Seit zwölf Jahren begehen zahlreiche Museen und andere im Verband der Archivare und Archivarinnen zusammengeschlossenen Institute alle zwei Jahre bundesweit den Tag der Archive, an dem sie ihre Schatzkammern für die Öffentlichkeit öffnen oder besondere Archivalien kurzzeitig ausstellen. Diesmal finden die Veranstaltungen im Zeitraum zwischen dem 1. und 3. März 2004 statt. Auch das Deutsche Museum, wie rund 25 weitere Münchner und Bayrische Archive sind ebenfalls dabei. Ein Highlight verspricht die Ankündigung des Archivs vom Deutschen Museum in München, zu werden das unter dem Thema „Alles so schön bunt hier“ am 2. März zwischen 10 und 17 Uhr bei freiem Eintritt einige seiner größten Schätze der Öffentlichkeit präsentiert. Einige davon sind nicht zuletzt auch für an Fotografie-Fan von Interesse.
Das Thema „Alles so schön bunt hier“ soll deutlich machen, dass Farben seit jeher für Menschen eine zusätzliche Dimension der visuellen Kommunikation und Dokumentation erschließen, von der bereits die Zeichnungen in den Höhlen von Lascaux zeugen und die auch die zahlreichen Schätze des Museumsarchivs beweisen. Auf 4,7 Regalkilometern lagern dort Millionen wertvoller Originale aus neun Jahrhunderten. Es handelt sich um Nachlässe berühmter Forscher und Erfinder, Tonbänder, Bilder und Filme, Handschriften, Briefwechsel und Nobelpreismedaillen.
Eine sehr seltene und wertvolle Rarität ist beispielsweise das „Schwazer Bergbuch“. Von dieser Handschrift aus dem Ort Schwaz in Tirol, der früher ein bedeutendes Zentrum für den Kupfer- und Silberbergbau war, existieren in dieser Form weltweit nur vier Exemplare. Eins davon ist im Deutschen Museum. Die farbigen Miniaturen sind sehr vielfältig und liebevoll gestaltet und zeigen zum Beispiel „Silberbrenner“ bei der Arbeit. Die bunten Illustrationen passen deshalb hervorragend zum diesjährigen Motto des Museums zum Tag der Archive: „Farbe im Archiv“.
Das Buch aus dem Jahr 1556 erzählt mit vielen Bildern davon, wie Bergbau und die Verarbeitung von Bodenschätzen früher funktionierten. „Alles handgeschrieben, die Bilder sind von Hand gemalt und koloriert“, sagt Matthias Röschner, Leiter des Archivs des Deutschen Museums.
Archive stellt man sich in aller Regel mehr schwarz-weiß vor: Viele Dokumente, Handschriften, trockene Papiere, Flachware. Das ist im Archiv des Deutschen Museums anders. Hier gibt’s viel Farbe und erstaunlich viele Objekte, die nicht aus Papier sind. „Wir haben hier kistenweise Wollknäuel“, sagt Röschner. Die Wollknäuel sollten früher zeigen, wie vielfältig und beständig Farben sein können. „Die Farben haben sich auch deshalb so gut erhalten, weil die Dinge hier bei uns unter Verschluss sind. Wären sie dauerhaft ausgestellt gewesen, wären sie jetzt vermutlich komplett ausgebleicht“, so Röschner.
Ein weiterer großer Schatz, den er am „Tag der Archive“ herzeigt, ist das berühmte Sonnenspektrum von Joseph von Fraunhofer aus dem Jahr 1814. Fraunhofer hatte mit einem Prisma das Sonnenlicht in seine farbigen Bestandteile zerlegt, dieses Spektrum präzise aufgezeichnet und selbst koloriert. In dem Spektrum zeigen sich auch die nach ihm benannten Fraunhoferschen Linien, die sich Fraunhofer selbst nicht so recht erklären konnte. Erst später wurde klar, dass die Linien für Elemente stehen – eine Entdeckung, die später die Astronomie revolutionierte und die Basis für die Spectralanalyse schuf. Fraunhofer hat das Spektrum des Lichts zunächst nur genutzt, um die Reinheit optischer Gläser zu analysieren und zu dokumentieren.
Matthias Röschner zeigt beim Tag der Archive aber auch Objekte her, die nichts revolutionierten, trotzdem aber sehr nett anzusehen sind, wie der gezeichnete Entwurf für den „Wagen der Farbe“, der für den Festumzug bei der Eröffnung des Deutschen Museums im Jahr 1925 geplant war. Die Menschen, die den Wagen ziehen, sind als Farbtuben verkleidet. Leider gibt es kein Farbfoto des Wagens beim Umzug. Genauer: es gibt gar kein Foto davon. Allerdings existiert ein Farbfoto des Museumsgründers Oskar von Miller im Archiv. Eine sogenannte Uvatypie, erfunden vom und benannt nach dem Münchner Chemiker Arthur Traube (lat. Uva). „Es ist die einzige Farbaufnahme Millers, stammt aus dem Jahr 1931 und ist damit ein recht frühes Farbfoto“, sagt Röschner. Nur eine von rund einer Million Fotografien im Archiv des Museums. Ebenso gehört zum Bestand des Archivs das erste Plakat des Deutschen Museums – und ein kleines Bändchen, von Eugen Roth selbst gedichtet und von dem Grafiker Eugen Cordier illustriert. Es sollte nach dem Zweiten Weltkrieg dafür werben, dass die Menschen fürs Deutsche Museum spenden.
