerfer, der ähnlich wie ein Videoprojektor funktioniert. Bereiche, die hell sein sollen, werden somit präzise ausgeleuchtet, während andere Bereiche, wie etwa ein entgegenkommendes Fahrzeug, im Dunklen bleiben, um den Gegenverkehr nicht zu blenden.
Projekt 2
Demokratisierung generative KI – Stable Diffusion
Die Kommunikation zwischen Mensch und Computer wird immer einfacher. Heute können Computer von Menschen bedient werden, die in ihrer natürlichen Sprache Anweisungen geben oder Wünsche formulieren. Frühere Hürden wie das mühsame Programmieren von Softwarelösungen oder das Beherrschen der Feinheiten komplexer Programme fallen folglich weg und machen den Computer für die breite Masse immer zugänglicher. Der Computer versteht uns immer besser, er wird immer „intelligenter“.
Ermöglicht wird dies durch den Einsatz von Generativer KI, der künstlichen Intelligenz, die in den letzten Jahren immer leistungsfähiger geworden ist. Die Leistungssteigerung der KI-Modelle ist jedoch größtenteils auf die exponentielle wachsende Größe der KI-Modelle zurückzuführen, so dass auch die für die Anwendung der KI erforderliche Rechenleistung in einem unerschwinglichen Maße steigt.
Dies bedeutet, dass die generative KI einen Punkt erreicht hat, an dem nur noch große Technologieunternehmen KI-Modelle entwickeln und betreiben können, da nur sie über die erforderlichen Rechenressourcen verfügen. Das Ziel des nominierten Teams war es KI-Modelle zu schaffen, die genauso leistungsfähig sind, aber deutlich weniger Rechenleistung benötigen.
Prof. Dr. sc. ETH Björn Ommer von der LMU München und Dr. Anna Lukasson-Herzig von der nyris GmbH haben die Grundlagen und Anwendungen geschaffen, um generative KI zu demokratisieren. Mit dem innovativen und leistungsfähigen KI-Modell „Stable Diffusion“, das an der LMU entwickelt wurde, ist es nun möglich, komplexe KI-Anwendungen auf herkömmlicher Nutzerhardware oder sogar auf einem gewöhnlichen Smartphone auszuführen.
Generative KI lernt die semantischen Details einer Szene, indem sie darauf abzielt, Inhalte wie Bilder zu synthetisieren. Ziel ist es, lokale Details eines Bildes und das große Ganze, den bedeutungsvollen Kontext, so gut wie möglich zu erkennen.
Um die Speicher- und Rechenkosten zu minimieren, wurde ein innovativer Ansatz gefunden: Anstatt Bilder direkt als eine Menge von Pixeln zu beschreiben, wurde zunächst eine neue, effiziente Bildbeschreibungssprache für lokale Bildregionen erlernt. Was macht das Bild eines Hundes aus? Ohren, Augen und das Fell an den verschiedenen Körperteilen sollten miteinander übereinstimmen. Es ist jedoch nicht notwendig zu wissen, wie jedes einzelne Haar im Fell gekrümmt ist, um ein gutes Bild eines Hundes zu erstellen. Dennoch können wir erkennen, ob das Fell kurz oder lang, glatt oder gelockt ist. Lokale Details werden effizient beschrieben, dann wird der weiträumige Kontext erfasst. Stable Diffusion sieht nicht nur die Bäume, sondern auch den Wald.
Projekt 3
Power für die Energiewende – Große Antriebe elektrifizieren mit revolutionären Energiesparchips
Leistungshalbleiter werden üblicherweise aus Silizium gefertigt. Doch dieses Material hat seine Grenzen. Diese zu überwinden, hat sich das Team Dr. rer. nat. Konrad Schraml, Prof. Dr.-Ing. Thomas Basler und Dr. rer. nat. Casper Leendertz zur Aufgabe gemacht und ein völlig neues Halbleitermodul auf Siliziumkarbid-Basis entwickelt.
Dr. rer. nat. Konrad Schraml ist bei der Infineon Technologies AG verantwortlich für die Projektleitung und Entwicklung von Chip-Technologien, die in Leistungshalbleitermodulen zum Einsatz kommen. Prof. Dr.-Ing. Thomas Basler ist als Lehrstuhlinhaber für Leistungselektronik an der TU Chemnitz tätig und Dr. rer. nat. Casper Leendertz ist bei der Infineon Technologies AG für die Konzeptentwicklung und Simulation in der Produkt- und Vorentwicklung neuer Generationen von Leistungshalbleitern auf Siliziumkarbidbasis zuständig.
