Beide, der deutsche Fotograf Peter Lindbergh, der eigentlich Maler werden wollte, und der tunesische Modeschöpfer Azzadine Alaïa, der ursprünglich der Bildhauerei zuneigte, trafen sich trotz ihrer geografisch unterschiedlichen Herkunft eher zufällig in Paris, wo sie fortan ähnliche Ziele verfolgten. Dies belegen die Aussagen„So verrückt es klingen mag, ich finde Schwarz und Weiß oft authentischer als Farben, vor allem Porträts wirken durch die Reduzierung intensiver“von Peter Lindbergh, wie auch „Schwarz ist für mich die wichtigste Farbe. Damit fange ich immer an, wenn ich etwas entwerfe, denn das lässt die Silhouette besser hervortreten“ von Azzedine Alaïa.
Azzedine Alaïa & Linda Spierings, Le Touquet, 1986
© Peter Lindbergh (courtesy Peter Lindbergh Foundation, Paris)
Azzedine Alaïa & Tina Turner,
Paris, 1989
© Peter Lindbergh (courtesy Peter Lindbergh Foundation, Paris)
Letztlich lehnten beideKünstlichkeit, die vom wirklichen Thema ablenkt, ab. „Beide bewegten sich bei ihrer Arbeit eher unauffällig um die Models herum, der eine, um spontane Fotos zu machen, der andere, um den Schnitt zu verbessern, um genau die richtige Falte oder Rundung zu finden, die einer bestimmten Körperform, Ausstrahlung oder Persönlichkeit entsprach“, stellt Fabrice Hergott, der Direktor des Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, in seinem Textbeitrag fest.
Peter Lindbergh, Kristen McMenamy & Azzedine Alaïa,
Paris, 1995
(courtesy Peter Lindbergh Foundation, Paris)
Maria Johnson, Paris, 1983
Ähnliche Inspiration und ästhetische Prinzipien sind denn auch in fast all den Arbeiten von Lindbergh und Alaïa zu finden: Ein Strand in Le Touquet oder die alten Stadtviertel in Paris verweisen auf ihre gemeinsame Liebe zum Schwarzweiß-Film und zu weiten Panoramen. Für den einen ist die Kulisse eines Maschinenraums Erinnerung an eine deutsche Industrielandschaft, für den anderen verweist sie auf seine große Leidenschaft für funktionales Design und Architektur. Im erotischen Wechselspiel von Verhüllen und Entblößen modellierte Alaïaden weiblichen Körper wie ein Bildhauer, während Lindbergh ihn zum Leuchten brachte, indem er die Seele und Persönlichkeit der Models festhielt. Die Fotografien sind oftmals garniert mit Bemerkungen über die gegenseitige Hochachtung oder auch mit deren Statements über die Stärke der Frauen, die Mode und die Schwarzweiß-Fotografie. Über die Gemeinsamkeiten der beiden Künstler äußern sich auch der Modehistoriker Olivier Saillard und der Fotograf Paolo Roversi in ihren Essays.
Marie-Sophie Wilson, Paris, 1988
© Peter Lindbergh (courtesy Peter Lindbergh Foundation, Paris)
Der im Taschen Verlag, Köln, erschienene Bildband „Peter Lindbergh/ Azzedine Alaïa“ dokumentiert den einzigartigen Dialog zweier Künstler, die sich in einer außergewöhnlichen Geistesverwandtschaft und Partnerschaft nahestanden. Er ist zugleich Zeugnis ihrer stilbildenden Beiträge zur Geschichte der Fotografie und der Mode.
H.-G. v. Zydowitz
Peter Lindbergh
Azzedine Alaïa
Beiträge von Fabrice Hergott, Paolo Roversiund Olivier Saillard
Texte: Englisch, Deutsch, Französisch
240 Seiten
Format: 25×33 cm, Hardcover
Köln, Taschen Verlag
ISBN: 978-3-8365-8655-9;
Preis 60 Euro