Foto Carl de Souza
Alles beginnt mit einer Fotografie. 2020 war es am 30. Januar. Das Bild eines namenlosen Toten, das Gesicht von einer Maske bedeckt, ein Opfer des Coronavirus, in Todesstarre auf einem Gehsteig im chinesischen Wuhan. „Diesmal war alles anders“, erinnert sich Hector Retamal, Journalist der französischen Presseagentur AFP, dem diese Aufnahme gelungen ist. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts stehen solche Ursprungsszenen historischer Ereignisse emblematisch für die Zeitläufe der modernen Welt, und seit diesen Anfängen ist die Presseagentur AFP, damals noch unter dem Name Havas, eine feste Größe in Sachen Recherche und Verbreitung von Nachrichten aus aller Welt. Die Journalisten der AFP berichten unermüdlich über das aktuelle Weltgeschehen und sammeln überall an Ort und Stelle die Informationen, die uns ermöglichen, den Lauf der Dinge zu verstehen. Der erste große Coup gelang ihnen hierbei 1953 mit der Nachricht von Stalins Tod. Die AFP ist in 151 Ländern mit 201 Büros vertreten und liefert den digitalen Medien, Printmedien und TV nicht nur aktuelle Meldungen, sondern auch Bilder aus allen Teilen der Welt. Möglich wird das durch ein weltweites Netzwerk von 450 Fotografen, die täglich über 3 000 Fotos veröffentlichen und deren Arbeiten regelmäßig mit den renommiertesten Preisen ausgezeichnet werden.
Diese Meldungen und Fotografien, die oft die ersten Splitter dessen einfangen, was einmal in die Geschichtsbücher eingehen wird, behandeln alle erdenklichen Themen: die unterschiedlichsten Konflikte, aber auch gesellschaftliche Veränderungen, Sportwettkämpfe, politische Treffen auf großer internationaler Bühne – und seit mehreren Jahrzehnten auch immer häufiger über ein Thema, das uns besonders am Herzen liegt: das Verhältnis zwischen Mensch und Erde. Die Bevölkerungsexplosion, die massive Industrialisierung in den Schwellenländern – das heutige Weltgeschehen geht fast immer zulasten der Umwelt.
Die Ölkatastrophen in Europa und den USA, die fortschreitende Entwaldung in Lateinamerika, das Artensterben in Afrika, die Luftverschmutzung in Asien …
Foto Carl de Souza
In dem von Jair Bolsonaro regierten Brasilien haben es die indigenen Völker schwer, sich Gehör zu verschaffen und ihre angestammten Gebiete im Amazonasbecken zu verteidigen. Schon von den Vorgängerregierungen kaum beachtet, hat sich seit dem Amtsantritt Bolsonaros die Situation noch weiter verschlimmert. Hinzu kommt der unersättliche Hunger der Industriegiganten, für die das Amazonasgebiet nicht mehr als eine Ansammlung von Ressourcen ist, die zur Plünderung bereitstehen. Hier Abhilfe zu schaffen, ist eine Herkulesaufgabe: Die indigenen Völker stellen nur rund 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes dar und sind in den Kreisen der Macht so gut wie nicht vertreten. Um diesen Zustand zu ändern, haben sich im Januar 2020 knapp 300 Anführer indigener Völker im Bundesstaat Mato Grosso im Herzen des Regenwalds versammelt. Sie wissen mittlerweile, dass in einer Zeit, in der die Welt mit Sorge sieht, wie die grüne Lunge des Planeten in Flammen steht, ihre Existenz akut bedroht ist.
Foto Carl de Souza
Carl de Souza leitet das Brasilien Büro der AFP in Rio de Janeiro. Er hat in England studiert und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Während die ganze Welt gebannt auf eine der „Lungen“ des Planeten starrte, hat er über Monate hinweg den Aufstand der indigenen Bevölkerungsgruppen begleitet, die gegen die Auslöschung ihrer Existenz revoltieren.