Das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, MK&G, zeigt vom 31. Oktober 2025 bis 17. Mai 2026 die Ausstellung „Früher hießen wir Gastarbeiter“. Mit Durch dem von der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen ermöglichten Ankauf von insgesamt 220 Fotografien und Collagen würdigt das MK&G einen bisher nicht vertretenen, aber zentralen Beitrag zur sozialdokumentarischen Fotografie von Migrant*innen in Deutschland. Die Ausstellung zeigt rund 80 Fotografien und Collagen, die den Alltag von Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte in der Bundesrepublik abbilden und soziale Ungleichheit, Sexismus, Rassismus sowie das Leben im Exil thematisieren.

Unbekannte Fotografin (Kollegin von Asimina Paradissa mit deren Kamera), Asimina Paradissa und Evangelia Manolakaki im Frauenwohnheim der Firma Olympia,
Die Sammlung des Museums wird um zentrale Arbeiten der Fotograf*innen Muhlis Kenter, Nuri Musluoğlu, Asimina Paradissa und Mehmet Ünal erweitert. Sie kamen in den 1960er- und 1970er-Jahren aus der Türkei und Griechenland nach Deutschland und dokumentierten das Leben, Arbeiten und ihr politisches Engagement aus migrantischer Perspektive. Damit eröffnen sie einen wenig beachteten Blickwinkel auf gesellschaftspolitische Themen, die bis heute hochaktuell sind. Die vier Amateurfotograf*innen sollten selbst zur Kamera greifen, um das Bewusstsein für die eigene Lebenswirklichkeit zu schärfen und mit ihren Bildern die öffentliche Debatte mitzugestalten.

Nähereibetrieb „Mertes & Söhne“: Alsdorf
1979. Näherei für Berufsbekleidung. Der
Betriebsleiter hat die gesamte Produktion
im Blick.
© Muhlis Kenter
Muhlis Kenter (* 1952, Istanbul, Türkei) richtet seinen Blick auf Arbeit und Alltag in Deutschland: Der Bremer Fotograf dokumentiert türkische Arbeiter*innen im Bergwerk, in der Metallindustrie und in einer Textilfabrik, begleitet Bildungsprojekte für türkische Kinder und Jugendliche und setzt dabei auf ausdrucksstarke Porträts. Zugleich beobachtet Muhlis Kenter mit seiner Kamera auch die deutsche Gesellschaft selbst – Taubenzucht, Angeln und Gärtnern erscheinen ihm als
verbreitete Freizeitbeschäftigungen, die er als typisch für seine Motive in Deutschland wahrnimmt.
Nuri Musluoğlu (* 1951, Istanbul, Türkei) beschreibt mit seiner Kamera das öffentliche Leben: Demonstrationen, Friedensmärsche, Streiks und Protestaktionen vor allem in seinem Wohnort Heilbronn bilden den Schwerpunkt seines zwischen 1975 und 1988 entstandenen Werkes. Ergänzt durch Aufnahmen von Sportveranstaltungen, Straßenfesten und Feiern, aber auch von seiner eigenen Familie entsteht ein dichtes Panorama deutsch-türkischen Zusammenlebens als kollektive Erfahrung. Darüber hinaus dokumentiert er rassistische Anfeindungen im öffentlichen Raum und Lebensbedingungen in Asylunterkünften.
Asimina Paradissa (* 1945, Vrastama, Griechenland) nimmt eine besondere Stellung in der Amateur*innenfotografie ein: Als eine der wenigen migrantischen Frauen hinter der Kamera dokumentiert sie ab 1968 ihr Leben in Deutschland. Ihre Aufnahmen zeigen den Alltag im Wohnheim für unverheiratete Arbeiterinnen in Wilhelmshaven ebenso wie Szenen aus der Fabrikarbeit, die sie aus der Perspektive einer Beteiligten festhält. Ein Schwerpunkt liegt auf Selbstporträts, in denen Paradissa Fragen nach Selbstwahrnehmung und Verortung verhandelt.
Mehmet Ünals (* 1951, Çanakkale, Türkei) fotografische Praxis umfasst politische Bild-Text-Collagen, die aus Aktionen und Protesten hervorgehen. Neben Einzelbildern und Serien entstehen Plakate, die Schrift und Fundstücke – häufig aus der Welt der Behörden und Ämter – einbeziehen und so diese besondere Erfahrung von Migrant*innen kommentieren.
Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Steintorplatz, Hamburg









