Héctor Vinent Cháron, mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger aus Kuba.
Foto: Katharina Alt.
Auch auf internationaler Ebene sind Boxer aus Kuba erfolgreicher als die meisten größeren Nationen. Die Fotografin Katharina Alt hat die kubanischen Protagonisten dieses oftmals als martialisch verkannten Sports mit der Kamera in eindringlichen Fotografien festgehalten: Im Ring, zuhause und auf den Straßen Havannas. Buch und Ausstellung dokumentieren das Lebensgefühl der Sportler, für die das Boxen eine Chance ist, sich aus der Anonymität der Gesellschaft herauszuarbeiten. Die Fotokünstlerin zeigt Boxer aus dem olympischen Kader ebenso wie junge Talente und jene die es zu Nationalen Idolen geschafft haben. Sie dokumentiert mit ihren Fotografien überzeugend die Leidenschaft der Kubaner für den Boxsport. Ergänzt wird das Buch durch eine in zwölf ‚Runden‘ geschilderte Boxgeschichte von Michael Schleicher. Eine der großen, im Buch vorgestellten Persönlichkeiten ist Héctor Vinent Cháron: Sieger der Jugendweltmeisterschaften 1991 und 1992, Goldmedaillengewinner bei den Weltmeisterschaften 1993 in Tampere und 1995 in Berlin sowie Goldmedaillen Gewinner bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta. Er war auch der Stargast bei der Eröffnung der Ausstellung „Boxing Cuba“ im Museum 5 Kontinente in München, die noch bis in den September hinein läuft.
www.dasfotoportal.de sprach mit Héctor Vinent Cháron über seine Leidenschaft für den Boxsport, den er wegen einer Verletzung aufgeben musste, seine heutige Arbeit als Coach und Trainer junger Boxer, die in seine erfolgreichen Fußstapfen treten wollen und die Bedeutung des Boxsports in der kubanischen Gesellschaft.
dasfotoportal.de (dfp): Héctor, wann haben Sie Ihre Leidenschaft für den Boxsport entdeckt?
Héctor Vinent Cháron (HVCH): Meine Begeisterung für den Boxsport habe ich schon als kleines Kind entdeckt. Damals bin ich auf Sportplätze gegangen, um herauszufinden, welche Möglichkeiten es gibt, Sport zu treiben. Ich bin auf Plätze für Basketball, Radfahren und Leichtathletik und andere gegangen. Leichtathletik hat mir nicht so gut gefallen. Später bin ich auch in ein Boxzentrum gegangen und habe mir das angeschaut. Dort bin noch einmal hingegangen und habe mich angemeldet.
dfp: Wie und wann haben sie gemerkt, dass Sie es zum Champion schaffen können?
HVCH: Ich habe es sofort gespürt, als ich mich in das Boxen verliebt hatte. Dieses Gefühl gab mir die Überzeugung, dieses Ziel erreichen zu können.
Héctor Vinent Cháron, bei der Vernissage zur Ausstellung „Boxing Cuba“
im Münchner Museum 5 Kontinente.
dfp: Erinnern Sie sich an Ihren ersten wichtigen Kampf? Wie war das für Sie?
HVCH: Ja ich erinnere mich genau, wie ich damals in der Provinz von Santiago die Cuba in die Gewichtsklasse unter 51 Kilo eingeteilt wurde.
dfp: Welche Siege waren aus heutiger Sicht für Sie persönlich die wichtigsten und was haben sie damals für Sie bedeutet?
HVCH: Der wichtigste Sieg war für mich als ich die erste Goldmedaille gewonnen habe. Alle Wettkämpfe wo ich Goldmedaillen gewonnen habe, haben mir viel bedeutet.
dfp: Gab es Niederlagen, die sie geprägt haben?
HVCH: Es gab Niederlagen, da konnte ich feststellen, welche Fehler ich in Zukunft vermeiden musste. Ich habe viel aus den technischen und taktischen Fehlern, die ich gemacht habe, gelernt. Ich habe durch Niederlagen auch gelernt, wieder aufzustehen, weiter zu machen und nicht zu verzweifeln. Ich war natürlich traurig aber ich habe weitergekämpft.
dfp: Was machen Sie heute?
HVCH: Heute trainiere ich junge, zwölf bis fünfzehnjährige Sportler einer Sportschule in Havanna.
dfp: Was macht den Boxsport für die kubanische Gesellschaft so bedeutend?
HVCH: Der Boxsport bedeutet sehr viel für die kubanische Gesellschaft. Er ermöglicht einem kleinen und armen Land, sich auf Weltniveau Anerkennung zu verschaffen. Das gilt nicht nur für das Boxen sondern für alle Sportarten wie beispielsweise Baseball, Volleyball oder Ringen, wo wir ein internationales Niveau erreicht haben.
Foto von Katharina Alt aus ihrem Buch „Boxing Cuba“
dfp: Sie trainieren heute Jugendliche, ist es für die jungen Menschen noch immer der größte Traum, einmal als Champion im Ring zu stehen?
HVCH: Ich gebe meine Erfahrungen an die Jungen weiter, die ich trainiere. Ich bereite sie auf Weltmeisterschaftskämpfe vor und trainiere sie soweit es geht, dass sie einmal auf internationaler Ebene besser als ich werden.
dfp: Was können junge Menschen durch das Boxen für das Leben lernen?
HVCH: Ich versuche ihnen zu vermitteln, dass sie für das Leben lernen und versuchen bessere Menschen zu werden. Ich versuche bei ihnen die Liebe zum Sport und für die Gesellschaft in der wir leben zu wecken. Jedes Mal, wenn ich sie trainiere oder ihnen eine Theoriestunde gebe, stelle ich Ihnen Aufgaben, die sie zu lösen haben.
dfp: Wie fühlen sie sich, als Champion im Museum gelandet zu sein?
HVCH: Diese Position erreicht zu haben, haben wir wohl verdient. Dies gibt auch den Besuchern Gelegenheit, etwas über die Bedeutung des Boxsports in Kuba und über seine Geschichte zu erfahren. Im zwanzigsten Jahrhundert als nach der Revolution der professionelle Boxsport verboten wurde, begann die große Zeit des Amateur-Boxsports. Das hier ist eine Möglichkeit zu zeigen und etwas darüber zu erfahren, wie ein so kleines und armes Land so viele Olympische Siege, Weltmeisterschaften, Südamerikanische und auch panamerikanische Titel gewinnen konnte.
dfp: Waren oder sind Fotos für ihr Leben von Bedeutung?
HVCH: Ja, ja etwa ein Foto, das ich von dem verstorbenen Boxer Téfilo Stevenson besitze, das macht mich sehr glücklich und ich habe auch eins von Kid Chocolate. Ich freue mich sehr darüber dass so viele unserer jungen Boxer dieses Niveau erreicht haben.
Hier ein Video von dem Gespräch mit Héctor Vinent Cháron von Maximilian Mutzhas (Produktion, Kamera und Postproduction) und Heiner Henninges (Idee und Text):
Interview Héctor Vinent Carón from maximilian mutzhas fotografie on Vimeo.