Festivalleiter Lois Lammerhuber berichtet diesmal über die spannende Geschichte der engagierten Fotografin Sarah Caron, deren Bilder von Pakistan erzählen und beim Fotofestival La Gacilly-Baden Photo 2023 noch bis zum 15. Oktober ausgestellt werden.
Am 27. Dezember 2007 wurde im pakistanischen Rawalpindi Benazir Bhutto ermordet, die ehemalige Premierministerin des Landes. Sarah Caron steckte im selben Moment mit dem Taxi im Stau; sie war auf dem Weg zu einer Veranstaltung mit Bhutto und fand sich plötzlich inmitten einer der turbulentesten Phasen der islamischen Republik wieder. Einen Monat zuvor hatte sie von Time den Auftrag für ein Interview und eine Fotosession mit Bhutto erhalten, die zu der Zeit unter Hausarrest stand. Ein geradezu romanhaftes Leben, das sie auch in einer Graphic Novel verarbeitet hat.
Doch Caron Geschichte beginnt weit vor dem Jahr 2007. Schon mit ihren ersten Arbeiten, die in Indien entstanden, machte sie auf sich aufmerksam; die Bilder von den Witwen, die in den Norden des Landes ins Exil gehen, wurden 1999 beim Festival Visa pour l’Image gezeigt. In der Folge entschied sich Caron, die eigentlich Balletttänzerin werden wollte, endgültig für die Fotografie und die Reportage. In ihren Bildern, die stets würdevoll und nie reißerisch sind, behandelt sie die wichtigsten Themen: jene, über die nicht ausreichend gesprochen wird.
Sie lässt sich von ihrem journalistischen Instinkt leiten, und der Großteil ihrer Arbeiten entsteht in Pakistan, wo sie seit fünfzehn Jahren jeweils die Hälfte des Jahres verbringt. Caron präsentiert die ganze Vielfalt dieses Landes, von dem oft nur die schlimmsten Seiten gezeigt werden und das sie kreuz und quer bereist hat: von den pulsierenden und quirligen Megacitys bis zu den wüstenartigen Vorgebirgen des Hindukusch, über den sich Straßen schlängeln, in die schwere, mit bunten Girlanden behängte Lastwagen ihre Furchen ziehen.
Sarah Caron hat das Land in all seinen Facetten gesehen: von den gefährlichen Regionen, in denen Stammesfürsten herrschen, bis zu den Laufstegen der Haute Couture in Karatschi. Sie hat vergessene Volksgruppen besucht, die außerhalb der Zeit zu leben scheinen, wie etwa die letzten Kalasha von Chitral (in denen manchmal fälschlicherweise die Nachfahren von Alexander dem Großen gesehen werden) oder die Mohana, die am Manchar-See im Tal des Indus leben und dort ihre Traditionen bewahren. Die Retrospektive eines beeindruckenden fotografischen, aber auch journalistischen Werkes, das den Frauen und Männern dieser besonderen Nation ganz nahekommt.
Begleitend zum Festival erscheint in der Edition Lammerhuber das Buch „PAKISTAN – Wo die Berge weinen“ das Sarah Carons fotografisches Werk würdigt.
Sarah Caron
22,5 × 27,5 cm
144 Seiten
72 Abbildungen
Deutsch I Englisch I Französisch
Hardcover
ISBN 978-3-903101-94-4
Juni 2023
€ 49.90
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