Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. Berlin, 15.07.2019,
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Zur Beratung einer sehr besondere Reform, nämlich der Reform des Urheberrechts, hat Christine Lambrecht im Bundestag folgende Rede gehalten:
Sie erinnern sich: 2019 haben das Europäische Parlament und der Rat die DSM-Richtlinie beschlossen – ein längst überfälliges Update für das europäische Urheberrecht. Diese Richtlinie setzen wir jetzt um. Ich kann Ihnen sagen: Das ist eine höchst anspruchsvolle Aufgabe.
Viele von Ihnen erinnern sich vielleicht noch an die Bilder aus 2019, als Nutzerinnen und Nutzer, als viele aufgeregte Bürgerinnen und Bürger auf die Straße gegangen sind, gekämpft haben, weil sie Sorge hatten, dass genau diese Richtlinie dazu führen wird, dass die Meinungsfreiheit im Netz eingeschränkt wird, ihr Verhalten im Netz reg- lementiert wird.
Deswegen müssen wir zum einen dafür sorgen, dass diese Freiheit der Kommunika- tion im Netz erhalten bleibt – beispielsweise die Freiheit des Zitats, die Freiheit der Karikatur, die Freiheit der Parodie –, aber wir müssen zum anderen auch dafür sorgen, dass Kreative und Kreativwirtschaft besser an der Wertschöpfung im digitalen Raum beteiligt werden. Das zusammenzubringen, ist eine große Herausforderung. Wir sind sie angegangen, und ich bin der Meinung: Mit unserem Gesetzentwurf, den wir vorle- gen, ist es uns auch gelungen.
Unser Gesetz wird die Position der Kreativen und der Kreativwirtschaft stärken und gleichzeitig die Freiheit im Netz bewahren und auch in Einklang stehen mit den euro- päischen Vorgaben.
Große Uploadplattformen wie Youtube und Facebook sind künftig für alle Inhalte, die sie zugänglich machen, urheberrechtlich verantwortlich. Das heißt ganz konkret: Wenn Plattformen geschützte Inhalte wiedergeben, dann müssen sie von den Rechteinha- bern diese Lizenzen erwerben – absolut neu, aber absolut notwendig. Wenn Recht- einhaber mit der Wiedergabe ihrer Werke nicht einverstanden sind, dann müssen die Plattformen verhindern, dass diese geschützten Inhalte abrufbar sind. Für die Kreati- ven und die Kreativwirtschaft bringt diese Regelung eine echte Verbesserung; denn sie stärkt ihre Verhandlungsposition gegenüber diesen sehr mächtigen Plattformen.
Zugleich behalten wir auch die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer im Blick; denn die neuen Pflichten für die Plattformen dürfen nicht dazu führen, dass auch erlaubte Inhalte blockiert werden.
Auf einer Linie mit der der Europäischen Kommission haben wir deshalb, wie ich finde, ein sehr innovatives Konzept entwickelt, nämlich das Institut der mutmaßlich erlaubten Nutzungen. Wie soll das aussehen? Geringfügige Nutzungen fremder Werke dürfen die Plattformen nicht vorsorglich schon blockieren. Diese Inhalte müssen zuerst einmal ins Netz gehen. Das Gleiche gilt für Inhalte, die von Nutzerinnen und Nutzern beim Hochladen als erlaubt gekennzeichnet werden. Ich finde, das ist eine ausgewogene Lösung, die zwischen diesen unterschiedlichen Positionen die Balance hält und auch in Europa auf großes Interesse stößt.
Darüber hinaus enthält unser Entwurf noch weitere wichtige Regelungen. Dazu gehört, dass Urheberinnen und Urheber in Zukunft einen Direktvergütungsanspruch gegen- über den Plattformen erhalten. Ein Direktvergütungsanspruch! Das bedeutet, es darf nicht sein, dass ausgerechnet die Kreativen – wir haben in der Debatte davor gehört, wie angespannt die Situation dort ist – auf der Strecke bleiben, wenn die Verwertungs- ketten lang und kompliziert sind. Gerade bei digitalen Verwertungen ist das extrem der Fall.
Darüber hinaus passen wir noch das Urhebervertragsrecht an. Wir sorgen da nämlich für mehr Transparenz, mehr Fairness und bessere Rechtsdurchsetzung, und wir stär- ken den urheberrechtlichen Schutz der Presseverlage. Wir erleichtern den Zugriff auf vergriffene Bücher, und wir stellen sicher, dass die Verwertungsgesellschaft WORT fortbestehen kann.
Es ist höchste Zeit, dass wir unser Urheberrecht an die veränderten technologischen und ökonomischen Rahmenbedingungen anpassen. Ich sage es ganz offen: Manche unserer Regelungen stammen noch aus der Steinzeit des Internets. – Mit diesem Ent- wurf haben wir jetzt ein Update vorgelegt, einen fairen Kompromiss. Ich freue mich auf konstruktive, auf spannende Diskussionen, die sicherlich anstehen werden.
Vielen Dank.