In der Kölner Michael Horbach Stiftung werden vom 2. bis 24. Juli 2023 die Bildergeschichten von Micha Ende ausgestellt, die vor allem in den aufstrebenden Volkswirtschaften der „BRICS“ (steht für die Anfangsbuchstaben der fünf zugehörigen Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) entstanden sind. Im folgenden Text erläutert Micha Ende seine Projekte genauer.
Copyright Micha Ende
Mein Langzeit- Foto-Projekt „Distant Neighbours“ (Entfernte Nachbarn), 2008 in Brasilien und China begonnen, hat die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Länder des BRICS-Blocks zum Thema. Es beleuchtet kulturelle, soziale und wirtschaftliche Aspekte der am schnellsten wachsenden Länder der Erde.
Von 2008 bis 2017 habe ich an dem Workstream ‚Waste & Wealth‘ (Wegwerf-Wohlstand) in Brasilien, China und Indien gearbeitet, der sich mit Waste Management und Recycling auseinandersetzt. Seit Ende 2017 widme ich mich dem Thema „Harvest Handmade“ (Von der Hand in der Mund).
Bedingt durch die Corona-Pandemie und die Vorläufer-Seuchen wie Vogelgrippe, Rinderwahn und Schweinepest, verursacht durch den verantwortungslosen Umgang mit der Tierwelt, und den massiven Einsatz von Pestiziden und Herbiziden ist das Thema „nachhaltiger Anbau und gesunde Ernährung“ heute buchstäblich in aller Munde. Auch die Länder des BRICS – Blocks, die 40 % der Weltbevölkerung vereinen, versuchen notgedrungen, Alternativen zu Massentierhaltung und Monokultur zu finden.
Indien wendet sich ab von den Prinzipien der sogenannten ‚Green Revolution‘, die auf Genmanipulation des Saatguts und massivem Einsatz von Agrochemie basierte, und seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Hungersnot auf dem Subkontinent unter Kontrolle brachte. Reis- und Weizenplantagen verdrängten die Biodiversität der traditionellen Landwirtschaft, laugte die Böden aus und machten die Bauern von den Produkten der Chemiekonzerne abhängig.
Copyright Micha Ende
Die Bauern erkrankten beim Umgang mit den Giftstoffen, verschuldeten sich mit dem Kauf der Chemikalien – die immer weniger Wirkung zeigten. Die Pflanzenschädlinge wurden resistent. Missernten und Preisstürze waren die Folge, was unzählige indische Kleinbauern in den Freitod trieb. Es entstehen landwirtschaftliche Kooperativen, die den Weg in die Zukunft in der Tradition suchen, nun neben Reis auch Hirse anbauen, Kuhdung auf ihre Felder streuen, statt Glyphosat zu sprühen.
Brasilien, einer der größten Fleisch- und Soja- Produzenten der Welt, vernichtet immer noch, scheinbar ungebremst und hemmungslos, die wichtigsten verbliebenen Ökosysteme der Welt, den Amazonas-Dschungel und dem atlantischen Küstenwald. In den vergangenen 4 Jahren der rechten Bolsonara-Regierung wurde mehr Urwald durch Feuer und Kettensäge zerstört als in den Jahrzehnten zuvor. Weiteres Weideland für Rinderherden, deren Fleisch für den Export bestimmt ist, entstand. Die internationale Staatengemeinschaft, besonders Deutschland und Norwegen, fördern jetzt Initiativen der neuen brasilianischen Regierung, den Amazonas zu schützen, sogar aufzuforsten.
Die Ausstellung „Harvest Handmade“ (Von der Hand in den Mund) zeigt Portraits, Landschaften und Feldfrüchte von alternativen Bauernhöfen in den südindischen Provinzen Maharashtra und Goa, und den brasilianischen Bundesländern Bahia, Minas Gerais, Alagoas und Rio de Janeiro. Auch Bilder von Müllsammlern auf indischen und brasilianischen Mülldeponien sind zu sehen. Sie präsentieren Nahrungsmittel, von der Wegwerfgesellschaft bereits aussortiert. Rund 30 % der weltweit produzierten landwirtschaftlichen Produkte erreichen nie den Tisch des Konsumenten. Sie verrotten, werden vernichtet, im Glücksfall landen sie wegen Schönheitsfehlern auf den Müllkippen, weil eine Kartoffel glatt wie ein Apfel aussehen soll, und nicht knollig wie ein Erdapfel.
Micha Ende
Kunsträume Michael Horbach Stiftung, Wormser Str. 23, Köln
Die Michael Horbach Stiftung
Seit 20 Jahren unterstützt Michael Horbach gesellschaftliche und kulturelle Projekte. Im Jahr 2000 gründete er zu diesem Zweck die Michael Horbach Stiftung, die er mit seinem Sohn Tim Siemons betreibt.
Das vorrangige Ziel aller Stiftungsaktivitäten ist die „Hilfe zur Selbstentwicklung“. Auf diese Weise erhalten Hilfsbedürftige neue Perspektiven und können ihre Zukunft wieder selbst in die Hand nehmen. Die Michael Horbach Stiftung möchte damit einen Beitrag zur Sensibilisierung unserer Gesellschaft leisten und zum Handeln animieren.