Betitelt mit dem Zitat von Laszlo Moholy-Nagy „Fotografie ist Lichtgestaltung“ schildert Gawze in einer persönlichen Einführung seine Eindrücke, als er die im Frühjahr 1984 eröffnete Ausstellung ‚The White City‘ im Tel Aviv Museum of Art, die in den 1930er Jahren aufgenommene Bilder der modernen Architektur seiner Heimatstadt zeigte, besuchte. Erst 1993, als die weißen Fassaden der frisch restaurierten Gebäude wieder ins Auge sprangen, begab er sich „auf die Suche nach dem Fragment, in dem das Wesen des Bauwerks, sein genetischer Code, eingeschlossen liegt.“ Dabei destillierte Gawze das Wesen des Bauhauses heraus, das in einer modernen Stadt wieder lebendig wurde. Denn die rund 4000 Gebäude formen, überwiegend im Bauhausstil, die weltberühmte „weiße Stadt“. Yigal Gawzes Fotografien zeigen denn auch die Spuren, welche die Begegnung des europäischen Bauhauses mit der Kultur des Mittelmeerraums hinterlassen hat. Gleichzeitig sind sie eine Hommage an den Bauhaus-Geist und an die Avantgarde-Fotografen der 1920er-Jahre, aber auch an die gegenwärtige Aktualität der architektonischen Moderne im Städtebau. Das faszinierende Porträt der leuchtenden Stadt offenbart mit überraschenden Detailaufnahmen aus Innen- wie Außenbereichen auch im Fragment das poetische Wesen der Bauhaus-Architektur.
Unter dem Titel ‚Der Geist eines Ortes‘ beschreibt der israelische Professor für Fotografie und Kunst Gilad Ophir in seinem Essay den Einfluss, den die Bauhaus-Schule auch auf israelische Fotografen hatte und warum die häufig auf Tel Aviv angewandte Bezeichnung ‚Die Weiße Stadt‘ in den 1930er Jahren als Übergang vom eklektischen zum internationalen Stil der Architektur gesehen wurde. Gleichzeitig erinnert er daran, dass schon Walter Benjamin in einem seiner berühmten Essays die Fotografie zum perfekten Medium für den städtischen Raum erklärt hatte indem er feststellte, dass das damit verbundene Vorgehen, die Welt zu verlangsamen und anzuhalten, deren einzigartige Eigenschaft ist. Auch Gawze entnimmt durch die Fotografie den Bauhaus-Gebäuden das menschliche Treiben und die Unruhe auf den Straßen.
Der Architekt und Geograph Michael Jacobson beschreibt die Gründung der Stadt im Jahre 1909, deren dramatischer Aufstieg in den 1930er Jahren, als die Stadtbebauung zum führenden internationalen Stil wurde, bis das ‚die Weiße Stadt‘ genannte Zentrum 2003 durch die UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
Die Bildtafeln des im Hirmer Verlag, München, erschienenen Bildbandes sind mit dem Namen des Bauwerks und dessen Lage – Straße und Hausnummer – sowie dem Aufnahmejahr gekennzeichnet, während der jeweilige Architekt und das Baujahr dem Index zu entnehmen sind.
H.-G. v. Zydowitz
Form and Light – from Bauhaus to Tel Aviv
Mit Beiträgen von Yigal Gawze, Gilad Ophir und Michael Jacobson
Texte: Englisch / Deutsch
120 Seiten, 100 Abbildungen in Farbe
Format: 24,5 x 29 cm, gebunden
München, Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-3099-7;
Preis 45 Euro