Florence Henri Abstrakte Komposition, 1928, Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne München
© Galleria Martini & Ronchetti, Genua, Italien
Nicht spektakuläre, aber feine Schwarzweißfotografie, vorwiegend aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, erwarten einen in der Ausstellung „Florence Henri – Compositionen“. Das fotografische Werk der experimentierfreudigen Fotografin hat heute einen festen Platz in der Kunst der Avantgarde.
Florence Henri , Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderne München
© Galleria Martini & Ronchetti, Genua, Italien
Zu verdanken ist diese Ausstellung Ann und Jürgen Wilde. Im Jahr 2010 haben die bei Köln ansässigen Fotografie-Sammler, die nach ihnen benannte Sammlung nach München gegeben, wo sie in der Pinakothek der Moderne eine neue Heimat gefunden hat. Der Anfang der Sammlung geht auf das Jahr 1968 zurück, umfasst mehrere tausend Fotografien und Bände zur Fotografiegeschichte. Zum Sammlungsbestand gehören die Archive berühmter Fotografen wie Albert Renger-Patzsch oder Karl Blossfeldt und Werkgruppen wie zum Beispiel von Man Ray, Auguste Sander und Bernd und Hilla Becher. Wildes betrieben auch die erste auf Fotografie spezialisierte Galerie Deutschlands. Für eine Ausstellung in ihrer Galerie nahmen Ann und Jürgen Wilde Kontakt mit der Künstlerin auf und lernten 1973, die damals schon 80-jährige persönlich kennen. Mit der Ausstellung in ihrer Galerie 1974 trugen sie maßgeblich zur Wiederentdeckung des fotografischen Werks der Künstlerin bei.
Ausstellung Pinakothek der Moderne Florence HenriA Stiftung Ann und Jürgen Wilde, Pinakothek der Moderen München
Lohnenswert macht die Ausstellung nicht nur die exzellenten Fotografie, sondern auch die in Schaukästen untergebrachten Briefe zwischen Sammlern und Künstlerin, historische Publikationen und Dokumente. Interessant vor allen auch der ausführliche Brief mit dem sich die Wildes sozusagen Henri vorstellten und ihre Einschätzung zu der Bedeutung der Fotografie als Kunst in Deutschland darlegten.
Ausstellung Florence Henri in der Pinakothek der Moderne mit Kuratorin Simone Förster
Florence Henri (1893– 1982) studierte Klavier bei Ferruccio Busoni in Rom, Malerei in Paris bei Fernand Léger, bei Johann Walter-Kurau in Berlin, bei Hans Hofmann in München und verbrachte 1927 ein knappes Gastsemester am Bauhaus in Dessau. Obwohl die Fotografie zu dieser Zeit noch nicht als Unterrichtsfach in das Curriculum am Bauhaus aufgenommen war, experimentierten Lehrer wie László Moholy-Nagy oder Georg Muche, intensiv mit dem Medium. Hier fand Florence Henri die Anregung, selbst zu fotografieren. Noch im gleichen Jahr kehrte sie nach Paris zurück, gab die Malerei auf und widmete sich intensiv der Fotografie. Es entstanden umfangreiche Serien von Stillleben-, Porträt und Selbstporträtkompositionen, in denen die Künstlerin unter Verwendung von Spiegeln und reflektierenden Kugeln den Bildraum zergliederte und auf konstruktive Weise erweiterte.
Schnell avancierte Florence Henri mit ihren experimentellen Fotografien zu einer viel beachteten Vertreterin der Fotografie der Moderne und war an zahlreichen internationalen Ausstellungen beteiligt, wie beispielsweise 1929 an der wegweisenden Werkbundausstellung „Film und Foto“. Nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings nahm die Künstlerin ihr fotografisches Schaffen nicht mehr in der vorangegangenen Intensität auf, sondern widmete sich fast ausschließlich der Malerei. Wohl auch aus diesem Grund gerieten ihre Fotografien nach 1945 weitgehend in Vergessenheit.
Die Ausstellung „Florence Henri. Compositionen“ in der Pinakothek der Moderne legt den Schwerpunkt auf die Spiegelkompositionen und fotografischen Montagen der Künstlerin.
Kuratorin: Simone Förster
Pinakotheken im Kunstareal, Barer Straße 29, München