Mohamed Bourouissa
NOUS SOMMES HALLES, 2002-2003
In collaboration with Anoushkashoot
© Mohamed Bourouissa, Kamel Mennour, Paris & London
and Blum & Poe, Los Angeles
Der in Paris lebende Fotograf Bourouissa widmet sich in seinen Projekten vorwiegend der Darstellung von marginalisierten Gesellschaftsgruppen und benachteiligten Menschen. Bourouissa nutzt für seine Arbeiten unterschiedliche Medien wie Fotografie, Video, Malerei und Skulptur. In seinen Projekten widmet er sich vor allem der Untersuchung sozioökonomischer Prozesse sowie unsichtbarer Spannungen zwischen verschiedenensozialen Milieus und den damit einhergehenden kulturellen Spaltungen. „Free Trade“ wirft einen umfassenden Blick auf die Beziehung zwischen Individuen und den komplexen Systemen von Märkten und Kapital. Darüber hinaus reflektiert die Installation historische und soziale Einflüsse auf die Ästhetik, von der Kunstgeschichte bis hin zur Rapkultur.
Mohamed Bourouissa
La République, 2006
From the series Périphérique
© Mohamed Bourouissa, Kamel Mennour, Paris & London and Blum & Poe, Los Angeles
Teil der Ausstellung ist „Périphérique“ (2005-2008), eines der ersten Projekte von Bourouissa, das mit gängigen Stereotypen von Jugendlichen in den berüchtigten Banlieues von Paris bricht. Gezeigt werden zudem ein Projekt, das die Praxis des Zigarettenschmuggels in einer Pariser U-Bahnstation dokumentiert, sowie eine Arbeit aus Polaroid-Aufnahmen von Menschen, die beim Diebstahl von Alltagsgegenständen aus einem Supermarkt erwischt wurden. In einem späteren Projekt schafft Bourouissa mithilfe von „Augmented Reality“ virtuelle Skulpturen, um das vergessene undgesichtslose ‚Heer von Arbeitslosen‘ darzustellen.
Mohamed Bourouissa
La Prise, 2008
From the series Périphérique
© Mohamed Bourouissa, Kamel Mennour, Paris & London and Blum & Poe, Los Angeles
„Temps Mort“ (2009) zeigt den Tagesablauf eines Gefangenen, dessen einzige Verbindung zum Künstler ein Handy ist. Das Video vermittelt den feinfühligen Austausch zwischen den beiden Individuen – und zugleich die wachsende Diskrepanz zwischen einem Leben in Gefangenschaft und dem Leben in Freiheit.
„Bourouissa scheint sich sowohl der Erwartung, dass seine Werke die Banlieues möglichst authentisch abbilden sollen, als auch der Tatsache bewusst zu sein, dass sie weit entfernt von der Welt, die sie zeigen, auf dem Kunstmarkt gekauft undverkauft werden“, schreibt Cécile Bishop im Ausstellungskatalog. „Durch seine Arbeitlenkt er den Umlauf von Bildern (und Geld) so um, dass seine Subjekte zu aktiven Teilnehmern bei der Erschaffung – und dem Verkauf – von Kunstwerken werden.“
Bourouissa selbst sagt über seine Arbeit: „Die Kunstgeschichte, wie sie mir währendmeiner Schulzeit vermittelt wurde, enthielt weder Aspekte meiner Heimatkultur noch waren Spuren oder Einflüsse der Menschen um mich herum erkennbar. Ich wollte deshalb versuchen, meine kulturelle Herkunft in die Kunstgeschichte einzubringen. Für mich geht es grundsätzlich um Integration – wie wir unsere eigene Geschichte indie Geschichtsbücher einfließen lassen können.“
Anne-Marie Beckmann, Direktorin der Deutsche Börse Photography Foundation, sagte:
„Wir freuen uns sehr, den Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2020 an Mohamed Bourouissa zu verleihen, dessen Arbeit nicht nur inhaltlich ausgesprochen relevant und aktuell ist, sondern auch bemerkenswert innovativ und ansprechend im Umgang mit dem Medium Fotografie. Seit Beginn erkennt der Deutsche Börse Photography Foundation Prize die große Bedeutung, die Fotografie und Fotografen bei der Betrachtung, Reflektion und dem Mitgestalten der Welt spielen. Wir sind stolz auf dieses Vermächtnis, mutige, innovative und eigenständige Arbeiten zu erkennen und auszuzeichnen. Ebenso stolz sind wir nach wie vor auf die Bandbreite der teilnehmenden Künstler, die kaum größer sein könnte.
Vorausblickend scheint es angebracht, diesen Augenblick zu nutzen, um zu reflektieren, wie sich der Preis anlässlich seines 25-jährigen Bestehens im kommenden Jahr 2021 anpassen und weiterentwickeln kann. Inspiriert durch intensive Diskussionen der diesjährigen Jury wollen wir eine offene und sachkundige Auseinandersetzung mit der Rolle des Preises anregen und darüber, welche Überlegungen berücksichtigt werden müssen, um den Anforderungen einer sich rasch verändernden Welt weiterhin gerecht zu werden. Wir kehren daher zurück zu der Ausgangsfrage: Wie kann der Preis als Unterstützung und sichtbare, effektive Plattform für die Fotografen bestmöglich gestaltet werden? Wir freuen uns auf dienächsten 25 Jahre.“
Mohamed Bourouissa, Installation shot
Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2020
The Photographers’ Gallery, London
© Kate Elliott and The Photographers’ Gallery
Die renommierte Auszeichnung, die 1996 von der Photographers’ Gallery ins Lebengerufen wurde und seit 2016 gemeinsam mit der Deutsche Börse Photography Foundation vergeben wird, geht nun in ihr vierundzwanzigstes Jahr. Sie wird jährlich an einen lebenden Fotokünstler beliebiger Nationalität vergeben, der im Rahmen einer Ausstellung oder Publikation in Europa in den letzten zwölf Monaten einen bedeutenden Beitrag zum Medium Fotografie geleistet hat.