Eine unerklärliche Tragödie: Diese Kinder, die aus zwei Bezirken in Moskau stammen, wurden alle mit einem fehlenden Unterarm geboren. Während Russlands Mediziner sich uneins sind, führt die Mehrheit der Mütter die Missbildungen auf Moskaus unvorstellbare Mischung von Umweltgiften zurück. [Moskau, Russland 1993] © Gerd Ludwig/INSTITUTE
Mit Gerd Ludwig gehört zu den weltweit anerkanntesten Fotojournalisten, der in diesem Metier zu den wenigen Deutschen mit Weltgeltung zählt. Ein zentrales Thema seiner Fotografie sind Umweltthemen und die Veränderungen in den Republiken der ehemaligen Sowjetunion. Ein Meilenstein in der Geschichte des Fotojournalismus ist seine Reportage über die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, die schon in vielen Ausstellungen mit großem Erfolg zu sehen war. Diese Bilder und andere Arbeiten aus Ludwigs umfangreichem Werk werden in der Halle 1 der Leica Camera AG im Rahmen des Leica Ausstellungsprogramms zur photokina 2014 gezeigt.
Der seit 1971 alljährlich für „vorbildliche Anwendung der Photographie in der Publizistik“ vergebene Preis erinnert an Dr. Erich Salomon, den großen Fotografen der Weimarer Republik, dem der moderne Bildjournalismus starke Anregungen verdankt.
Gerd Ludwig in seiner Ausstellung „Der lange Schatten von Tschernobyl“
Gerd Ludwig,1947 in Alsfeld, Hessen geboren studierte r zunächst Germanistik, Sport und Politikwissenschaft, brach1968 sein Studium ab und tourte ein Jahr durch die USA und Skandinavien. Die Reise finanzierte er mit Gelegenheitsjobs als Maurer, Seemann und Tellerwäscher. Nach seiner Rückkehr begann er an der Folkwangschule Essen ein Studium der Fotografie bei Prof. Otto Steinert.
1974 gründete Ludwig zusammen mit André Gelpke und Rudi Meisel Visum, die erste deutsche Fotografenagentur, die nach dem Vorbild von Magnum arbeitet. In der Folge arbeitete er weltweit, unter anderem im Auftrag von Spiegel, Stern, Geo, Zeit Magazin, Merian und Art.
Veronika ist nur fünf Jahre alt und leidet an Leukämie. Sie wird im Zentrum für Strahlungsmedizin in Kiew behandelt. Ihre Mutter Yelena, 29, kam vier Jahre vor dem Unglück in Tschernobyl in der benachbarten Stadt Tschernigov zur Welt – ein Ort der vom radioaktiven Niederschlag schwer betroffen war. Den Ärzten im Krankenhaus zufolge ist der gesundheitliche Zustand vieler Patienten die direkte Folge der Verbreitung radioaktiver Strahlung nach dem Unglück. [Kiew, Ukraine 2011] © Gerd Ludwig/INSTITUTE
Seit 1984 lebt Gerd Ludwig in New York. 1989 fotografierte er erstmals für das National Geographic Magazine. Seither gehört er dort mit dem Arbeitsschwerpunkt in Europa und der ehemaligen UdSSR zur Stammmannschaft. Im Auftrag von National Geographic fotografierteGerd Ludwig 1993 Umweltschäden in der ehemaligen UdSSR, dabei auch in Tschernobyl. Das Ergebnis erschien in dem Magazin auf 47 Seiten. 2005 kehrt er für mehrere Wochen in die Sperrzone und die vom radioaktiven Niederschlag betroffenen Gebiete in der Ukraine und Weißrussland zurück. Im Frühjahr 2011 und zuletzt im September 2013 photographiert Gerd Ludwig erneut im Reaktor und dessen Umgebung. Als Reminiszenz vieler Reisen in die Ukraine und Weißrussland erscheint im Mai 2014 sein dreisprachiger Bildband Der Lange Schatten von Tschernobyl (mit einem Essay von Michail Gorbatschow) in der Edition Lammerhuber in Baden, Österreich.
An Winterwochenenden bohren Männer Löcher ins dicke Eis des Ural und versuchen ihr Glück beim Angeln. Da sie wissen, wie stark das Lenin-Stahlwerk im Hintergrund den Fluss verschmutzt, verzehren sie ihren Fang in der Regel nicht selbst, sondern verkaufen ihn auf dem Markt. [Magnitogorsk, Russland 1993] © Gerd Ludwig/INSTITUTE
Neue Wege beschreitet Ludwig auch in der Finanzierung seiner Projekte. Nachdem es ihm nicht gelang, die Medien für eine Berichterstattung über den 25. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe zu interessieren, nutze er im Dezember 2010 als einer der ersten international anerkannten Dokumentarfotografen „Crowdfunding“ für die Finanzierung eines freien Projektes. Seine Kampagne erzielte über 23.000 $ für eine weitere Reise in die Reaktor-Sperrzone und übertraf den angestrebten Betrag um fast 100%. Dies ermöglichte ihm die Veröffentlichung eines digitalen Fotobuchs als interaktives, multimediales iPadApp unter dem Titel The Long Shadow of Chernobyl. Eine erneute Crowdfunding-Kampagne zur Unterstützung seines Tschernobyl-Buchprojektes endete jüngst ebenfalls erfolgreich mit dem Doppelten des ursprünglich gesetzten Fundraising-Zieles.
Ein Straßenschild warnt vor der Gefahr radioaktiver Verstrahlung. Die romantische Stille starken Schneefalls in einer Winternacht lässt einen die überall in der Landschaft lauernde Gefahr beinahe vergessen. [In der Nähe von Prypjat, Ukraine 2011] © Gerd Ludwig/INSTITUTE
Heute lebt Gerd Ludwig in Los Angeles und besitzt inzwischen auch die amerikanische Staatsangehörigkeit. Er fotografiert immer noch vorwiegend für National Geographic, aber gelegentlich auch für andere renommierte Zeitschriften und Buchprojekte sowie für Werbeagenturen. Außerdem lehrt er an Universitäten und gibt weltweit Workshops. Seine Fotos werden international in Galerien und Museen ausgestellt