Foto: Norbert Rosing Leica Monochrom. Summilux-M 1:1.4/50 ASPH., 1/1500s f/6,8 ISO 320.
Es war eine kurze aber heftige Affäre, die der junge Fotograf Norbert Rosing vor Jahren mit der Schwarzweiss-Fotografie erlebte. Den auf Umkehrfilme spezialisierten Naturfotografen begeisterten das einzigartige Korn und die fein abgestuften Grautöne des in den Agfa Scala SW-Diafilms.
„Leider konnten sich keiner meiner damaligen Auftraggeber für dieses außergewöhnliche SW-Material begeistern“, klagt Norbert Rosing heute und so erlosch seine Leidenschaft für die SW-Fotografie zwangsläufig auch schnell wieder. Nun hat er seine alte Liebe wiederentdeckt und die Glut der Leidenschaft ist neu entfacht.
„Mit der Leica Monochrom entdecke ich praktisch täglich neue Bilderwelten“, verrät er. „Motive, die mir in Farbe nichtssagend erschienen, erhalten in den Schwarzweiss-Aufnahmen der Leica Monochrom eine ganz neue Qualität.“
Landschaft bei Spitzbergen, Foto Norbert Rosing,
Leica Monochrom, Summicron-M 1:2/28 ASPH., 1/180s, f/16, ISO 320.
Dabei ist der im In- und Ausland durch seine zahlreichen Fotobücher, Zeitschriftenartikel und Multivisionsvorträge über die Polarbären oder die letzten Wildnisse Deutschlands bekannte Fotograf vor allem durch seine begeisternden Farbaufnahmen zu Weltruhm gelangt. Die meisten davon hat er auf Velvia Filmen von Fuji mit analogen Leica R-Spiegelreflexkameras aufgenommen. Für die M-Serie konnte er sich bisher nie besonders begeistern. Das hat sich nun mit der Leica Monochrom schlagartig geändert. Seit einigen Monaten begleitetet ihn diese „Spezialkamera“ für die Schwarzweiss-Fotografie nahezu auf Schritt und Tritt. Sie war auf seinen Reisen in die Karibik ebenso dabei wie auf den jüngsten Expeditionen in die Arktis.
Zwei Dinge, die er neben der herausragenden Schärfe und ungewöhnlich feinen Tonabstufungen an der Kamera besonders schätzt, sind ihre Unauffälligkeit und die Kompaktheit.
„Ein Platz für diese kompakte Kamera und zwei, drei ihrer ebenso kompakten Objektive findet sich immer“, sagt er. „Meist bringe ich die Objektive in meinen Jackentaschen unter. Das wäre mit meinen Leica SLR-Objektiven kaum möglich.“
Billefjord, Ghosttown of Pyramiden, Foto Norbert Rosing,
Leica Monochrom, 35 mm, 1/90s, f/13, ISO320
Vor allem das hochlichtstarke Leica Summilux-M 50 mm f1,4 aspherial hat es ihm angetan. „Ich bin gerade dabei mit der Leica Monochrom diese Standardbrennweite für mich neu zu entdecken“, verrät er. Auf den letzten Reisen nach Kuba und Spitzbergen standen ihm Objektive mit Brennweiten zwischen 21 und 90 mm zur Verfügung.
An die typische M-Handhabung musste sich der gelernte und leidenschaftliche Spiegelreflexfotograf erst einmal gewöhnen.
„Ich brauchte einige Zeit, bis ich mit der Ausschnittwahl und der Scharfstellung der Kamera zurecht kam“, gibt er zu. „Im Eismeer kann es auch im Sommer ziemlich zapfig werden. Auch wenn die Temperaturen knapp über Null liegen wird die Vollmetallkamera ziemlich kalt, Handschuhe sind also schon angebracht. Da ist es mir immer wieder passiert, dass ich im Messsucher den Bildausschnitt nicht richtig erkennen konnte, weil ich das Fenster für die Sucherbeleuchtung mit den Handschuhen abgedeckt habe. “
Diesen typischen Anfängerfehler für M-Novizen umgeht er inzwischen geschickt durch die Nutzung der LiveView Funktion, auf die ihn ein Praxistipp von Oliver Richter, Referent der Leica Akademie, gebracht hat. Und noch etwas, was jeden gelernten M-Fotografen erschauern lässt, kommt bei den Landschaftsaufnahmen von Norbert Rosing so oft wie nur möglich zum Einsatz. Ob in den Regenwäldern Kubas oder an den Küsten des Eismeers – er setzt seine Leica Monochrom wann immer es geht auf ein stabiles Stativ, stützt sich auf und verwendet zusätzlich häufig den Selbstauslöser als Vorlauf, um jedwede Erschütterung zu vermeiden.
