Die Fotoindustrie entlässt ihre Eltern. Dies ist kein Nachruf auf das beste und eines der wenigen seriösen Wirtschaftsmagazine der Imaging Branche, das die Verlegerfamilie Blömer – davon über 40 Jahre mithilfe des Juniors Thomas Blömer – mit profunden Branchenkenntnissen und leidenschaftlichen Engagement für die Imaging Industrie und den Fotofachhandel gegründet, geprägt und gestaltet hat. Es ist vielmehr ein Vorwurf an die Totengräber der einst zahlreichen Fachmedien der Fotobranche.
Dazu zunächst eine Binse: Nichts ist so beständig wie der Wandel! Ja, aber wie alle derartigen Weisheiten, ist das nur eine Seite der Wahrheit. Daraus zu folgern, Wandel und Veränderungen seien nicht zu beeinflussen oder zu steuern, ist einfach das Eingeständnis eigenen Unvermögens. Der Niedergang der Fotoindustrie ist hausgemacht. Die Gründe, dass eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, die kreative Fotografie, ausgerechnet in einer Zeit, wo sich die Menschen mehr als je zuvor und auf vielfältigste Art und Weise dem Bildermachen widmen, sind nicht nachvollziehbar, ohne die sträfliche Vernachlässigung der Bedürfnisse, Wünsche und Träume der Fotoenthusiasten ins Auge zu fassen. Es zeigt vielmehr die Arroganz eines selbstmörderischen Managements, das sich stets überheblich als „innovativ“ bezeichnet hat.
Thomas Blömer hat dies als einsamer, eindringlicher Rufer in der Foto-Wüste seit Jahren bemängelt und die Folgen zu spüren bekommen: Die Branche hat die Zeichen der Zeit verschlafen. Industrie und Handel haben den Wandel der Vorlieben und Wünsche ihrer Kundschaft ignoriert oder sind ihm nur zögerlich nachgekommen. Die Akzeptanz moderner Bildgebungssysteme und der Paradigmenwechsel zur Digitaltechnik wurde von Industrie und Handel jahrelang negiert und als vorübergehende Zeiterscheinung abgetan. Und das trotz eindringlicher Appelle von Institutionen und Persönlichkeiten der Branche, zu denen beispielsweise auch Thomas Blömer mit seinen Medien und Kongressen zur photokina und später auch zur photopia gehörte. Er hatte dort versucht, die Diskussion über die Veränderungen, wie Menschen visuell kommunizieren, zu entfachen und engagiert voranzutreiben. Das Trägheitsmoment in der Branche konnte damit nicht überwunden und der notwendige „Call to Action“ Impuls bei den Machern der Branche nicht gesetzt werden.
Thomas Blömer und das Ende des imaging + foto contact ist kein Einzelfall, sondern ein weiteres Beispiel für die Kundenferne bestimmter Manager einer Branche. Martin Wagner, Bereichsleiter Trends & Training der Ringfoto Fachhandelskooperation, konnte sich zwar die verdiente Anerkennung unter den „Happy Few“ des zukunftsorientierten Publikums + mit seinen legendären Einschwörungsversuchen erkämpfen, die an Kooperationspartnern gerichtet waren auf innovative Hard- und Software Innovationen einzugehen aber dem Bestreben „seine Händler“ aufzurütteln, doch bitte die Zeichen der Zeit wahrzunehmen, um Wachstumschancen nicht zu verpassen. Aber Viele sind seinen Ideen mangels des zusätzlich notwendigen Engagements nur zögerlich oder gar nicht gefolgt.
Die Branchenschelte des Marketing Experten Heino Hilbig, ehemals Marketing-Manager bei Olympus Europe, der beispielsweise auf einem von der photokina gemeinsam mit dem Verlag von Thomas Blömer organisierten Kongress eindringlich auf die Marktveränderungen in der Imaging Branche hingewiesen hatte, wurde von einer Vielzahl der angesprochenen Verantwortlichen, nicht als konstruktive Aufforderung, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen begriffen, sondern als Angriff auf ihre Komfortzone interpretiert.
Der jämmerliche Versuch dem Photoindustrie-Verband ein modernes Markenbild zu geben, hat die mühsam von Professor Dr. Steinorth, damals Justiziar und Pressechef bei Kodak, aufgebauten Rücklagen verbrannt, wodurch die seit über ein Jahrhundert erfolgreich etablierte Institution, finanziell derartig in die Bredouille geriet, dass sie nun zum Jahresende 2024 liquidiert werden muss. Unsinnig war dabei auch der Markenwechsels von der etablierten und für jedermann verständlichen Wortmarke „Photoindustrie-Verband“ zu dem Kürzel PIV zu wechseln.
In seinem Editorial zur letzten Ausgabe des imaging + foto contacts schreibt Thomas Blömer: Die Fotobranche, die ich jahrzehntelang begleiten und manchmal auch mitgestalten durfte, gibt es nicht mehr. Und deshalb gibt es auch keinen Markt mehr für ein Branchenmedium“.
Das ist nicht die ganze Wahrheit. Die Branche taumelt und hat die Schwerpunkte für ihre Kundenkommunikation dem „Outsourcing“ übertragen. Statt auf die Glaubwürdigkeit und das Engagement und oft auch auf die Kritik von Fachmedien zu vertrauen, hat sie die Strategien für ihre Öffentlichkeitsarbeit Lobbyisten von PR-Agenturen übertragen. An zumeist herzlose Marketing-Strategen, die heute Schokolade und morgen Waschmittel anpreisen. In den Führungsebenen der Abteilungen für internationale Öffentlichkeitsarbeit großer Imaging Firmen, findet man eher Menschen, die ihre Sporen als Pressesprecher von Fluggesellschaften verdient haben als solche, deren Herz und Leidenschaft der Fotografie gehören. Einmal ganz abgesehen davon, dass Vielen von ihnen auch die Faszination für die Fotografie und für ihre begeisternden Werkzeuge fehlt, fließen die Kommunikationsetats in diese Einrichtungen, die den Unternehmen der Fotobranche vorzumachen versuchen, wie sie Fotoenthusiasten begeistern könnten. Ein elementarer, vielleicht sogar irreversibler Fehler.
Lieber Thomas, Alles Gute für die Zukunft! Wir haben Deine Arbeit und Dein Engagement für die Fotoindustrie und mehr noch für den Fotofachhandel immer bewundert und sind sicher, dass Du die Entwicklungen der Fotobranche auch in Deinem branchenübergreifenden PoS Magazin im Auge behalten wirst. Wie sagte der verstorbene Klaus Tiedge, Zeitungsmacher und maßgeblicher Gestalter der « horizonte zingst» gerne? „Die Fotografie hat viele Zimmer“. Einige davon gehören nun doch endlich einmal renoviert! Danke Thomas für die jahrzehntelangen kollegialen, inspirierenden Begegnungen, die motivierenden Gespräche und den immer wieder erfrischenden Gedankenaustausch!