Darüber hinaus gibt es aber auch noch sehr viele Objekte und Schriften im Archiv, die sich mit der Farbe an und für sich auseinandersetzen. Das sogenannte „Farbebuch“ von 1729, das Rezepte für die Herstellung von Farben dokumentiert – mitsamt den entsprechenden Farbmustern auf Fäden. „Sensationell erhalten“, sagt Röschner. „Früher war das Papier einfach besser.“
Eine Besonderheit ist auch der kleine Ausschnitt der insgesamt 15.000 Buntpapiere im Archiv des Museums. Sie stammen aus drei Jahrhunderten und sind inzwischen alle digitalisiert – wie das hinreißend schöne Exemplar der Textilkünstlerin und Gestalterin Lilli Behrens (1869 – 1959).
Spannend zeigen sich die Aufzeichnungen von Chemie-Nobelpreisträger Adolf von Baeyer über die Formel und die künstliche Herstellung des Indigo-Farbstoffs, die wie rein zufällig neben eher banalen Alltagsbemerkungen in einem Schreiben auftaucht.
Als ganz besonderes Schmankerl wird beim Tag der Archive auch der heute fast schon skurril wirkende „Kulturfilm“ namens „Spiel in Farben“ aus dem Jahr 1961 vorgeführt. Hans Clarin ist der Sprecher des Films, von Serge Gainsbourg stammt ein Teil der Filmmusik. Sowohl das Deutsche Museum als auch das Oktoberfest spielen in dem Film eine Rolle.
Am Samstag, 2. März, gibt es von 10 bis 17 Uhr eine Ausstellung „Technik- und Wissenschaftsgeschichte in Farbe“ zu sehen. Zudem finden um 10, 13 und 16 Uhr Führungen durch das Archiv des Museums statt. Außerdem wird der Film „Spiel in Farben“ tagsüber regelmäßig gezeigt. Wichtig: Zum Archiv des Deutschen Museums kommt man über den Eingang der Bibliothek am Museumshof – also NICHT über den Museumseingang an der Corneliusbrücke. Der Eintritt zum Tag der Archive ist frei – für einen Besuch im Ausstellungsgebäude des Deutschen Museums braucht man aber ein Ticket.
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Heiner Henninges
Einige Zahlen und Fakten zum Archiv des Deutschen Museums
Standort: Museumsinsel München, Eingang gegenüber dem Ausstellungsgebäude des Deutschen Museums. gegründet 1903 (zusammen mit Museum und Bibliothek, Bestandteil der Gründungssatzung) ist es eines der bedeutendsten Spezialarchive zur Geschichte der Naturwissenschaft und Technik weltweit. Der Bestand umfasst auf einer Länge von 4,7 Regalkilometern Millionen Originaldokumente vom 13. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Bestand (Stand Februar 2024):
– 380 Nachlässe
– 14 600 Handschriften und Urkunden von 1270 bis 2017
– 45 Firmenarchive
– Firmenschriftensammlung von ca. 15 160 Unternehmen mit 210 000 Einzelschriften
– 76 600 Pläne und technische Zeichnungen
– 13 300 Schachteln und Mappen in der Luft- und Raumfahrtdokumentation – mit 500 000 Fotografien
– 15 000 Buntpapiere aus aller Welt
– 8000 Karten, 16. bis 20. Jahrhundert
– 12 600 Porträts von Wissenschaftlern und Ingenieuren
– 4400 Medaillen und 140 Plaketten zu bedeutenden Persönlichkeiten und Ereignissen
– 1 400 000 Fotos, 1600 Filme, 300 Videokassetten, 1550 Tonbänder, 1400 Kassetten, 313
Schallplatten, 800 digitale Speichermedien
– 400 Museumsplakate, ca. 1500 Fremdplakate, ca. 200 historische Ausstellungstafeln (1784 – 1991)
– 1700 Grafiken Fotonegative, technische Zeichnungen und mehr
Im Archiv des Deutschen Museums werden Dokumente aller Art aufbewahrt. Das älteste Stück ist ein Albertus Magnus-Codex zur Physik aus dem 13. Jahrhundert.
Die neuesten Unterlagen stammen aus dem 20./21. Jahrhundert, wie etwa der Nachlass des Physik-Nobelpreisträgers Rudolf Mößbauer (1929-2011) oder der Vorlass des Professors für Informatik und Künstliche Intelligenz Jörg Siekmann (geb. 1941).
Sammeln im Verbund: Ziel der Initiative „Sammeln in Verbund“ ist ein abgestimmtes, bundesweites Konzept zu einem gemeinschaftlichen Sammeln von nichtamtlichen Schrift-, Bild- und AV-Materialien. Gemeinsam mit dem Arbeitskreis Archive in der Leibniz-Gemeinschaft arbeitet das Archiv des Deutschen Museums an der Umsetzung dieser Idee.
Digitalisierungsstrategie: Große Teile der Bestände werden eingescannt und stehen im Onlineportal „Deutsches Museum Digital“ (https://digital.deutsches-museum.de/) zur Verfügung.
Hochwertige digitale Abbildungen können gegen Gebühr über die Bildstelle des Deutschen Museums bestellt werden: Tel: (089) 2179-231/291 oder Email an: archiv@deutsches-museum.de
Für alle zugänglich: Das Archiv des Deutschen Museums steht als öffentliches Archiv jedem Interessierten für Forschungen zur Technik- und Wissenschaftsgeschichte offen.
Lesesaal im 3. Obergeschoss.
Die Benutzung des Archivs ist kostenfrei. Eine formlose schriftliche Voranmeldung per E-Mail ist erforderlich.
Geöffnet von Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr, an Feiertagen geschlossen.
Kontakt:
Telefon: 089/2179 220
E-Mail: archiv@deutschesmuseum.de