Frische, bajuwarische Erotik: Die 1954 in Frankfurt am Main geborene Fotografin Ellen von Unwerth verbrachte Kindheit und Jugend in einem Waisenhaus im Allgäu – ihre Mutter starb, als sie erst zwei Jahre alt war. Mit 16 Jahren ging sie nach München und bekam dort nach einer Vorstellung des Circus Roncalli vom damaligen Zirkusdirektor André Heller eine Anstellung. Später buchte sie ein Fotograf in München für ein Fotoshooting der Zeitschrift ‚Bravo‘ und wurde daraufhin vom Chef der Modelagentur ‚Elite‘ entdeckt, der sie 1975 nach Paris brachte und zu einem Topmodel machte.
1986 lieh sie sich während einer Modeproduktion in Kenia eine Kamera und fotografierte andere Models sowie einheimische Kinder. Ihre dabei entstandenen Aufnahmen wurden im französischen Modeheft ‚Jill‘ veröffentlicht, woraufhin sie sich letztlich entschloss, Fotografin zu werden, obwohl sie über keine entsprechende Ausbildung verfügte. Erste Erfolge hatte sie mit einer Auftragsarbeit für die französische ‚Elle‘, bei der sie ein Model für eine Anzeigenkampagne fotografieren sollte, wofür Ellen von Unwerth die erst 17-jährige Claudia Schiffer auswählte.
Heute lebt und arbeitet die Fotografin in Paris und New York, ist aber eben auch immer mal wieder auf Lustreise in Bayern, ihrer „Heimat“, so der Titel des im Taschen-Verlag, Köln, erschienenen voluminösen Bildbands. In diesem geht Ellen von Unwerth mit viel Humor auf eine nostalgisch-frivole Reise: Die Mode- und Musikfotografin ist in das Land ihrer Kindheit zurückgekehrt, um eine Schar junger Menschen abzulichten, die Spaß und Abenteuer suchen – und finden.
Mit einem Zwinkern und viel zünftiger Tradition überzeugt Ellen von Unwerth dabei mit erheiternder, rustikaler Erotik, die sie in den Bergen, auf Feldern, in herrlichen Wäldern oder an smaragdgrünen Seen, in Hütten und Ställen, auf dem Oktoberfest, bei strahlendem Sonnenschein, auch bei Schnee, inszeniert hat: Wo auf den Almen Kuhglocken läuten und man mit der Natur in Einklang lebt. Und wo die Dorfmädchen Hilda, Traudel, Heidi und ihre Freunde dem beschaulichen Landleben frönen.
Der Freude machende Bildband ist von Mark Schulz, der als ‚Head oft the Words‘ bei einer in London ansässigen Sprachberatung tätig ist und Ellen von Unwerth in den Bergen traf, als Liebhaber der deutschen Natur mit kurzen lustigen Zeilen angereichert, zwischen denen man lesen kann.
Ellen von Unwerth verbindet in ihrem Bildband „Heimat“ somit den Charme der Vergangenheit mit frischer, provokanter Erotik, wirbelt, versehen mit lockeren Sprüchen, angestammte Geschlechterrollen fröhlich durcheinander und zeigt, dass selbst Krachlederne glamourös sein können – mit einem Zwinkern und viel zünftiger Tradition.
H.-G. v. Zydowitz
Heimat
452 Seiten
Format: 25 x 34 cm, Hardcover
Sprache: Englisch, Deutsch, Französisch
Köln, Taschen Verlag
ISBN: 978-3-8365-9918-4;
Preis 60 Euro