Der Verleger, Autor und Kurtor Klaus Tiedge wollte mithilfe der Fotografie Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für den Erhalt einer intakten Umwelt schaffen und den Betrachtern neue Ufer und Wege vermitteln. Mit dem Zingster Umweltfotofestival „hrizonte zingst“ ist er konsequent einen neuen Weg gegangen: den „Zingster Weg“, wie er selbst immer wieder betonte. Klaus war ein Multitalent, das sich nicht in die akademische Deutung von Fotografie verstieg, sondern ihre geballte Anziehungskraft auf eine breite Öffentlichkeit für den Umweltschutz nutzte und gleichzeitig dem Touristenziel Zingst, dem Realisator der „horizonte zingst“ großes Ansehen verschaffte. Er holte die Fotokunst aus dem Museum und brachte Sie für jeden sichtbar in großformatigen Installationen auf die Straße, damit sie nicht nur mahnend wirkt, sondern auch durch die Schönheit der Bilder zur Wahrung der Natur aufforderte.
Klaus Tiedge auf der Großleinwand während des Umweltfotofestivals
“ horizonte zingst“ am 1. Juni 2016.
Kaum ein Kurator hatte diesen einzigaritgen Spagat zwischen großer Fotokunst und der Amateurfotografie so gut beherrscht wie Klaus Tiedge, der bei einer seiner vielen Eröffnungsreden für die „horizonte zingst“ zur Beschreibung der Fotografie den Vergleich mit einem großen Haus zog, das viele Zimmer habe und in denen jeweils eine andere Facette dieses großartigen Mediums zuhause wäre. Klaus war ein glänzender Formulierer, wobei ihm seine langjährige seine Vergangenheit in der Werbung und Pressearbeit bei Agfa, einem damals weltweit operierenden Chemie-Konzerns, zugute kam. Er beherrschte es perfekt, komplexe Zusammenhänge mit einem Satz auf den Punkt zu bringen und wenn er es sich auch leistete, in oder neben der traditionell von ihm selbst kuratierten, alljährlichen „One World“ Ausstellung gewagte Aktfotografie zu zeigen, so kommentierte er die Kritik lakonisch: „Bei uns findet die Natur nicht nur draußen sondern manchmal auch nackt auf dem Sofa statt“.
Aber Klaus hatte auch Ecken und Kanten und seine Scharfzüngigkeit und sein manchmal beißender Humor ließen ihn auch immer wieder anecken. Wenn es um die Sache der Fotografie ging, kannte er keine Kompromisse. Diese ging er jedoch ohne zu zögern ein, wenn er darin die Möglichkeit erkannte, ihr ein noch größeres Publikum zu verschaffen.
Klaus Tiedge bei der Eröffnung des Umweltfotofestivals
„horizonte zingst“ 2016.
Sein „Handwerk“ hat Klaus Tiedge an der „Graphischen“ gelernt. Gemeint ist die Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, eine berufsbildende höhere Schule für Berufe der visuellen Kommunikation und Medientechnik. Dort wurde wohl auch der Grundstein für seine Begeisterung für Perfektion bei der Präsentation von Fotos gelegt, die dazu führte, dass Fotografen es als eine große Auszeichnung empfanden, von ihm kuratiert zu werden. Ich hatte selbst einmal die Ehre, meine Edition „memories-reloaded fotos unterm regenbogen“ von ihm als Petersburger Hängung an der Wall of Fame im Zingster Max Hünten Haus kuratiert zu bekommen. Er selbst hielt die Laudatio, womit ihn der damalige Leiter und Vater der „horizonte zingst“, Peter Krüger, beauftragt hatte. Akribisch hatte er die Porträts von Stars und Sternchen zu einem eindrucksvollem Mosaik zusammengestellt Sie hat mich erfahren lassen, welcher Sorgfalt es bedarf, fotografische Arbeiten angemessen zu präsentieren.
Klaus hasste es, wenn Fotografen oder Fotografinnen selbst schlampig mit ihren Werken umgingen. Er sah dieses Verhalten immer als einen Verrat an der Bedeutung ihrer Aufgabe an oder er schloss daraus, dass die diese sie selbst nicht ernst nahmen.
Klaus Tiedge mit der Fotografin Herlinde Kölbl vor einem ihrer Bilder
in seiner „One World“ Ausstellung 2019.
Umgekehrt war für ihn das Bild und seine Aussage immer wichtiger als die Originalität oder Seltenheit eines Unikats. Für Zingst gründete er eine Partnerschaft mit Epson, deren Ziel es bis heute ist, keine Originale durch die Welt schippern zu müssen, sondern die Bilder Vorort in der Form auszudrucken, wie sie am besten zur Geltung kommen. Die Umwelt zu schonen und Transporte und Verpackungen zu vermeiden, waren das Ziel.
Dieses Ziel verfolgte Klaus bereits bei der Herstellungs seiner über Jahre als Kultmagazin gehandelten Zeitschrift „Designers Digst“, an der ich viele Jahre mit ihm zusammengearbeitet habe. Dort war er einer der erste, der für die Herstellung die Digitaltechnik nutzte, um Layout und Satz umweltfreundlicher erledigen zu können.
Klaus wird der Fotowelt und auch als Kämpfer für die Umwelt fehlen!
Heiner Henninges