Bis zum 17.5.24 kann man sich im neuen Kultur- und Bildungszentrum „Seidl-Mühle“ in Ismaning bei München in der Fotoausstellung von Herbert Becke „Karl Valentin Bilder Sprache“ vergnügen. Beiden sitzt der Schalk im Nacken. Dem 1948 verstorbenen Komiker und Sprachakrobaten Karl Valentin und dem 1950 geborenen Fotografen Herbert Becke. Humorvoll, aber auch mal mit ernstem Hintergrund skizzieren sie ihre Sicht der Welt und der Menschen.
Unvergesslich wird der großartige Münchner Humorist und Wortakrobat Karl Valentin (1882-1948) bleiben. In großformatige Bilder aus 45 Jahren Fotografie stellt Herbert Becke mit jeweils einem „passenden“ Spruch bzw. Text von Karl Valentin nach dem Motto: „was würde uns das Foto sagen, wenn es sprechen könnte“, seine Sicht auf Karl Valentin vor . Darunter sind selbstverständlich viele bekannte Sprüche, ebenso völlig unbekannte, bisher kaum veröffentlichte skurrile/philosophische Texte Valentins, aber auch seine gezielt subversiven Aussagen im „Dritten Reich“, die für ihn eine Form des Widerstandes waren. Die Verpaarung von Fotos und Texten ist das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem Nachlassverwalter und „irdischen Statthalter“ Karl Valentins, Rechtsanwalt Gunter Fette.
Die Fotos transportieren den Humor Valentins in die Gegenwart. Zeitlos sind die Wort-Sinn-Schöpfungen Valentins ohnehin. Bilder und Zitate gehen eine enge Verbindung ein, ohne ihre jeweilige Eigenständigkeit aufzugeben. Betrachter von Fotos sagen oft: „Das Bild sagt mir nichts“ oder „das Foto spricht mich nicht an“. Aber, wenn Bilder sprechen könnten, was würden sie uns sagen? Das war die Grundidee von Herbert Becke bei seinem Projekt „Karl Valentin Bilder Sprache“. Karl Valentin spricht aus dem jeweiligen Bild zum Betrachter; was würde uns der großartige Humorist und Wortakrobat durch das Foto sagen wollen? Oder wie bei Valentin üblich, auch völlig andersherum. Beckes Bilder erzählen Geschichten, er setzt Menschen, Objekte, Gebäude in Bezug zueinander. Er geht nach der Maxime vor: „das Leben posiert nicht, es findet statt“. Dabei handelt es sich überwiegend um Motive von Karl Valentins geliebtem München.
Becke hat seine Heimatstadt München viele Jahre von unten, „bodenständig“ fotografiert, unmittelbar mit der Kamera auf dem Boden der Tatsachen, auf öffentlichen Plätzen, in U-Bahnhöfen oder auf dem Asphalt von Einkaufsstraßen, er hat quasi die Perspektive von Kleinkindern, Hunden und Mäusen eingenommen oder auch Turnschuhen, wenn diese denn Augen hätten. Dabei sind völlig neue Sichtweisen von zum Teil ganz bekannten Motiven entstanden. Diese ungewohnten Sichtweisen ermöglichen völlig neue Bildwirkungen. Becke missachtet oft bewusst alle gängigen Fotografier- oder Gestaltungsregeln. Er ist ein kreativer Foto-Anarchist. Beckes Bilder sind subtil, witzig, schräg und hintergründig. Sie zeigen die oft unfreiwillige Komik des Alltages. So, wie bei Valentins Dialogen und Szenen.
In der Ausstellung kommen zwei Künstler zusammen, die sich nie begegnet sind: Jeder zeigt auf seine Art, dass man die Welt auch aus einem anderen Blickwinkel als dem gewohnten, also durch den Wechsel der Perspektive, sehen kann. Der eine mit der Sprache, der andere mit dem Bild. Nimmt man beides zusammen, ist man beim treffenden Titel der Ausstellung: „BILDER SPRACHE“.
Ismaning b. München im Kultur- und Bildungszentrum „Seidl-Mühle“, Mühlenstr. 15
Öffnungszeiten: Mo-Fr 9:00-18:00 Uhr, Sa-So und abends nach Vereinbarung.
Die Besprechung zu dem Bildband von Herbert Becke im Münchner Volk-Verlag „Karl Valentin – Bilder Sprache“ finden Sie hier
Zum Fotografen Herbert Becke:
geboren 1950 in München. 1966 Gründung und Leitung der „Valentinaden-Bühne“, einer Laienspielgruppe von zwölf Jugendlichen. 33 Jahre Leiter der Volkshochschule im Norden des Landkreises München. Seit 45 Jahren eigenes fotografisches Wirken insbesondere in der Menschen-, Reportage- und Theaterfotografie. Fotodozent, Initiator und langjähriger Leiter des Projektes „Foto-ART München“, Juror bei nationalen und internationalen Fotowettbewerben. Diverse Ausstellungen von Berchtesgaden bis Sylt.
2009 Verdienstmedaille der Universitätsstadt Garching b. München,
2010 „Tassilo-Preis“ (für Kunst und Kultur) der Süddeutschen Zeitung für das „Lebenswerk“,
2012 Bundesverdienstkreuz am Bande für soziales, kulturelles und künstlerisches Wirken.