Während die meisten Hersteller versuchten, die Kompatibilität zwischen den SLR-Kameras für Film und den digitalen Modellen zu erhalten, um den Anwendern durch die Möglichkeit der Weiterverwendung ihrer alten Objektive den Übergang unaufwändiger zu gestalten, bekam Katsuhiro Takada in der Entwicklungsabteilung bei Olympus den Auftrag, die Kriterien für ein optimales SLR-System unabhängig von existierenden Standards zu erforschen. Das war im Frühjahr 1999. Die Digitalfotografie erlebte damals einen unvorstellbaren Boom und entwickelte sich mit gewaltiger Dynamik ständig weiter.
Gleichzeitig eroberte die Digitaltechnik selbst als Basistechnologie einen Lebensbereich nach dem anderen. Neue grafische Benutzeroberflächen wie Windows 98 beschleunigten die Verbreitung von PCs in den Haushalten. Erstmals wurde damals der Internetzugang auch über das Handy möglich. Digitale Kompaktkameras fanden rasanten Absatz. Die Auflösung der Sensoren war von den Anfängen 1995 bis kurz vor die Jahrhundertwende bereits auf mehr als eine Million Pixel angestiegen. Es zeichnete sich ab, dass die digitale SLR-Fotografie schon sehr bald nicht mehr nur den Profifotografen vorbehalten sein würde. Die ersten Kameras für die Hobbyfotografie erreichten den Markt.
Keine Kompromisse
Die Schwierigkeit einen kompromisslosen Standard für digitale Systemkameras zu entwickeln, bestand vor allem darin, dass sich die Weiterentwicklung der Bildsensoren damals nur schwer voraussehen ließ. Das perfekte Zusammenspiel von Sensor und Objektiv bildet jedoch die Grundlage für hochwertige Aufnahmeergebnisse. Es war auch klar, dass sich die Wahl eines größeren Sensors vorteilhaft auf die Bildqualität auswirken würde. Aber bei der Entwicklung eines vollkommen neuen Standards für Systemkameras bildeten Portabilität, Gewicht und Größe ebenso wichtige Faktoren.
Schon immer bestand die größte Herausforderung der Kameraentwickler darin, für Bildqualität, Sensorgröße und Kompaktheit das gemeinsame Optimum zu erhalten. Für Katsuhiro Takada entsprach die optimale Größe einer SLR-Kamera etwa der einer Olympus OM 1. Um eine digitale SLR-Kamera in dieser kompakten Größe bauen zu können, befand er schließlich Ende 1999 das 4/3 Sensorformat als am besten geeignet, um sowohl beste Qualität als auch eine hohe Kompaktheit zu ermöglichen. Das war die Geburt des Four Thirds Standards.
4/3 bezeichnen jedoch nicht, wie häufig angenommen wird das Seitenverhältnis sondern es gibt in Zoll den Durchmesser einer traditionellen Bildaufzeichnungsröhre an, der erforderlich wäre, um eine Bildfläche dieser Größe zu erfassen. Entsprechend sind auch die Angaben der Sensorgrößen von Kompaktkameras. Beim Four Thirds Standard wurde also die optisch-wirksame Diagonale der Sensorfläche festgelegt, nicht aber das Seitenverhältnis.
Eine weitere Herausforderung bei der Neuentwicklung des Four Thirds System Standards war die Objektivkonstruktion. Die Bildsensoren bestehen aus Millionen von Fotodioden in der Größe weniger Mikrometern. Die bis dahin für Kameras für Fime gebauten Objektive stießen in ihrem Auflösungsvermögen bald an die Grenzen um auch feinste Strukturen differenziert und scharf abzubilden. Zudem muss für optimale Abbildungsqualität der Lichtstrahl vom Objektiv möglichst senkrecht auf die Fotodioden treffen, um Abschattungen und damit sichtbare Qualitätseinbußen zu verhindern. Chemischer Film erwies sich in dieser Hinsicht als wesentlich toleranter als moderne CCD- oder CMOS-Bildsensoren. Verständlich also, dass ein „analog“ konstruiertes Wechselobjektiv nur mit Einschränkungen an einer digitalen Spiegelreflexkamera einsetzbar ist.
Nach FourThirds-Spezifikationen gebaute Objektive hingegen weisen außergewöhnlich hohe Auflösungen und einen optimierten Strahlengang des auf den Sensor einfallenden Lichts auf. Die nahezu telezentrische Konstruktion dieser Objektive führt zu höheren Schärfe- und Kontrastleistungen sowie zu einer farbneutrale Wiedergabe. Vor allem Weitwinkel-Objektive nach 4/3-Spezifikationen zeichnen sich durch hohe Verzeichnungsfreiheit und extrem geringe Vignettierung aus.
