Als die 1907 in New York geborene Elizabeth „Lee“ Miller 1977 im englischen Sussex starb, hatte sie ein bewegtes Leben hinter sich, zunächst als Model, Muse, Surrealistin sowie danach als eine der vielseitigsten Bildjournalistinnen des 20. Jahrhunderts. Weder privat noch professionell hielt sie sich an Konventionen und ging als Künstlerin, Porträtfotografin und Kriegsreporterin ihren eigenen Weg. Unvergessen sind ihre Aufnahmen der befreiten Konzentrationslager, mit denen sie den Horror und den Wahnsinn des Krieges eindrücklich dokumentierte.
In dem im Hirmer Verlag, München, erschienenen Katalogband „Lee Miller – Fotografin zwischen Krieg und Glamour“ führen zunächst fünf Fachjournalistinnen jeweils in bebilderten Beiträgen in Leben und Werk der Fotokünstlerin ein. So beschreibt Karin Gimmi unter dem Titel „Freundschaften“ in Wort und Bild ihre Kontakte zu Persönlichkeiten aus dem Kreis der amerikanisch-europäisch geprägten Moderne. „Lee Millers surrealistischer Blick auf den Krieg“ mit dem Höhepunkt der weltbekannten Fotografie von Lee Miller, in Hitlers Badewanne liegend, sowie den vielen Reportagen für die ‚Vogue‘, in denen sie vornehmlich die schreckliche Schönheit des Krieges wiedergab, hat Elisabeth Bronfen zusammengefasst. Cathérine Hug beschäftigt sich unter der Überschrift „Viele Leben, ein Paar Augen“ mit „Überlegungen zu Lee Millers surrealistischer Betrachtungsweise“. Nachdem Lee Miller bereits in den 1920er Jahren für die ‚Vogue‘ als Model gearbeitet hatte, bekam sie später als Fotografin von der Redaktion den Auftrag zu Reportagen über ein amerikanisches Evakuierungslager in der Normandie und von der Front in Saint Malo. Über ihre langjährige, enge Zusammenarbeit als „Korrespondentin für Vogue in Deutschland 1945“ berichtet Katharina Menzel-Ahr.
Unter dem Titel „Lee Millers Sabatiermesser“ schildert Ami Bouhassane Millers Zeit nach dem Krieg: Verheiratet mit dem surrealistischen Künstler Roland Penrose lebte sie auf der Fairley-Farm im englischen East-Sussex, wo sie später unter anderem Max Ernst und Dorothea Tanning, Pablo Picasso, Roberto Matta oder Henry Moore besuchten. Lee Miller entwickelte sich dort zu einer Gourmetköchin, die ihre Gäste mit ausgefallenen Gerichten verwöhnte
Nach den ausführlichen Einführungen in Leben und Werk von Lee Miller folgt der Katalogteil des Buchs. In insgesamt neun Kapiteln werden ihre vielfältigen Schaffensphasen als Supermodel, Muse, Porträtfotografin, Abenteurerin, Surrealistin, Kriegsreporterin, Gourmetköchin und Gastgeberin in ihrer ganzen Breite mit beispielhaften Fotografien präsentiert. „Es zeigt Grauen und Alltag, Schmerz und Hoffnung, Kriegsgeschehen und die fragile Wiederaufnahme von Normalität“ stellt Elisabeth Bronfen in ihrem Text fest.
Der Band fasst Leben und Werk einer lebenshungrigen Frau zusammen, die sich nicht in Kategorien zwängen ließ und stets ihren eigenen Weg ging. Wobei die Kamera immer ihr Begleiter war.
H.-G. v. Zydowitz
Lee Miller – Fotografin zwischen Krieg und Glamour
Hrsg.: Kathrin Baumstark
Text: Ami Bouhassane, Elisabeth Bronfen, Karin Gimmi, Cathérine Hug, Katharina Menzel-Ahr
240 Seiten mit 186 Abbildungen in Farbe und Schwarzweiß
Format: 23x29 cm, Hardcover
München, Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-4132-0; € 45,–
Noch bis 24. September: Ausstellung im Bucerius Kunst Forum Hamburg