Der konzeptuell arbeitende Fotograf Dirk Reinartz (1947 – 2004) gehört zu den bedeutendsten Bildjournalisten Deutschlands. Den herausragenden Reportagefotografen zeichneten eine höchst präzise Bildsprache und klug komponierte Werkserien aus. Seine Reportagefotografien wurden in Zeitschriften, wie dem ‚Stern‘ oder dem ‚Zeit-Magazin’, publiziert, seine freien, seriell angelegten Arbeiten erschienen als Fotobücher.
Seine Fotoprojekte führten Dirk Reinartz durch ganz Europa sowie nach Japan, Grönland, Indonesien und mehrfach auch in die USA. Mit feinsinnigen fotografischen Erzählungen vergegenwärtigte er die gesellschaftlich-politischen Entwicklungen im wiedervereinten Deutschland und in der späten
Bundesrepublik. Sein besonderes Interesse galt sozialen Lebenswelten in ihrer Verschränkung von Vergangenheit und Gegenwart. Sein Nachlass wurde zwischenzeitlich in der Deutschen Fotothek in Dresden und der Stiftung F.C. Gundlach in Hamburg untergebracht, dort archivarisch und wissenschaftlich erschlossen und damit für die Zukunft gesichert.
In dem bei Steidl, Göttingen, erschienenen Katalogbuch „Dirk Reinartz – Fotografieren was ist“ ist in klug komponierten Werkserien vornehmlich in schwarzweiß, einige auch in eher zarten Farben die höchst präzise Bildsprache des Fotografen zusammengefasst. Dass dieser als konzeptuell arbeitender Fotograf immer auch nach Spuren der Vergangenheit im Gegenwärtigen suchte, belegen seine Publikationen, wie „Bismarck. Vom Verrat der Denkmäler“ (1991) oder „Bismarck in Amerika“ (2000).
Zentraler Gegenstand in seiner Beschäftigung mit Deutschland und den Deutschen waren zudem Motive, in denen sich eine deutsche Identität zu erkennen gibt – mit all ihren Widersprüchen und historischen Verankerungen. In „totenstill“ (1994), einer Auseinandersetzung mit den baulichen Überresten nationalsozialistischer Konzentrationslager, fragte er beispielsweise nach der Darstellbarkeit des Schreckens.
Sebastian Lux von der Stiftung F.C. Gundlach versucht in seinem einführenden Text mit den Kapiteln Nähe/Ferne, Macht/Ohnmacht und Amerika eine Annäherung an die Arbeit des Fotografen, während Adelheid Komenda, die Leiterin des Fotobereichs am LVR-Museum, Bonn, unter dem Titel „Einzelbild
und Serie“ den Weg des Fotografen zu einer eigenen Bildsprache ergründet. Franziska Mecklenburg von der Stiftung F.C. Gundlach schildert in ihrem Beitrag das Leben von „Dirk Reinartz als Reportagefotografen“ und erläutert Thorsten Valk vom LVR-Landesmuseum Bonn anhand von Reinartz‘ Aufnahmen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern das Sichtbare und das Unsichtbare in dessen Werk. Besonders den Deutschlandbildern von Dirk Reinartz widmet sich Jens Bove von der Fotothek Dresden in seinem Beitrag. Zum Abschluss des Buchs sind die von Reinartz erschienen Bücher aufgeführt und schildert Agnes Matthias unter dem Titel „Leben und Nachleben der Bilder“ ihr Arbeiten mit Reinartz‘ in der Fotothek Dresden vorhandenem Archiv. Das reich bebilderte Buch würdigt mit Dirk Reinartz die Lebensarbeit eines der wichtigsten deutschen Bildjournalisten der Nachkriegszeit.
H.-G. v. Zydowitz
Dirk Reinartz
Fotografieren, was ist
Texte: Jens Bove, Adelheid Komenda, Sebastian Lux, Agnes Matthias, Franziska Mecklenburg,
Thorsten Valk,
272 Seiten mit 262 Abbildungen
Format: 24 x 28,5 cm, Hardcover
Göttingen, Steidl
ISBN: 978-3-96999-333-0;
Preis 40 Euro