„ … Der Dialog Beckmanns mit dem anonymen Oberst in „ Draußen vor der Tür “, … . In diesem Dialog wird Rechenschaft gefordert, Rechenschaft nur für elf, elf Väter, elf Söhne, Brüder, elf von vielen Millionen – aber Beckmann bekommt keine Antwort, die Last bleibt auf ihm, … Stalingrad, Thermopylä, Dien-Bien-Phu … ein Ortsname bleibt und ein wenig Pathos, an dem sich die Überlebenden betrinken wie an schlechtem Wein. … “
Nachwort von Heinrich Böll / Wolfgang Borchert; Draußen vor der Tür
sterbende Karamojong, Uganda, 10.14
copyright: Wolf Böwig/Agentur Focus
Die Landeskirche vergibt den mit 10.000 Euro dotierten Kulturpreis nach 2010 und 2013 zum dritten Mal. Ihr Anliegen ist es, den Dialog zwischen der zeitgenössischen Kunst und der evangelischen Kirche zu fördern und zu intensivieren. „Der Kulturpreis möchte Kunst- und Kulturschaffende fördern und würdigen sowie eigenständige Werke wahrnehmen, die zur Auseinandersetzung mit der protestantischen Tradition anregen und diese herausfordern“, sagt Pastor Dr. Matthias Surall, Beauftragter für Kunst und Kultur im Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche.
Die Jurysprecherin, Dr. Katharina Henkel, kommissarische wissenschaftliche Direktorin der Kunsthalle Emden, erläutert: „Mit dem Kulturförderpreis wollen wir junge Künstlerinnen und Künstler für ihr zukünftiges Schaffen und Wirken ermutigen“.
Laut der Jury hat man sich für die Vergabe an Wolf Böwig entschieden, weil er anders als viele seiner Kollegen nicht nur durch seine künstlerische Leistung sondern sich auch durch sein Engagement für sein Tun für diesen Preis empfiehlt.Seit 30 Jahren bereist Böwig Orte nicht nur einmalig oder gar ausschließlich im Rahmen von Aufträgen. Er besucht die von ihm porträtierten Personen und festgehaltenen Orte vom Horn von Afrika über den Balkan bis nach Indonesien mehrfach, nimmt auf diese Weise Anteil an ihrem weiteren Schicksal und dokumentiert es immer wieder.
Morie vor einem der Massengräber in Bendu Malen; 1997 wurden hier bei einem Massaker mehr als 1200 Menschen abgeschlachtet. Er ist der einzige Überlebende seines Dorfes.
Sierra Leone, 2003
copyright: Wolf Böwig/Agentur Focus
Mit der Preisvergabe würdigt die Jury Wolf Böwig, weil seine Arbeiten zu einer tiefergehenden Auseinandersetzung insbesondere mit den Themen von Krieg, Gewalt und Flucht anregen, keine Distanz schaffen, sondern vielmehr zu Nähe zwingen. Mit Blick auf die gegenwärtige politische Diskussion hebt die Jury die Bedeutung seiner Arbeit folgendermaßen hervor: Während die gesellschaftliche Diskussion oftmals an den Folgen von kriegerischen Auseinandersetzungen und Fluchtbewegungen hängenbleibt, gelingt es Böwig, deren Ursachen ins Bild zu setzen und die Geschichten der davon getroffenen Menschen zugleich fotografisch zu erzählen. Böwigs Fotografien heben sich auch deshalb von anderer Dokumentarfotografie ab, weil er die Ergebnisse seiner Arbeit anschließend oft zu Collage ähnlichen Kunstwerken zusammenstellt. Seine Fotografien werden dafür übermalt, verfremdet oder mit Texten ergänzt, wodurch unikatäre ausgefeilte ästhetische Kompositionen geschaffen werden. Darüber hinaus beeindruckt die Jury sein über das Fotoprojekt hinausgehendes persönliches Engagement und sein weiterführendes empathisches Interesse an menschlichen Schicksalen.