„Der Bühnenraum ist genau wie das Innere der Kamera eine Blackbox. Sie ist erst einmal leer und dunkel und du entscheidest, was da hineinkommt“, erklärt Stefan Heyne zu seinem Bühnenbild, das zur Zeit im Münchner Residenztheater im Rahmen der europäischen Erstaufführung von David Mamets neuestem Stück „Die Anarchistin“, unter der Regie von Martin Kusej, präsentiert wird. In dem spannenden Stück stehen sich Cornelia Froboess als die Anarchistin Cathy und Sibylle Canonica als Ann als Gutachterin für deren Freilassung, gegenüber.
Durch die raumgreifende Lichtinstallation in München verwandelt Heyne die gesamte Bühne des Residenztheaters in einen überdimensionalen Scheinwerfer, dessen Ränder genug Raum für Schatten, Grauzonen und Unschärfen der menschlichen Wahrnehmung bieten. Anstelle seiner üblichen zweidimensionalen Fotoarbeiten hat Heyne mit diesem Bühnenbild eine Art dreidimensionale Fotografie geschaffen: seine riesige, technisch-raffinierte Wand aus Neonröhren, ummantelt mit Reflektoren-und Acrylplatten, erzeugt einen optisch-physikalischen Effekt der Verzerrung. Die gezielt-kontextuelle Unschärfe, welche typisch für die Fotokunst Heynes ist, stellt nun auch das Theaterpublikum vor Fragen: Was siehst Du? Was denkst Du? Woran glaubst Du?
Die Inszenierung in München kommt ohne einen gegenständlichen Referenzraum aus, den Heyne in früheren Bühnenbildern wie z.B. in der Dimiter Gotscheff-Inszenierung von Volpone am Deutschen Theater in Berlin 2006 oder 2004 in Nabucco an der Hamburgischen Staatsoper nutzte. Die Brisanz und Brutalität der Verhörsituation zwischen den Schauspielerinnen Cornelia Froboess als Cathy und Sybille Canonica als Ann erfährt durch Heynes dreidimensionalen Raum eine signifikante Steigerung. Ohne Licht keine Dunkelheit – und so treten die dunklen Seiten der Angeklagten und der Klägerin im grellen Licht des Heyneschen Scheinwerfers hervor.
„Die Fotografie wurde von der Gesellschaft stets für die Zwecke und Ziele der Aufklärung instrumentalisiert, genau wie das Theater in seiner heutigen Verankerung und Form. Mit der immer stärker werdenden Infragestellung des Rationalen bis hin zum Scheitern der Aufklärung stehen Fotografie und Theater vor neuen Herausforderungen“; so Stefan Heyne.
Der in Berlin lebende bildende Künstler Stefan Heyne wurde 1965 in Brandenburg an der Havelgeboren. Von 1987 bis 1993 studierte er Szenografie an der Kunsthochschule Berlin Weißensee und war dort von 1992 bis 1993 Meisterschüler bei Volker Pfüller.
Zu seinen letzten Einzelausstellungen zählen: Stefan Heyne – Die Magie der Leere,
Kunstsammlung Augsburg 2012; Speak to me, Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus 2012; Galerie Foto-Forum, Bolzano/Bozen 2008; Lippische Gesellschaft für Kunst, Detmold 2008; . Darüber hinaus ist Stefan Heyne mit seinen Werken in zahlreichen Gruppenausstellungen sowie öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten.