Fotografiert mit FE 3,5-5,6/28-70 mm OSS, Verschlusszeit 1/60 s,
Blende 1:3,5 Brennweite 28 mm, ISO 250.
Angekündigt hatte Sony die Alpha 7RII als die neue Nummer eins in der Reihe der Alpha-Kameras – und sie scheint es mit großem Abstand auch zu sein. Sie ist das erste ernstzunehmende Profimodell unter den spiegellosen Kameras mit Vollformatsensor. Wir hatten Gelegenheit, uns mit einem Serienmodell einen ersten Eindruck von der Leistung der Kamera zu machen.
Mit einem flächendeckenden Verkaufsstart in Deutschland begleitet von Händlerschulungen und PR-Aktionen für Fachjournalisten hat der angeschlagene Elektronik-Konzern Sony jetzt die im Juni angekündigte Sony Alpha 7RII auf den Markt gebracht. Während ausgewählte Fachjournalisten in Berlin unter optimalen Aufnahmebedingungen am Boxring die Kamera probeweise in die Hand nehmen konnten, haben wir uns ein Serienmodell aus dem Regal des Profibetreuers Isarfoto/Bothe in Icking ausgeliehen, um zu sehen, ob die Kamera, mit der Sony augenblicklich den mit Absatzproblemen kämpfenden Kameramarkt flutet, die Versprechungen hält, die das Datenblatt verspricht.
Die bisher dem Mittelformat und Canon vorbehaltene Auflösung von über 40 Megapixeln sind natürlich ein Kriterium, das jedem ins Auge springt und das natürlich auch Fragen aufwirft: Gibt es ausreichend Objektive, mit denen sich diese Leistung auf den Sensor bringen lässt? Wie wirkt sich die große Datenmenge auf Geschwindigkeit, den Speicherbedarf und die sonstigen Hardwareanforderungen im Workflow aus? Welche Zusatzinvestitionen sind nötig? Wird der Vorzug des Vollformats nicht auf Kosten übergroßer, schwerer Objektive erkauft? Das alles sind Fragen, die wir in den knapp 48 Stunden, die uns die Kamera zur Verfügung stand noch nicht beantworten können und auf die wir in einen späteren Bericht zurückkommen werden. Hier aber einige Kommentare über unseren Ersteindruck:
Selbst feinste Strukturen und Farbtonabstufungen schafft
der neue 42,4 MPix-Sensor von Sony (Bild oben Original, unten Ausschnitt).
In Bezug auf die Geschwindigkeit kann das Sony Flaggschiff mit den 16 oder 20 Megapixel-Modellen des Wettbewerbs nicht mithalten. Fünf Bilder pro Sekunde sind in der Sport-, Action- und Tierfotografie meist zu wenig. Ebenso reicht das für einige Segmente der Modefotografie nicht aus. Auch mit dem enorm hohen Empfindlichkeitsbereich und Belichtungsspielraum konnte uns die Kamera nicht überzeugen. Vielleicht haben wir etwas falsch gemacht aber bereits ab ISO 400 zeigten unsere Aufnahmen, wenn auch nur ein leichtes so doch erkennbares Rauschen. Nicht besonders störend aber doch sichtbar. Wir hatten für unseren Test leider keines der Zeiss Batis Objektive zur Verfügung, sondern konnten ausschließlich mit dem Sony FE 3,5-5,6 28 – 70 mm OSS fotografieren. Dabei überraschten uns Schnelligkeit und Präzision der AF-Steuerung. Dazu tragen mit Sicherheit die 399 über das Vollformat verteilten Messfelder für den Phasen-AF und 25 Kontrastmessfelder das Ihre bei. Praktisch empfanden wir die Möglichkeit der Lupenfunktion für die manuelle Scharfstellung, bei der auch die klaren hellen Displays von Sucher und Monitor eine große Hilfe sind.
Das Highlight der Kamera ist auf jeden Fall der neue Sensor der Kamera, dessen 42,4 Megapixel im Kleinbildformat mit speziellen Linsen versehen sind, um so das einfallende Licht effektiver auffangen zu können. Der Sensor wurde auf der Oberfläche zudem mit einer speziellen Glasversiegelung versehen, die ihn laut Sony befähigt deutlich mehr Licht aufzunehmen. Das führte bei unseren Tests zu ausgezeichneten Ergebnissen, wobei wir die von Sony in der Pressemitteilung gewählte Formulierung von hoch auflösenden Bildern mit „unerreichtem Dynamik-Umfang und nur geringem Rauschen auch bei hohen ISO Stufen“ aufgrund unserer eigenen Fotos mit einem Serienmodell als weniger zutreffend empfanden. Bei unseren Tests wurde, wie gesagt, bereits bei ISO 400 Rauschen sichtbar. Sony selbst gibt einen maximalen Empfindlichkeitsbereich von ISO 50 bis ISO 102.400 an. Wir haben für unsere Testaufnahmen ISO Werte zwischen 64 und 2.500 gewählt, die je nach Kontrast und Belichtungszeit in der Qualität variierten. Beste Ergebnisse zeigte die Kamera bei professioneller Ausleuchtung, weshalb wir sie auch eher in der Studiofotografie mit ausreichend Licht und hohen Ansprüchen an Farbe und Detailwiedergabe verorten möchten. Auch fehlen ihr die von Topmodellen anderer Hersteller inzwischen immer öfter realisierte Wetterfestigkeit und der Staubschutz. Auch die dem Wegfall des Spiegels zu verdankende kompakte Bauform wird durch die Größe der erforderlichen Vollformatobjektive wieder etwas relativiert.
