In der mexikanischen Stadt Hopelchén fotografierte Nadia Shira Cohen deinen Mann, der an dem Wandbild von Imkern vorbeigeht. Aus dem Langzeitprojekt God’s Honey, das beim Festival La Gacilly-Baden Photo zum ersten Mal in seiner Gesamtheit vorgestellt wird.
Bei den Maya galten Bienen als Geschenk des Gottes Ah Mucen Cab und als Verbindung zur Welt der Geister. Da verwundert es nicht, dass die Völker auf der Halbinsel Yucatán im Südosten Mexikos schon seit mehreren tausend Jahren Bienenzucht betreiben. Bis zur Einführung des Zuckerrohrs im 16. Jahrhundert diente der Honig der Bienengattung Melipona als natürlicher Süßstoff. In der Antike verwendeten ihn die Maya unter anderem bei religiösen Zeremonien. Auch gehörte es einst zu den Aufgaben der Priester, zweimal im Jahr die Honigernte zu feiern.
Eine Gruppe von Imkern, die sich in der Nebensaison um ihre Bienenstöcke kümmern.
Im berühmten Codex Madrid, einem der vier erhaltenen Maya Codices, ist der Imkerei sowie dem Gott Ah Mucen Cab ein langer Abschnitt gewidmet. Der Honig wird noch heute wegen seines Geschmacks geschätzt, seine Gewinnung ist jedoch außerordentlich mühselig. Ein Bienenstock erbringt jährlich nur etwa ein bis zwei Liter Honig, ein europäischer Stock dagegen rund siebzig Liter.
Ein mennonitischer Bauer und seine Söhne entladen das Soja
aus der Tagesernte im Silo
Die Mennoniten waren in den 1970er Jahren nach Yucatán gekommen. Ihre Zahl wird heute auf 60 000 Personen geschätzt. Ihnen gegenüber stehen etwa 15 000 indigene Maya. Dieses Nebeneinander hat zur Folge, dass die Stöcke der Melipona Bienen seit einigen Jahren verschwinden oder von den Pestiziden, die die Bauern im Übermaß einsetzen, vergiftet werden. Und der Honig, der noch produziert wird, weist Spuren dieser Pestizide auf, weshalb er auf dem Weltmarkt nicht mehr als „biologisch“ verkauft werden darf.
in der Nähe der Gemeinde Nuevo Durango
Für das Langzeitprojekt „God’s Honey“ erhielt die amerikanische Fotografin Nadia Shira Cohen 2016 eine Auszeichnung beim World Press Photo Award sowie 2019 den Prix Photo der Fondation Yves Rocher. Sie erzählt in dieser Arbeit davon, wie die Gier nach Profit und die Ausbeutung der Böden zu irreversiblen Schäden in Flora, Fauna und dem gesamten Ökosystem einer Region führen.
Luftbilder der Sojaernte auf der Halbinsel Yucatan
Jahrhundertelang war die Halbinsel Yucatán dank dieser Bienen der größte Honigproduzent der Welt. Ab 2011 stellte die mexikanische Regierung jedoch den Landwirten Subventionen bereit, um mithilfe genmanipulierter Pflanzen die Produktion von Soja zu steigern. Diese Möglichkeit wurde größtenteils von mennonitischen Bauern in Anspruch genommen, die über ausreichend finanzielle Mittel verfügten, um große Anbauflächen sowie den notwendigen Maschinenpark zu kaufen.
Maya Rituale rund um einen Feiertag
Nadia Shira Cohen ist Trägerin des Prix Photo der Fondation Yves Rocher / Visa pour l’image 2019. Ein Stipendium in Höhe von 8 000 Euro ermöglichte ihr die Verwirklichung des Projektes God’s Honey, das beim Festival La Gacilly-Baden Photo zum ersten Mal in seiner Gesamtheit gezeigt wird.