Foto Insa Hagemann
Professor Rolf Nobel, Festivalleiter
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Engagierter Fotojournalismus verliert in den Medien mehr und mehr seine angestammte Bühne. Die Macht großartig gestalteter Bilder als Spiegel und Korrektiv gesellschaftlichen Handelns ist zwar weiter ungebrochen, doch der Platz für die angemessene Präsentation großartiger Fotos, die einzeln oder als Reportage den aktuellen Zustand unserer Erde dokumentieren schrumpft. Um das Engagement aber auch die Bedeutung vor allem junger Fotojournalisten für die Dokumentation des gesellschaftlichen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, hat die Fachhochschule Hannover unter der Leitung von Professor Rolf Nobel das Festival für jungen Bildjournalismus ins Leben gerufen und will schon beim zweiten Anlauf in diesem Jahr damit den Sprung ins Guinness Buch der Rekorde schaffen. Wir sprachen mit dem Initiator Professor Rolf Nobel darüber, wie er das schaffen will.
Foto Mumen Wasif
Herr Professor Nobel, was macht sie so zuversichtlich, schon mit dem 2. Lumix Festival für jungen Fotojournalismus die Aufnahme ins Guinness Buch der Rekorde zu erreichen und sich als das größte Fotofestival seiner Art in Deutschland zu etablieren?
Wir wollen das größte Fotofestival für jungen Fotojournalismus damit werden, indem wir ein sehr attraktives Ausstellungsprogramm anbieten, wie es in der Form in Deutschland noch nicht zu sehen ist. Das Ganze findet in unglaublich tollen Ausstellungsräumen, nämlich auf dem Gelände und in den Pavillons der Weltausstellung in einer außergewöhnlichen Architektur statt, wie sie wohl kaum jemand sonst zu bieten hat. Alle diese zum Teil futuristischen Bauten finden sich alle kompakt auf einem Gelände, die der Besucher auf kurzen Fußwegen erreichen kann, so dass wir praktisch für die vier Tage ein Zentrum der Fotografie etablieren können.
Doch wo ist hier die Chance für den Weltrekord zur Aufnahme ins Guinness Buch der Rekorde?
Das wollen wir mit der längsten Fotogalerie der Welt versuchen, die wir im Skywalk, dem Übergang vom Messe-Bahnhof Hannover zum Ausstellungsgelände mit jeweils 450 Metern Seitenlänge rechts und links einrichten werden.
Die äußeren Bedingungen allein machen allerdings noch kein großartiges Fotofestival. Welche Inhalte werden Sie in Hannover präsentieren?
Wir wollen zeigen, dass die Unkenrufe vom langsamen Tod des Fotojournalismus absoluter Blödsinn sind. Fotojournalismus ist so lebendig, wie er noch niemals gewesen ist. Wenn man betrachtet, was junge Fotografen auf der ganzen Welt heute fotografieren, dann stößt man auf großartige Fotos, die fantastische Geschichten erzählen und unser Leben in allen Facetten dokumentieren. Mit diesen Bildern wollen wir zeigen, welche große gesellschaftliche Bedeutung der Fotojournalismus gerade heute hat. Die Fotografie ist – wie es Susan Sonntag einmal beschrieben hat – das soziale Gewissen der Menschheit. Und das wollen wir auf diesem Festival auch zeigen.
Wie wollen Sie für diese ehrgeizigen Pläne eine große Öffentlichkeit finden und begeistern?
Wir haben das Glück gehabt, dass schon unser erstes Lumix Festival 2008 schon ein Riesenerfolg war und uns die Medien deswegen sehr wohl gesonnen sind. Wir wollen dabei nicht nur die Branchenmedien ansprechen, sondern auch die breite Landschaft der Publikumspresse. Wir werden versuchen deutlich zu machen, dass es sich hier um ein Ereignis handelt, dass über die Branche hinaus von Bedeutung ist und beispielsweise es wert ist, auch im Feuilleton Beachtet zu werden. Wir haben selbst breite Werbemaßnahmen unternommen.
Foto Julie Glasberg
Fotojournalismus ist ja eine globale Angelegenheit. Wie interessant ist denn das Festival für internationale Aussteller und Besucher?
Als wir vor zwei Jahren angefangen haben, haben wir alle Schulen, alle Organisationen, alle Zeitschriften weltweit recherchiert, die sich irgendwie mit Fotografie beschäftigen. Mit diesen Adressen haben wir einen internationalen Verteiler aufgebaut. Diese Adressen haben wir von Anfang an mit allen Informationen und Newslettern sowie Plakaten des Festivals versorgt. Das hat sich schlagartig durch den Erfolg des ersten Festivals und die durch Besucher weiter verbreitet, so dass wir heute einen riesengroßen internationalen Verteiler haben. Wie erfolgreich diese Arbeit ist, drückt sich auch an den Bewerberzahlen aus. Hatten wir 2008 noch Bewerber aus 21 ländern, so stieg die Zahl in diesem Jahr auf 72 Bewerber aus der ganzen Welt. Wir konnten die Bewerberzahlen von etwa 450 auf 1500 steigern.
Wie wichtig sind Sponsoren für das Festival?
