Hans Bresler: Proletarierin liest die Zeitschrift „Der Arbeiter-Fotograf“
(Schwägerin des Fotografen), 1928.
Deutsche Fotothek Dresden.
Copyright: Deutsche Fotothek / Hans Bresler
Dabei währte diese Ära nur 14 Jahre. Doch waren die ereignisreichen Jahre zwischen 1918 und 1933 entscheidend für die Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, im Positiven wie im Negativen: 14 Jahre voller Gegensätze in Politik, Gesellschaft, Kunst und Technik. Wie kaum ein anderes Medium hat die Fotografie das Gesicht dieser Epoche geprägt. Beflügelt durch die Neuerungen in Kamera-, Film- und Drucktechnik, aber auch angeregt durch das Bauhaus und die Idee eines „Neuen Sehens“ wurden die Fotografinnen und Fotografen experimentierfreudig wie nie zuvor. Mit der Kamera blickten sie steil nach oben oder senkrecht nach unten, aus fahrenden Autos heraus oder in vielfach spiegelnde Fensterscheiben hinein. Der Bauhauslehrer László Moholy-Nagy prophezeite 1927, dass Fotografie schon bald ein Unterrichtsfach „wie heute das abc oder einmaleins“ sein werde und der „fotografieunkundige der analphabet der zukunft“ sei.
Hans Bresler: Arbeiterfotografen der Freitaler Gruppe.
Werbung für die Fotoausstellung in der „Alten Post“ Freital, 1929.
Deutsche Fotothek Dresden.
Copyright: Deutsche Fotothek / Hans Bresler
Albert Renger-Patzsch: Brasilianischer Melonenbaum, 1920er Jahre.
LVR-LandesMuseum Bonn.
Copyright: Albert Renger-Patzsch/Archiv Ann und Jürgen Wilde, Zülpich/VG Bild-Kunst, Bonn 2019.
Fotografie und Text verbanden sich zur modernen Reportage. Mit der Ermanox und ihrem lichtstarken Objektiv, ab 1925 mit der ‚Kleinfilmkamera‘ Leica wurden Presse-Fotografen wie Erich Salomon und Friedrich Seidenstücker zu Stars. Die ‚Berliner Illustrirte Zeitung‘ war mit zwei Millionen Exemplaren die auflagenstärkste Wochenzeitung der Welt. In 400 teils unveröffentlichten Fotografien aus der Weimarer Republik wirft der Bildband, angelehnt an die Dauer dieser Epoche eingeteilt in 14 jeweils mit einem kurzen Text eingeleitete Themen, unter anderem Porträt, Technik und Fortschritt, Glanz und Elend, Fotografierte Kamera, Arbeiterfotografie, Architektur, Sport oder Neues Sehen sowie einem abschließenden Essay „ . . . das Leben in Bildern sehen“ über die fotografische Sammlung Ullstein einen Blick auf diese turbulente Zeit und lässt Modernität und Lebensgefühl der Epoche ebenso spürbar werden wie ihre Widersprüchlichkeit und Zerbrechlichkeit.
Dabei stehen bekannte Fotografennamen, wie Herbert Bayer, Karl Otto Bloßfeld, Alfred Eisenstaedt, Hugo Erfurth, Heinz Hajek-Halke, Lotte Jacobi, Herbert List, Felix H. Man, Martin Munkacsi, Man Ray, Albert Renger-Patzsch, Willi Ruge, August Sander oder Paul Wolff, neben zahlreichen Bildern von unbekannten Autoren, die erstmals wieder zu entdecken sind.
H.-G. v. Zydowitz
Ausstellung im LVR-Museum, Bonn, noch bis 19. Januar 2020
Fotografie in der Weimarer Republik
Hrsg.: Landschaftsverband Rheinland, LVR-LandesMuseum Bonn, Deutsche Fotothek in der SLUB Dresden, Stiftung F.C. Gundlach
Beiträge von Lothar Altringer, Katrin Bomhoff, Jens Bove, Adelheid Komenda, Sebastian Lux, Franziska Mecklenburg, Georg Mölich und Maike Schmidt
264 Seiten mit ca. 250 Abbildungen
Format: 22 × 27 cm, gebunden, Hardcover
München, Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-3407-0;
Preis 39.90 Euro