Historische botanische Blaupausen einer Pionierin: Als erste Frau, die das noch junge Medium der Fotografie wissenschaftlich nutzte, fing Anna Atkins (1799 – 1871) die Zartheit von Algen und Farnen in Bildern ein. Sie gilt heute als eine der Pionierinnen der Fotografie des 19. Jahrhunderts.
Anna Atkins. Cyanotypes
Schober: Ceylon Cyanotypes of British and Foereign Fern, 1853
Copyright Taschen/ j. Paul Getty Museum Los Angeles
Der große, im Taschen Verlag, Köln, erschiene Band „Cyanotypes“ kombiniert, vom Verleger Benedict Taschen sorgfältig zusammengestellt und von Peter Walther fundiert beschrieben, erstmals Anna Atkins Werke ‚British Algae‘ und ‚Cyanotypes of British and Foreign Ferns‘ in vollem Umfang und zeigt ihre wegweisende Praxis, botanische Arten fotografisch zu dokumentieren.
Porphyra lacinata
Anna Atkins, British Algae, Volume III (1853)
copyright Taschen/ New York Public Library
Zu Anbruch des viktorianischen Zeitalters gelang Anna Atkins in ihrem Freiluftlabor in Halstead, Kent, der Versuch, Pflanzenarten mit Hilfe eines völlig neuen künstlerischen Mediums zu dokumentieren. Dabei halfen ihr auch persönliche Kontakte zu Henry Fox Talbot (1800 – 1877) und John Herschel (1792 – 1871), der sich, auch angeregt durch Louis Daguerre (1787 – 1871), ebenfalls mit fotochemischen Fragen beschäftigte und dabei die Drucktechnik, die Cyanotypie, entdeckte.
Die unnachahmlichen Fotogramme von Algen und Farnen, die Atkins anfertigte, füllten die ersten Bücher mit Fotografien. Ihre Alben sind die perfekte Synthese aus Kunst und Wissenschaft, markant und zugleich hauchzart. Dabei setzte sie die technischen Möglichkeiten der Cyanotypie ein und war somit die erste, die ihren praktischen Nutzen für die Klassifizierung von Arten innerhalb der Botanik wie auch deren faszinierendes künstlerisches Potenzial erkannte: Bei diesem Druckverfahren wird das Objekt auf sensibilisiertem Papier fixiert und dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt, wodurch wiederum das preußischblaue Pigment entsteht, das den unverwechselbaren Hintergrund ihrer Kunstwerke bildet.
Ceramium rubrum
Anna Atkins, British Algae, Part IX (1846-18-49)
copyright Taschen/ New York Public Library
Atkins‘ Album „British Algae“ (1843–1853) sowie das zusammen mit ihrer Freundin Anne Dixon angefertigte Buch „Cyanotypes of British and Foreign Ferns“ (1853) sind Werke von außerordentlicher Seltenheit. Sie werden in dem großen Bildband zum ersten Mal in ihrer Gesamtheit präsentiert und zeigen, dass Atkins mehrere Disziplinen beherrschte: Während die Cyanotypie es ihr ermöglichte, die Herausforderungen einer akkuraten Darstellung zu meistern, verliehen die grazilen Konturen der Exemplare vor dem intensiv blauen Hintergrund den Bildern einen zeitlosen ästhetischen Reiz.
Conferva gracilis
Anna Atkins, British Alge, Volume III (1853)
copyright Taschen/ New York Public Library
Die über 550 Cyanotypien, die vornehmlich aus der New York Public Library und dem J. Paul Getty Museum stammen, ergänzt sachkundig der durch seine Veröffentlichungen zu frühen Techniken der Farbfotografie bekannte Peter Walther. In seiner ausführlichen und mit Beispielen bebilderten Einleitung sowie seinen einführenden Essays zu den vier Kapiteln stellt er den wissenschaftlichen und kunsthistorischen Kontext her. Gleichzeitig würdigt er die bahnbrechenden Arbeiten von Anna Atkins als einer echten Pionierin der Fotografie: „Anna Atkins hat als Erste überhaupt die technischen und ästhetischen Möglichkeiten der fotografischen Buchillustration erkundet und in einem Werk veranschaulicht, das bis heute durch die Klarheit, Ruhe, und Schönheit der abgelichteten Naturformen fasziniert.“
H.-G. v. Zydowitz
Anna Atkins
Cyanotypes
Hrsg.: Peter Walther
Sprache: Englisch, Deutsch, Französisch
660 Seiten
Format: 25×31 cm, Hardcover im Schuber
Köln, Taschen Verlag
ISBN: 978-3-8365-9098-3
Preis: 100 Euro