Sponsoren sind lebenswichtig. Ohne sie kann man so etwas nicht auf die Beine stellen. Auch wenn wir an unserer Hochschule ein ungewöhnlich aktive, begeisterte Studentenschaft haben, die vieles in Eigenleistung erbracht hat. Wir haben zum Beispiel 200 Meter beidseitig bespielbare, freistehende Ausstellungswände gebaut. Dazu hat allein das Holz 20.000 Euro gekostet. Zwei Tieflader haben das geliefert. Dreizehn Tischlerschritte waren nötig um so eine 63 Kilo schwere Wand fertig zustellen, die obendrein höhenverstellbar ist. Das alles wäre ohne das Engagement der Studenten nicht machbar gewesen.
Glücklicherweise haben wir Studenten, die sowohl Malern als auch Tischlern können und wiederum andere angeleitet haben. Wir haben in unserer Werkstatt einen hervorragenden Tischlermeister, der unserer Studienrichtung sehr positiv gegenüber steht. , der sich praktisch ein Bein ausgerissen hat, das alles zu ermöglichen. Er hat beispielsweise das ganze Ausstellungssystem entwickelt. Doch selbst dann geht es nicht ohne Sponsoring. Wir sind glücklich darüber, dass wir seit ein paar Jahren eine so gute Zusammenarbeit mit Panasonic haben. Panasonic hat die Philosophie, etwas von dem, was das Unternehmen der Fotografie verdankt, zur Förderung einer neuen Kultur dieses Mediums zurückzugeben. Ich finde, dass alle Fotokonzerne auch eine Verantwortung der Fotografie gegenüber und die Verpflichtung etwas von ihrem Verdienst an der Fotografie in die Fotografie zurückfließen zu lassen.
Nun sind die Produkte von Panasonic bisher nicht gerade die erste Wahl von professionell arbeitenden Fotojournalisten?
Das ist vollkommen richtig. Man kann die Lumix Kameras sicherlich in einigen Bereichen der professionellen Fotografie nutzen, zum Beispiel wegen ihrer Unauffälligkeit in der Street Photography weil sie sehr klein sind, weil man mit ihnen sehr defensiv arbeiten kann. Auch Features wie das schwenkbare Display oder die Gesichtserkennung lassen sich gerade dafür gut einsetzen. In Kombination mit dem ebenfalls extrem kleinen und hochlichtstarken Pancake Objektiv lässt sich mit diesen Kameras besonders unauffällig arbeiten. Wenn ich da mit einer Vollformatkamera anrücke, wirkt das im Vergleich schon wie ein Anschlag mit einer Waffe. In der Street Photography geht man sehr nah ran an die Leute – mit so einem Trümmerteil in der Hand erschrickt man die ja. Was ich damit sagen will, ist, dass man diese Kameras durchaus auch in einigen professionellen Bereichen einsetzen kann. Die Professionalität der Panasonic Kameras war für uns nur zweitrangig. Wichtiger für uns war die Absicht von Panasonic, etwas für die Fotokultur tun zu wollen.
Ohne solche Unterstützung, wie wir sie auch von unserem zweiten großen Sponsor der niedersächsischen Versicherung VGA gekommen und den vielen kleineren Sponsoren wie das Land Niedersachsen oder die Stadt Hannover wäre dieses Festival dieser Größenordnung nicht zu stemmen.
Sie haben gesagt, dass einige Ihrer Studenten bereits andere Fertigkeiten besitzen bzw. einen anderen Beruf gelernt haben, bevor sie sich für das Fotostudium bewerben. Wie qualifiziert man sich für dieses Studium?
Natürlich muss man nicht Tischler oder Maler gelernt haben, um bei uns studieren zu können. Als Fotojournalist stelle ich allen Leuten meine Sicht auf die Welt dar. Um diese Sicht zu haben oder überhaupt so eine Sicht entwickeln zu können, bedarf es einer gewissen persönlichen Reife. Die hat der eine schon mit 18, wenn er von der Schule kommt, andere haben vielleicht erst einmal fünf Jahre gejobbt oder sind um die Welt gereist, haben in anderen Ländern gearbeitet und haben sich so ihre reifere Weltsicht erworben. Aber die es die Voraussetzung, sich für dieses Studium zu bewerben. Das versuchen wir in den Vorgesprächen mit den Bewerbern auch herauszufinden.
Engt die Studienrichtung Fotojournalismus die fotografische Ausbildung nicht ein?
Wir sind ja eingebunden in eine Fakultät zu der Innenarchitektur, Modedesign, Bühnenbild, Sceendesign, Produktdesign und Multimedia gehören. Da passiert es immer wieder, dass für das andere Fach, etwa für ein Modediplom fotografiert werden muss. Da ergeben sich natürlich Gelegenheiten, sich dort auszuprobieren. Wir widmen dem aber keine große Aufmerksamkeit in der Lehre. Manchmal gibt es auch übergreifende Kooperationen. Das ist aber kein fester Bestandteil unserer Ausbildung. Wir sind fokussiert auf das Heranziehen von Fotojournalisten. Meine Überzeugung ist: Bilde den optimalen Fotojournalisten aus. Wenn er das ist, schafft er es auch, andere Richtungen zu adaptieren und andere fotografische Aufgaben zu erfüllen. Unser Ziel ist es, Fotografen auszubilden, die in der Lage sind, das Leben in seiner gesamten Breite zu dokumentieren. Fotos von Fotografen, die das in herausragender Qualität realisiert haben, werden wir auf dem 2. Lumix Festival in Hannover präsentieren, um damit auch unsere eigenen Studenten zu animieren, aber auch die Besucher zu begeistern und ihnen die Macht der Bilder sowie die Bedeutung des Fotojournalismus näher zu bringen.
Herr Professor Nobel, Danke für dieses Gespräch.