Die 1952 in Hamburg geborene Psychologin und Kunstmäzenin Eva-Maria Fahrner-Tutsek arbeitete als Wissenschaftlerin, hat aber seit ihrer Kindheit immer auch ihre Kamera dabei. Ihr im Hirmer Verlag, München, erschienenes Fotobuch „Fade Away“ zeigt Bilder von Straßenschildern, die ihr auf der spanischen Insel Ibiza, genauer rund um deren Hauptstadt Eivissa, auffielen.
Auf vielen kleinen Inseln sehnen sich die dortigen Bewohner nach einer gewissen Form von Unabhängigkeit, wie die Eigenwilligkeit der Piktogramme auf ihren Verkehrsschildern beweisen. Denn die Aufnahmen von Eva-Maria Fahrner-Tutsekzeigen Schilder, die sie verborgen, verblasst und verrostet auf Ibiza am Straßenrand gefunden hat, Verkehrszeichen, die in Schrift und assoziativen Bildern ihren Bezug zur Realität verloren haben – als seien sie in der Landschaft vergessen worden.
In ihrem Einführungstext stellt die Fotografin unter dem Titel „Zeichen der Vergangenheit“ denn auch die Frage: „Warum solche Schilder fotografieren?“ und antwortet: „Die Schilder entfalten eine Erzählung. Sie fotografisch einzufangen macht sie zur Metapher für den Wandel der Zeit, zu einem Spiegel der Vergänglichkeit. Es ist das Wesen der Fotografie, dass sie die Dinge festhält, im Augenblick, im Prozess des Verschwindens.“
Bei ihren Wanderungen sind Fotos mit ganz unterschiedlicher Bildkomposition entstanden: Mal dominiert das Verkehrszeichen den gesamten Ausschnitt, so dass es ohne jeden Kontrast, dafür aber in grafischer Strenge oder Patina wahrgenommen wird, mal, bei etwas mehr Distanz zum Gegenstand, mit einer klaren Unterscheidung zwischen Zeichen und Umgebung innerhalb des Bildausschnitts oder auch in merkwürdig amibivalenter Beziehung, wie der international bekannte Fotograf Michael Freeman unter dem Titel „Zeichen und Fotografie“ in seinem einleitenden Essay zu dem Bildernvon Eva-Maria Fahrner-Tutsek feststellt. Gleichzeitig vergleicht er ihre Arbeit mit den in den 1920er Jahren von Eugène Atget dokumentierten Straßenschildern oder den von Walker Evans fotografierten Werbetafeln und Ladenschildern.
In ihrer eher poetischen Publikation zeigt die Wissenschaftlerin Eva-Maria Fahrner-Tutsekals Fotografin die Straßenschilder auf Ibiza als Reminiszenz an das Vergangene: Ein Mann mit Hut eilt über den Zebrastreifen, ein Mädchen mit Zöpfen auf dem Schulweg, Hinweise auf längst geschlossene Restaurants, Piktogramme von lange aus dem Verkehr gezogenen Automobilen: Mit ihrer Kamera erlöst sie die veralteten Schilder Ibizas aus ihrem Zustand des Unbeachtet-Seins. Die Fotografien enthüllen sowohl die humor- als auch die kunstvolle Seite, die Zeit und Witterung hinterlassen haben. Am Beispiel von Straßenschildern ist ein fotografisches Kleinod über die Vergänglichkeit entstanden.
H.-G. v. Zydowitz
Eva-Maria Fahrner-Tutsek
Fade Away
Text: Michael Freeman
Sprache: Englisch, Deutsch, Spanisch
152 Seiten mit 73 Abbildungen
Format: 28×25 cm, Hardcover
München, Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-4279-2;
Preis 29,90 Euro