Foto Norbert Rosing Summilux-M 1:1.4/50 ASPH., 1/2000s f/8 ISO 320.
„Die Ergebnisse sind diesen Aufwand aber wert,“ freut sich Norbert Rosing über seine wiederentdeckte Liebe zur Schwarzweiss-Fotografie. „Sie übertreffen in vieler Hinsicht alles, was ich persönlich bisher an Qualität in diesem Medium gesehen habe. Die Bilder haben eine Plastizität wie ich sie bis dahin nicht kannte. Natürlich kann jeder heute die digitalen Farbbilder seiner Top-DSLR in Schwarzweis konvertieren. Auch das sieht gut aus. Aber an die Monochrom Bilder reicht dieser Weg bei weitem nicht heran. Sie zeigen nach meiner Wahrnehmung wesentlich mehr Grauabstufungen und eine deutlich höhere Detailwiedergabe. Die Schärfe ist so, dass ich sie gar nicht beschreiben kann.“
Von den vielen Fotografen, die auf der Fotoreise nach Spitzbergen mit auf dem Schiff waren, wollten gleich drei, sobald sie wieder zuhause waren, ihre SLR-Ausrüstungen um eine Leica Monochrom ergänzen. Trotz eisiger Kälte, die das Metallgehäuse der Kamera gefühlt noch größer erscheinen ließ, versagte die Monochrom während der ganzen Expedition nicht einmal ihren Dienst.
Norbert Rosing, fotografiert mit der Leica Monochrom, 50mm, 1/500s, F/6,8, ISO 320
„Einige Fotografen hatten dort oben mit massiven Akkuproblemen zu kämpfen“, berichtet Norbert Rosing. „Der Akku der Monochrom hielt problemlos durch.“
Einen zweiten Tipp des Leica Akademie Referenten Oliver Richter, dem Norbert Rosing konsequent folgte, ist der Einsatz eines Polarisationsfilters in der Schwarzweiss-Fotografie.
„Ich kannte ja den Nutzen von Gelb, Grün, Orange und Rotfiltern für die Tonwertsteuerung in der Schwarzweiss-Fotografie“, berichtet Norbert Rosing. „Aber Polfilter habe ich bisher nur für die Farbfotografie verwendet. Doch ihre Wirkung bei SW-Aufnahmen ist einfach verblüffend. Motive, die ich in Farbe nie fotografiert hätte, weil die Farben zu blass und ‚soßig‘, die Kontraste zu schwach und das Licht zu wenig modulierend waren, bekamen plötzlich eine Tiefe und Plastizität, die einfach nur begeistert.“
Regenwald auf Kuba, Foto Norbert Rosing,
Leica Monochrom, Summilux-M 1:1.4/50 ASPH, 1/4s, F/10 ISO 320
Ganz neue Bilderwelten eröffneten sich für Norbert Rosing auch durch die extrem hohen Empfindlichkeiten des Monochrom Sensors, die er von seiner analogen Farbfotografie auf Velvia Film nicht kennt. Dort musste er die in Landschaftsbilder für hohe Schärfentiefe geforderten kleinen Blendenöffnungen durch lange Belichtungszeiten realisieren. Auch für seine Aufnahmen mit der Leica Monochrom im Regenwald oder im Eismeer ging es ständig um den optimalen Kompromiss von kürzest möglicher Verschlusszeit und kleiner Blende.
„Der hochauflösende Sensor verzeiht nicht die geringste Bewegung“, warnt der Schärfefanatiker. „Aber zum Glück bietet die Leica Monochrom ja Sensorempfindlichkeiten und eine Dynamik wie sie beim Film nie zur Verfügung standen. Selbst bei ISO 12.800 liefert die Kamera Bilder in einer exzellenten Qualität.“
So verwendete Norbert Rosing bei Aufnahmen aus der Hand selbst beim Weitwinkeleinsatz – sofern es die Lichtverhältnisse zuließen – Verschlusszeiten zwischen 1/500 und 1/2000 Sekunde. Die großen Blendenöffnungen der Summilux und Summicron-Objektive kamen meist nur bei den Porträtaufnahmen von seiner Kubareise zum Einsatz.
