Spannung bei Vielen, die zum diesjährigen Umweltfotofestical horizonte zingst an die Ostsee reisten: Konnte das diesjährige Thema „Flora“ nach dem letztjährigen Ausstellungsreigen „Eat it – about Food“ mit erstaunlichen Bildern von zuckersüß über erschütternd bis voyeuristisch mithalten? Blümchen, Wiesen und Wälder – abwechslungsreich und interessant? Ja vielleicht für den Naturfreund und Botaniker, aber sonst? Fehlgedacht, da steckt doch in den 15 Ausstellungen und Installationen sehr viel mehr.
Das Umweltfotofestival präsentiert ein umfangreiches Programm, das von zahlreichen Workshops, Vorträgen über Aktivitäten wie der abendlichen Bilderflut am Strand reicht. Dreh- und Angelpunkt sind die Ausstellungen von denen wir Ihnen schon einmal von einigen einen Eindruck liefern wollen.
Zwei Ausstellungen erwarten einem im Hotel Vierjahreszeiten in friedlicher Koexistenz – „Urban Paradise“fotografiert von Tamina-Florentine Zuch und „Urban Farming“von Mario Wezel. Paradiesisch empfinden die Schrebergärtler ihr Dasein in kleinen Hüttchen mit viel Grün rundherum. Tamina-Florentine Zuch ist es gelungen in jedem ihrer Bilder, die so deutsche Begeisterung – Deutschland ist auf der Schrebergartenrangliste die Nummer 1 in Europa – wunderbar einzufangen und einem damit auch oft ein Lächeln zu entlocken.
Mit „Urban Farming“ zeigt Mario Wezel die Sehnsucht vieler Amerikaner, die sich in Großstädten ein bisschen Landleben gönnen wollen und auf jedem mögliche Fleckchen Obst und Gemüse anbauen oder sich auch ein bisschen Federvieh halten.
An der Jordanstraße sind es schon traditionell große Open-Air-Ausstellungen, die dort Platz finden, diesmal zwei, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit Wald beschäftigen. Ellie Davies hat in „Forests“ großbritannische Wälder fotografiert und aus diesen Aufnahmen eigene mystische, märchenhafte Motive gezaubert – da lodert in mitten der grünen etwas unheimlichen dichten Wälder ein wärmendes kleines Feuer oder der dunkle Forst wird von unzähligen kleinen Leuchtpunkten erhellt. Weniger erwärmend und leider auch kein Märchen ist die Serie „Waldschadensbericht“von dem vielfach ausgezeichneten Fotografen Peter Bialobrzeski. Seine Bilder zeigen die vielen Wunden, die dem Wald im deutschen Mittelgebirge zugefügt wurden vom sauren Regen in den 1980-Jahren über Borkenkäferplage bis zur zunehmender Trockenheit.
Trockenheit ist auch das Thema des marokkanischen Fotograf n M’hammed Kilito: „Before It’s Gone“zeigt das Verschwinden der Oasen, durch wenigen Regen, weniger Grundwasser ebenso wie durch das Austrocknen der Brunnen. Zur Eröffnung zweierlei Pech – wegen technischer Probleme fiel die Liveschaltung nach Marokko aus und live als Person konnte er nicht dabei sein, da ihm ein Visum für die Reise nach Zingst verweigert wurde. Den beeindruckenden Bildern in der Leica Galerie tat das keinen Abbruch.
Schöne grüne Welt am Postplatz in Zingst, wo Openair die Serie „Kudzu“von Sabine Bungert und Stefan Dolfen aufgebaut ist. Aber der Schein trügt. Die hochinvasive Pflanze Kudzu wächst täglich bis zu 30 cm und überwuchert nicht nur Eisenbahnschienen und Zäune, sondern auch ganze Wälder und Häuser – erschreckend und beunruhigend. Wer lesen kann, ist bei einigen Bildergeschichten in Zingst klar im Vorteil, denn so manche Inhalte der Serien läßt sich sonst nicht verstehen. Also heißt es, sich Zeit zu nehmen!
Es gibt noch viel mehr zu berichten und zu sehen – davon später
Brigitte Henninges