Zwei weitere Jahre vergingen mit Basisforschungen über die Machbarkeit des Projekts. Erst Ende 2001 beschloss Olympus, die Forschungen für die Entwicklung eines kommerziellen Produktes zu nutzen. Die Führung des Entwicklungsteams übernahm Yasuo Asakura, der zuvor schon mit der Entwicklung der digitalen Olympus E-10 und E-20 mit festen Brennweiten befasst war. Damals wurde beschlossen das neue Format als einen offenen Standard zu handhaben, der auch anderen Herstellern zur Verfügung stehen sollte. 2003 wurde dann schließlich die erste Kamera im Four Thirds System Standard, die Olympus E-1 vorgestellt.
Micro Four Thirds – noch kleiner noch leichter
Anfang August 2008 kündigten Olympus Imaging und Panasonic den neuen Micro Four Thirds System Standard an, der der digitalen Spiegelreflexfotografie neue Dimensionen erschließen sollte. Der neue Standard erlaubt die Konstruktion besonders kompakter und leichter Systemkameras. Als Zielgruppe wurden Fotografinnen und Fotografen mit dem Wunsch nach maximaler Kompaktheit und zugleich höchster Abbildungsleistung ausgemacht.
Das System hat die Vorteile des Four Thirds Standards für digitale Spiegelreflexkameras und Wechselobjektive um neue Dimensionen bei Kompaktheit und Gewicht erweitert.
Hintergrund für diese Entwicklung war die Tatsache, dass der Weltmarkt für digitale SLR-Systeme zwar zu der Zeit kontinuierlich anstieg, aber damals lediglich 7% des gesamten Marktes für Digitalkameras ausmachte. Ein Blick auf den deutlich höheren Spiegelreflex-Marktanteil zu Zeiten der analogen Fotografie legte den Schluss nahe, dass in diesem Segment noch viel Wachstumspotenzial steckt. Auf der anderen Seite bieten moderne digitale Kompaktkameras mehr und mehr Ausstattung und immer bessere Bildqualität. Weitere Marktanalysen hatten ergeben, dass viele Käufer zu digitalen Kompaktkameras greifen, weil sie Spiegelreflexmodelle für „zu groß, zu schwer und zu kompliziert“ halten.
Unterschiede FT- und MFT-System Standards
Olympus Imaging und Panasonic haben diesen Markttrend schon früh erkannt und mit den kompakten Produkten des Four Thirds Systems innovative Funktionen wie Live View oder Kontrast-Autofokus in das digitale SLR-Segment eingeführt.
Mit dem Micro Four Thirds Standard machten die beiden Unternehmen den Weg frei für radikal kleinere und leichtere Systemkameras. Parallel zum bestehenden Angebot an Four Thirds Produkten sollen die neuen Micro Four Thirds-Kameras und -Objektive den Spaß an der hochwertigen digitalen Systemkamera-Fotografie zusätzlich beleben.
Micro Four Thirds unterscheidet sich vom Four Thirds Standard hauptsächlich durch folgende Eigenschaften:
1) rund 50% kürzeres Auflagemaß (Abstand Bajonett-Sensor)
2) um 6 mm kleinerer äußerer Bajonettdurchmesser
3) Erweiterung der elektrischen Kontakte zwischen Kamera und Objektiv von 9 auf 11
Die Abmessungen der Sensordiagonalen ist bei den beiden Standards Four Thirds (FT) und Micro Four Thirds (MFT) identisch.
Micro Four Thirds kombiniert also höchste Abbildungsleistungen mit den Vorteilen des 4/3-Sensors in deutlich kompakteren Kameragehäusen. Außerdem macht das neue System wesentlich kleinere Objektivkonstruktionen möglich, vor allem im Weitwinkel- und Superzoom-Bereich. Schon das bestehende Four Thirds System zeichnet sich durch außergewöhnlich kompakte Produkte aus – Micro Four Thirds führt diesen Weg fort und erlaubt die Entwicklung von ultrakompakten Kameras und Objektiven auf einem bisher nicht gekannten Niveau. Der neue Standard sieht zudem eine größere Zahl von elektrischen Kontakten zwischen Kamera und Objektiv vor, das macht völlig neue Funktionen und einzigartige Ausstattungsmerkmale in naher Zukunft möglich.
Mithilfe eines Adapters können Fotografen ihre vorhandenen Four Thirds-Objektive an den Gehäusen des neuen Micro Four Thirds Systems anschließen. Olympus Imaging und Panasonic haben bei der Einführung des neuen Standards die parallele Entwicklung von Technologien und Produkten für beide Systeme, Four Thirds und Micro Four Thirds, angekündigt.
So hat Olympus Imaging das Four Thirds System weiter entwickelt und gleichzeitig Produkte für Micro Four Thirds auf den Markt gebracht. Dazu gehört eine neue Linie von Objektiven, Zubehör und Micro Four Thirds-Gehäusen, die noch kleiner und leichter sind als die für ihre Kompaktheit bekannten Modelle Olympus FT-Kameras.
Auch Panasonic will sein Four Thirds Programms fortsetzen und gleichzeitig die neue Kamerageneration der G-Linie mit ihren kompakten und leichten Gehäusen, Wechselobjektiven und vielfältigen Systemzubehör für das Micro Four Thirds System weiterentwickeln.