Die Steuerung von elektrischer Energie bedeutet nicht nur das einfache Ein- und Ausschalten, so wie wir einen Lichtschalter bedienen. Es geht vielmehr darum, dass die Stromstärke, die Spannung oder auch die Frequenz zielgerichtet variiert werden muss. Fahrzeuge zum Beispiel, ob auf der Straße oder der Schiene, müssen ihre Geschwindigkeit regulieren können, müssen beschleunigen und abbremsen können. Ein simples Ein- und Ausschalten des Energieflusses reicht nicht, hier wird eine Regelung benötigt. Hierzu dienen die Leistungshalbleiter in den Stromrichtern, doch dazu müssen sie sehr häufig pro Zeiteinheit schalten, teilweise viele Tausend Mal in der Sekunde. Doch bei jedem dieser Schaltvorgänge kommt es zu Verlusten von elektrischer Energie, die dann als Wärme das Modul aufheizen. Die Folgen sind: Energie geht verloren und es wird eine aufwändige Kühlung benötigt, damit das Modul nicht zerstört wird.
Das Team konnte mit einem neuen Material für den Leistungshalbleiter Abhilfe schaffen: Siliziumkarbid statt Silizium. Elektrisch bietet dieses Material sehr viele Vorteile gegenüber reinem Silizium. So kann ein Modul aus diesem Material bei gleicher Baugröße deutlich höhere Stromflüsse verarbeiten. Außerdem sind die Verluste, die bei jedem Schaltvorgang auftreten, wesentlich kleiner. Bei der Entwicklung zeigte sich, dass die Schaltverluste um 90% gesenkt werden konnten. Die Kühlung des Moduls wird dadurch leichter und billiger. Oft reicht schon eine einfache Luftkühlung statt einer aufwändigen Wasserkühlung.
Allerdings hat das neue Material auch einen Haken. Siliziumkarbid ist sehr hart und spröde, es lässt sich schwer bearbeiten, was hohe Fertigungskosten nach sich zieht. Hinzukommt die Eigenschaft, dass Siliziumkarbid eine große thermische Leifähigkeit und einen hohen Wärmeausdehnungskoeffizienten hat. Das bedeutet, das Material dehnt sich bei Aufwärmung stark aus. Aus dieser physikalischen Tatsache resultiert eine enorme Herausforderung: Im Modul muss der Strom zunächst zum Halbleiter hingeführt und auch wieder abgeführt werden. In der Leistungselektronik auf Siliziumbasis werden hierzu meist dünne Aluminiumdrähte verwendet, ein gut leitendes Metall, das sich leicht mit dem Halbleiter verbinden lässt. Bewegt sich nun der Halbleiter durch die Wärmeausdehnung, so muss das Kontaktmetall diese Bewegung elastisch kompensieren. Das kann Aluminium bei Siliziumkarbid aufgrund der ungünstigen Materialparameter und der hohen Energiedichte aber nicht über die geforderte Lebenszeit von 35 Jahren leisten.
Der Draht löst sich vom Chip und es kommt zum Ausfall des Systems. Es musste ein anderes, gut leitendes Metall zur Anwendung kommen, welches diese Plastizität aufweist. Kupfer erfüllt diese mechanischen Bedingungen. Mit diesem Kontaktmetall konnte das Problem nicht nur gelöst werden – die Zuverlässigkeit übersteigt den Stand der Technik um das Zehnfache. Jedoch entstand dadurch eine neue Herausforderung. Bei direktem Kontakt von Kupfer und Siliziumkarbid diffundieren Kupferatome in das Halbleitermaterial und zerstören dieses. Damit genau das nicht geschieht, musste für das Chipdesign und das Bonding, also für die Verbindung von Metall und Halbleiter, ein völlig neues Konzept gefunden werden.
Ein weiteres großes Problem sind die hohen Kosten des Siliziumkarbids. Auch hier hat das Team zahlreiche Innovationen beim Chipdesign und der Prozessierung hervorgebracht, sodass im Modul nur noch ein Bruchteil der bisher üblichen Chipfläche verbaut wird.
Der Deutsche Zukunftspreis
Ausgezeichnet wird eine technische, ingenieur- oder naturwissenschaftliche Leistung oder eine Software- und Algorithmen-basierte Innovation, die den internationalen Stand der Forschung und Technik deutlich erweitert, deren Anwendungsmöglichkeit gesichert sein muss,
die mit hoher Wahrscheinlichkeit marktfähig ist und zur Wertschöpfung und Beschäftigung beiträgt, die möglichst nicht länger als fünf Jahre zurückliegen sollte.