In dem im Taschen Verlag, Köln, erschienenen Band „Strandbeest“ führt Trevor Smith, Kurator für zeitgenössische Kunst am Peabody Essex Museum, kurz in dessen Arbeitsweise ein, während Lawrence Weschler, das langjährige und vielfach ausgezeichnete Redaktionsmitglied des ‚New Yorker‘, anschließend ausführlich Leben und Werk des 1948 in Scheveningen (NL) geborenen Künstlers Theo Jansen schildert. Dieser hatte Physik studiert, war anschließend als Maler aktiv, bis er eine fliegende Untertasse entwarf, die 1980 über Delft kreiste. Danach widmete er seine ganze Schaffenskraft seinen „Standbeests“, am holländischen Nordseestrand platzierte Traummaschinen, die den Wind mit ihren hauchdünnen Flügeln einfangen und beginnen, sich mit seltsamen Bewegungen zu regen, als ströme Blut und nicht eine frische Brise durch ihre zierliche Gestalt und als bestünden ihre krabbelnden Glieder nicht aus Plastikrohren, sondern aus lebendigem Gewebe.
Theo Jansen wurde sieben Jahre lang von der multidisziplinären Künstlerin Lena Herzog bei seinem Schaffen begleitet. Mit dem opulenten Bildband widmet sie dessen Traummaschinen eine fotografische Hommage, indem sie die an den Stränden der Niederlande von ihm aufgestellte Menagerie in meditativen Schwarzweiß-Aufnahmen vorstellt: Geschöpfe, die nach einem langwierigen Evolutionsprozess Sonne, Sand und Meer ausgesetzt sind, vor sich hin trotten und ihre Laufrichtung ändern sobald ihre Fühler zu lockeren Sand oder Wasser erspüren, die ihre Bewegungen beeinträchtigen könnten.
Dabei arbeitete die Fotografin zunächst ausschließlich mit Analogkameras, einer Fuji 6×9 und zwei Panoramakameras, einer Hasselblad 500 Pan und einer Linhof 6×17, plus zwei Koffern voller Objektive. „Ich mische die Dinge gerne miteinander, nutze veränderliche Brennweiten als die Möglichkeit, aus alten Gewohnheiten auszubrechen und mein Sehen umzugewöhnen“, beschreibt Herzog ihre Arbeitsweise. Aktuell benutzt sie eine digitale Mittelformat-Kamera Leica S mit zugehörigen Objektiven und sieht dies einfach als eine Erweiterung ihrer Möglichkeiten an, wie sie in ihrem ausführlichen, den Bildband abschließenden Interview mit Lawrence Weschler erläutert.
Lena Herzog feiert mit „Strandbeest“ Theo Jansens Schaffenskraft und zeigt zugleich den unheimlichen Übergang von Leblosigkeit zur Belebung in seinen Kreaturen. Die Ergebnisse sind ganz eigene surrealistische Wunderwerke, die den Betrachter mit einer völlig neuen Vorstellung von Existenz konfrontieren.
H.-G. v. Zydowitz
Lena Herzog
Strandbeest – die Traummaschinen von Theo Jansen
Beiträge: Trevor Smith, Lawrence Weschler
Texte: Englisch, Deutsch, Französisch
328 Seiten
Format: 25×35 cm, Hardcover mit drei Ausklappseiten
Köln, Taschen-Verlag
ISBN: 978-3-8365-4849-6; € 60.-