Klar, dass bei schönem Wetter mehr fotografiert wird und es deshalb auch viele 08/15 Sommerbilder gibt. Es verlangt eben den besonderen fotografischen Blick in diesen Allerweltssituationen das Außergewöhnliche zu entdecken und in Bilder zu fassen.
Ja! Es ist grundsätzlich einfacher bei Sonnenschein und klarem, blauen Himmel Bilder in technisch perfekter Qualität aufzunehmen. Warum? Was verhilft den Schönwetterfotografen zu technisch besseren Fotos und was eventuell auch zu ganz besonders tollen Bildern? Hier zehn Tipps, die Sie vielleicht davon überzeugen, dass sich auch in Schönwetteraufnahmen dramatische Stimmungen erzeugen lassen und Vorurteile gegenüber Alltagsmotiven ausräumen sollen.
Tipp 1
Wolkenloser, blauer Himmel für auffällige Farbkontraste
Sie finden einen wolkenlosen, blauen Himmel langweilig? Dann lassen Sie ihn doch einfach weg! Wer sagt denn, dass jedes gute Landschaftsfoto einen Himmel und Horizont haben muss? Oder nutzen Sie Ihn beispielsweise als Farbkontrast zu einen knallgelben Sonnenblumen- oder Rapsfeld, zu einer gelben oder roten Wand, zu einer Person in Rot gekleidet.
Tipp 2
Alles scharf?
„Scharf kann jeder“, lautet ein geflügeltes Wort unter denjenigen Fotografen, deren Fotografien durch selektive Wahl von Schärfe und Unschärfe im Bild besonders reizvoll wirken. Durch die Lage der Schärfe kann das Hauptmotiv betont und Unwichtiges in den unscharfen Hintergrund gerückt werden. Bokeh heißt das Zauberwort für die unscharfen Vorder- und Hintergrundverläufe. Viele Motive verlangen aber eine möglichst hohe Schärfentiefe, wo die Offenblende nicht als Arbeitsblende taugt. Dazu gehören, Städtebilder, Architekturfotos, Sach- und Nahaufnahmen sowie vieles mehr. Strahlender Sonnenschein sind für solche Aufnahmen ein Geschenk, erfüllt er doch alle Voraussetzungen für scharfe Fotos und ermöglicht so kurze Belichtungszeiten zur Vermeidung von Bewegungs- und Verwacklungsunschärfe. Er erlaubt kleine Blenden für eine hohe Schärfenausdehnung im Bild sowie die Verwendung niedriger ISO-Empfindlichkeiten für hochauflösende und rauscharme Fotografien mit Ausschnittpotential für großformatige Prints. Als Beispiele für die Schönwetterfotografie seien hier nur Blumenwiesen, Mohn- oder Sonnenblumenfelder, Alleen, Straßenschluchten oder Bauwerkle genannt.
Tipp 3:
Bei Sonne blitzen
Wer Blitzlicht nur dazu verwendet, Licht ins Dunkel zu bringen, nutzt von dem umfangreichen kreativen Potenzial der künstlichen Minisonnen nur einen winzigen Bruchteil. Blitzlicht bei Sonnenschein kann zu hohe Kontraste ausgleichen und dafür sorgen, dass eine Belichtung gewählt werden kann bei der auch in den hellsten und dunkelsten Bildpartien noch eine Detailzeichnung erkennbar ist. Es kann die berühmten Schattenmänner unter dem Sonnenschirm „aus dem Schatten treten lassen“, den Farbstich, den der farbige Schirm verursacht, ausschalten oder bei Makroaufnahmen eine hohe Schärfentiefe trotz niedriger ISO-Empfindlichkeit ermöglichen.
Gegenlicht lässt Gesichter strahlen!
Tipp 4:
Gegenlicht
Selbst am frühen Nachmittag eines sonnigen Tages lässt sich Gegenlicht für Porträtaufnahmen mit strahlenden, sanft beleuchteten Gesichtern realisieren. Versuchen Sie doch einmal, eine Person bei strahlendem Sonnenschein vor einem dunklen Hintergrund zu fotografieren. Die Gesichter beginnen zu leuchten und die Haare erhalten durch das Gegenlicht einen besonderen Glanz. Manchmal ist dabei auch eine Aufhellung durch einen schwach dosierten Blitz, eine helle Wand einen hellen Tisch, an dem die Person sitzt, hilfreich, um allzu harte Kontraste auszugleichen. Porträts brauchen kein weiches Licht und sanftes Bokeh.