FE 28-70mm F3.5-5.6 OSS: Bild oben Original, unten Ausschnitt.
Der wahre Vorteil des Kleinbildsensors zeigt sich unserer Meinung nach vor allem in der wirklich überzeugenden Farb- und Detailwiedergabe bei professionell ausgeleuchteten Motiven, wie sie beispielsweise auch die vielen, von Sony in das Berliner Boxstudio eingeladenen Kollegen, dort fotografiert haben und deren bereits im Netz hier und da veröffentlichten Ergebnisse durchaus überzeugen. Mehr davon werden wir in den kommenden Printausgaben der einschlägigen Fachmagazine bewundern können. Wir haben uns statt auf martialische Faustkämpfe auf die Münchner Allianz Arena bei und nach Sonnenuntergang sowie auf das Abbilden von Textilien sowie von Obst und Gemüse verlegt.
Um es vorweg zu nehmen: Trotz der Beschränkung auf das eine 1: 3,5-5,6/28 bis 70 mm OSS Standardzoom waren wir von der Handhabung der Kamera und ihren Ergebnissen sehr angetan und vor allem in Hinblick auf Detail- und Farbgenauigkeit auch begeistert. Doch bevor wir zur Bewertung der Bildqualität kommen noch ein kurzer Hinweis auf die Handhabung und Ausstattung der Kamera: Auf den ersten Blick vermittelt sie das Gefühl, sie sei einem längst vertraut. Sie liegt ausgezeichnet und ausgewogen in der Hand und lässt sich trotz der Kompaktheit auch von Menschen mit großen Händen gut bedienen. Die Bedienelemente sind logisch und gut greifbar angeordnet. Der elektronische Sucher ist exzellent und auch von Brillenträger bestens zu überblicken. Bei dieser Bildqualität braucht wohl niemand mehr einen optischen Sucher. Die verschiedenen Anzeigemodi erlauben es einem, die Aufnahme- und Wiedergabeinformationen ganz nach eigenen Bedürfnissen zu wählen.
Der 42,4 MPix sensor der Sony Alpha 7RII gibt Details Farben und Strukturen perfekt wieder. Ausschnitte aus diesem Bild finden Sie weiter unten.
Die Effektivität der allseits gelobten 5-Achsen-Bildstabilisation haben wir bei den meist statischen Motiven, die wir gewählt haben, nicht wirklich beurteilen können. Außerdem entstand die Mehrzahl der hier gezeigten Aufnahmen mit Stativeinsatz. Was die hohe Auflösung von 42, 4 Megapixeln tatsächlich bringt, zeigen unsere Textilaufnahmen von einem Seidenschal und den Krawatten, wo trotz gleichmäßiger Strukturen nicht der geringste Anflug von Moiré zu entdecken ist. Die Vergrößerungsfähigkeit von hochauflösenden Aufnahmen zeigen die Ausschnitte aus dem Foto mit den Früchten, die wir aus einer Übersichtsaufnahme herausvergrößert haben.
Fazit: Dem ersten Eindruck nach ist die neue Alpha 7RII von Sony eine durchaus professionelle Vollformatkamera für höchste Ansprüche an die Bildqualität mit spezieller Eignung für das Studio. Sie ist hervorragend geeignet für hochauflösende Modefotos, wenn dafür nicht allzu schnelle Bildserien notwendig sind. Die Kamera überrascht immer wieder mit neuen Funktionen, von denen wir nur einen Bruchteil ausprobiert und hier beschrieben haben. Nur um einige der wichtigsten davon noch zu erwähnen: Die Sony Sony Alpha 7RII bietet 4 K Video, eine Stummschaltung und die Objektivschnittstelle ermöglicht auch die Übertragung der AF-Informationen an Objektive, die mit speziellen Adaptern angeschlossen werden. Besonders interessant scheint hier die Möglichkeit der Verwendung von Canon EF-Objektive per Metabone Adapter zu sein.
Was häufig moniert wurde, ist der Preis von ca. 3.500 Euro nur für das Gehäuse. Das ist zweifellos viel Geld, aber wer Mercedes fahren möchte, der kann nicht erwarten, ihn zum Preis eines Volkswagens zu bekommen.
Teil II unserer Erfahrungen folgt in Kürze.
Ausschnitte aus dem Übersichtsbild weiter oben.