Szene in einem Park in Havanna, Kuba – Foto Norbert Rosing,
Leica Monochrom, Summilux-M 1:1.4/50 ASPH, 1/25 Sekunde, F/13
Am liebsten aber fotografierte der Naturfotograf vom Stativ mit LiveView-Funktion. „Da habe ich einschränkungslos den gesamten Bildausschnitt aller Objektive auf dem Display und kann gleichzeitig dort auch den Einfluss der Filtereinstellung auf die Bildwirkung kontrollieren“, erklärt er und merkt gleich noch einen Verbesserungsvorschlag an. „Die Bildwiederholrate des Displays könnte schneller sein“, meint er. „Manchmal dauert es etwas, bis beispielsweise die Wirkung des Polfilters angezeigt wird. Das erschwert in manchen Situationen die schnelle Feinjustierung. Aber wenn du dann die Wirkung siehst, haut es dich vom Sockel.“
Bisher stand Naturfotografie bei Norbert Rosing für Farbe. Das ist nun nicht mehr ausschließlich so. „Ich habe sogar für Eisbärenaufnahmen aus einer Distanz von 50 Metern meine Monochrom mit dem 50 mm Objektiv verwendet“, berichtet der Fotograf. „Es ist verblüffend wie auf den Bildern der graue Himmel plötzlich Struktur bekommt, wie sich das weiße Fell der Eisbären davon abhob und wie die Eisscholle auf der die Eisbärenmutter mit ihren zwei Jungen stand, sich mit ihren Schattierungen davon absetzte. Selbst der berühmte Naturfotograf Art Woolfe, der mit auf der Reise dabei war, sagte immer wieder bei Motiven, wo ich meine Systemkameras zur Seite legte, weil ich die Farbe darin vermisste: ‚Jetzt musst du wieder deine Leica rausholen‘. “
Vogelfelsen bei Spitzbergen, Foto Norbert Rosing, Leica Monochrom,
Summilux-M 1:1.4/50 ASPH. 1/3000s, F/5,5, ISO 640.
Das ausgerechnet das Nordmeer sich für die SW-Fotografie so aufdrängte, überraschte selbst Norbert Rosing, der seit vielen Jahren die Gegend bereist und immer wieder in Farbe in seinen auf der ganzen Welt bekannten Bildern festgehalten hat.
„Gerade jetzt auf meiner letzten Reise fiel mir auf, wie sehr sich diese Gegend für die SW-Fotografie anbietet: Die Berge waren schwarz, darüber wie Puderzucker der frische Schnee, dazu der graue Himmel. Da konnte ich mit Farbe gar nichts machen.“
Einen weiteren Vorteil des M-Systems gegenüber seinen DSLM und DSLR-Ausrüstungen merkte Norbert Rosing an: „Die M-Objektive, die ich dabei hatte, besaßen nur zwei unterschiedliche Filtergewindedurchmesser. Es reichte also, zwei Schraubfilter dabei zu haben.“
Mit der Leica Monochrom hat Norbert Rosing ein ganz neues Kapitel seiner Fotografie aufgeschlagen, von der er sich auch kommerziell eine neue Dimension verspricht. Nach dem überschwänglichen Farbenrausch, wie ihn teilweise seine letzte Erfolgsserie ‚Wildes Deutschland‘ vermittelte, entdeckt er seine neu aufflammende Liebe für die reduzierende Abstraktion der Schwarzweißfotografie.
Ausgerechnet für seine nächste Karibikreise will er ganz auf Farbe verzichten und die Naturparadiese Kubas ausschließlich in Schwarzweiß zeigen.
„Die Bilder habe ich teilweise schon im Kopf“, freut er sich jetzt schon auf die neue Reise, von der er sich nicht nur wegen neuer Sehweisen, sondern nicht zuletzt auch wegen der kleineren und leichtern Ausrüstung im wahrsten Sinne des Wortes eine neue Leichtigkeit des Fotografierens erhofft.