Tipp 5
Langzeitbelichtungen bei Sonnenschein
Langzeitbelichtungen sind ein beliebtes Mittel, fließende Bewegungen zu simulieren. Das gilt für die Simulation von fließendem Wasser von Bächen, Wasserfällen oder Meereswellen gleichermaßen. Ein weiteres beliebtes Motiv für Langzeitbelichtungen sind Zoomeffekte oder Wischeffekte von sich schnell bewegenden Objekten. Solche Effekte von Langzeitbelichtungen lassen sich auch bei Sonnenschein realisieren. Beispielsweise durch den Einsatz von ND-Filtern, die den Lichteinfall auf den Sensor reduzieren und so auch bei heller Beleuchtung lange Verschlusszeiten ermöglichen.
Tipp 6
Hartes direktes Licht
Hartes Licht wird zu Unrecht von manchen Fotografen gemieden. Es wirkt für sie zu realistisch und bei Personenaufnahmen wenig schmeichelnd. Dabei ist hartes, direktes Licht oftmals das perfekte Mittel, um Formen sichtbar zu machen und Farben leuchten zu lassen. Eine diffuse Beleuchtung lässt die Konturen eher verschwimmen und Formen schemenhaft erscheinen.
Tipp 7
Schattenspiele
Wo viel Licht ist gibt es auch viel Schatten. Zumindest, wenn das Licht seitlich einfällt, hart und stark gerichtet ist. Das sind die Stunden der Street Photography, wenn die Fußgänger in den Häuserschluchten der Städte oder die Bäume der Alleen aber auch andere Objekte ihre langen Schatten werfen. Licht und Schatten können dann mystische Stimmungen erzeugen und Formen entstehen lassen, die die Fantasie des Betrachters beflügeln und freien Lauf lassen.
Tipp 8:
Kontraste
Die schönsten und frischesten Farben hält die Natur beim Aufklaren nach einem Regen bereit. Blumen, Wiesen, Wälder und Felder beginnen in klaren Farben zu leuchten. Besonders attraktiv sind Situationen, wenn die Sonne scheint und im Hintergrund noch die dunkelblauen Regenwolken für einen kräftigen Kontrast sorgen.
Tipp 9
Polfilter
Dunst und Reflexe treten auch bei Sonnenschein auf. Vor allem Wasseroberflächen, das Blau des Himmels und die Farbe der Blätter werden durch Reflexionen deutlich gemindert. Durch die Verwendung eines Polarisationsfilters, können solche Reflexe auf nichtmetallischen Oberflächen gelöscht und die Farben wieder sichtbar gemacht werden. Die Wirkung: Wasseroberflächen werden wieder dunkelblau oder durchsichtig, die Blätter von Pflanzen und Bäumen bekommen ihr kräftiges Grün zurück und der Himmel erscheint in Tiefblau.
Tipp 10
Niedrige ISO Werte nutzen
Eine strahlend helle Umgebung erlaubt es Motive mit niedrigster Sensorempfindlichkeit aufzunehmen und mit einer kleinen Blende. Das sorgt für weniger Rauschen im Bild, hohe Detail- und Tiefenschärfe. Solche Aufnahmen erlauben größere Ausschnitte und großformatige Prints. Allerdings sollte der Fotograf die erforderliche Blende des angesetzten Objektivs kennen, um zu vermeiden, dass diese Vorteile durch einsetzende Beugungsunschärfe wieder verloren gehen.
Schlussbemerkung: Natürlich spielt in der Fotografie die Ästhetik eine entscheidende Rolle. Die meisten Fotoliebhaber bevorzugen „schöne“ Bilder. Das wiederum hat dazu geführt, dass von den Hardlinern der Bildkritik allzu perfekte gefällige Fotos eher skeptisch betrachtet werden. Die Folge: Kriterien wie gestochen scharf, hochauflösend, rauschfrei, brillante und natürliche Farben werden bei der Bewertung einer Fotografie außer Betracht gelassen oder manchmal gar abfällig kommentiert. Betrachten Sie unsere Tipps als eine Anregung, über Ihre eigenen kreativen Vorlieben nachzudenken und dadurch Ihren eigenen fotografischen Stil zu bestätigen oder weiterzuentwickeln. Verbindliche Regeln für die Eigenschaften eines herausragenden Fotos gibt es nicht. Alle Regeln der Fotografie sind nur dafür gut, um zu wissen was möglich ist und nicht dafür um sich sklavisch an sie zu halten. Oft sind es viele, manchmal ein einzigartiges Merkmal, das es zu einem Hingucker oder besser noch zu einem Bild macht, dass sich ins Gedächtnis einprägt. Wir meinen jedes gute Bild erfüllt über seine technische Umsetzung hinaus mindestens eine zusätzliche Eigenschaft, die seine Qualität definiert: die visualisierte Botschaft des Autor. Ob wir das Foto schön finden, hat damit allerdings nichts zu tun.
Heiner Henninges