Fatih Kurceren hat für seinen Bildzyklus meist Nachgeborene – wie man in Anspielung an eine Generation der 1980er Jahre sagen könnte – mit seiner großen, bewusst auffälligen Mittelformat-Kamera ins Visier genommen. Stefanie Carb, Intendantin der Ruhrtriennale für die Jahre 2018 bis 2020, berichtet dazu in ihrem das Buch abschließenden Essay, dasssich der Fotograf nie unvorbereitet an Orte oder in einen sozialen Kontext begeben hat: Die Orte hat er zunächst erkundet und mit den Menschen ist er vorher in Kontakt getreten. „Die Bilder entstanden ganz uneitel gemeinsam, aus einer miteinander verbrachten Zeit. Keine Schnappschüsse, kein „hit and run“, sie sind Episoden einer gemeinsamen Situation.“
Mit seiner durchgehend extrem farbigen Bildserie nimmt der Fotograf in seinem im Verlag Wasmuth & Zohlen, Berlin, erschienenen Buch „Pithead“ das Ruhrgebiet als eine Region wahr, in der sich im Laufe der Jahre Identitäten und festgefügte soziale Strukturen nach und nach aufgelöst haben und weiterhin auflösen. Die Orte befinden sich in einem grundlegenden Wandel – es sind Orte mit einer ungewissen Zukunft oder sogar bereits verwaist. Häufig bewegen sich die Menschen, die Kurceren getroffen hat, an den Rändern der Gesellschaft: Die Kultur der Arbeiter aus dem Bergbau und der Schwerindustrie wurde nach und nach durch jene von Einwanderern auch aus fernen Erdteilen ersetzt. Deren diffuse Zukunft ist geprägt von ihrem Migrationshintergrund, einer ungesicherten Umgebung, wenig Ausbildung.
Entstanden sind befremdliche, auch zärtliche Farbfotografien wilder und verletzlicher, entschlossener, überwiegend junger Menschen.
H.-G. v. Zydowitz
Fatih Kurceren
Pithead
Nachwort: Stefanie Carb
Text: Deutsch / Englisch
144 Seiten mit 66 farbigen Abbildungen
Format: 20×22 cm, Broschur
Berlin, Wasmuth & Zohlen Verlag
ISBN: 978-38030-3409-0;
Preis 28 Euro
