Mithilfe des neuen MemNet-Algorithmus der Forschungsgruppe des MIT wird eine Art Wärmeatlas eines Bildes erstellt, der anzeigt, welche Bilddetails besonders gut im Gedächtnis haften bleiben und welche schnell wieder vergessen werden. Zukünftige Versionen dieses Algorithmus könnten dazu dienen, didaktische Methoden für Lehre, Marketing oder Gedächtnisoptimierungen zu entwickeln. Ein anderes Ziel der Wissenschaftler des MIT ist es, eine App zu schaffen, die schon bei der Bildgestaltung anzeigt, ob das Bild leicht erinnert werden kann oder vermutlich schnell wieder vergessen wird.
Testversuch auf der MIT-Webseite/Foto Heiner Henniinges(www.memories-reloaded.de)
Um eigene Bilder mit dem “MemNet” Algorithmus zu testen, können Interessenten auf die Webseite des Instituts ihre Bilder hochladen und sich durch eine Art Wärmebild genau jene Bilddetails anzeigen lassen, die Betrachtern vermutlich im Gedächtnis haften bleiben und welche nicht.
„Das Verständnis der Erinnerbarkeit von Bildern hilft uns wiederum, Systeme zu entwickeln, um besonders wichtige Informationen aufzuzeichnen oder im Gegenteil Informationen zu speichern, die sonst leicht vergessen werden“, sagt Aditya Khosla, leitende Mitarbeiterin der Forschergruppe. “Es funktioniert, ähnlich wie eine Testgruppe, über die herausgefunden werden soll, wie wahrscheinlich sich jemand eine visuelle Botschaft merkt oder nicht.“
Die Forschungsgruppe sieht eine breite Anwendungspalette für ihre Lösung, die bei der Optimierung von Anzeigeninhalten beginnt, Posts auf Social Media Plattformen verbessern kann oder effektivere Lehrmethoden entwickeln hilft.
Ein Bild, an das man sich laut MIT leicht erinnern kann. (Foto Heiner Henninges, aus der Serie memories-reloaded.de)
Teil des Projekts bestand darin, die größte Bilddatenbank der Welt für die Erinnerbarkeit von Bildern zu schaffen. Sie umfasst über 60.000 Fotos, die jeweils detaillierte Metadaten über deren Eigenschaften wie Bekanntheit, Popularität und emotionale Wirkung beschreiben. Diese „LaMem“ genannte Datenbank soll das Team auch bei seinen weiterführenden Forschungen unterstützen.
Mitverfasser der Studie waren der Absolvent des „Computer Science and Artificial Intelligence Lab“ (CSAIL) Akhil Raju, Professor Antonio Torralba und Aude Oliva, der die Untersuchung als Senior Investigator begleitete.
Das Team hat schon zuvor ähnliche Algorithmen für die Gesichtserkennung entwickelt. Für seine Studie wurden Tausende von Bildern verschiedener Bilddatenbanken analysiert und mit einer Punktewertung versehen, die auch angibt wie wahrscheinlich Menschen solche Bilder auf Online-Plattformen im Gedächtnis behalten. Die ‚maschinellen‘ Ergebnisse wurden mit denen von menschlichen Testgruppen verglichen, denen bekannte und unbekannte Bilder vorgelegt wurden, um festzustellen wie wahrscheinlich sie im Gedächtnis haften bleiben. Bei Vergleichstests schnitt das MIT-System 30 Prozent besser ab als vergleichbare Systeme und kam bis auf wenige Prozentpunkte an die Erinnerbarkeitsprüfungen durch Menschen heran.
Das weltberühmte Bild von Marilyn ist nach Einschätzung des MemNet Allgorithmus überraschenderweise nur mittelmäßig leicht zu merken.
Die Studie hat auch interessante Erkenntnisse über die Arbeitsweise des menschlichen Gedächtnisses gebracht. So stellte sich bei den Untersuchungen die Frage, ob Menschen alles erinnern würden, wenn ihnen nur die am besten erinnerbaren Bilder gezeigt würden.
“Man könnte glauben, dass die Leute sich daran gewöhnen und danach wieder Dinge vergessen wie immer. Aber die Forschungen zeigen, dass es anders ist. Diese Vorgehensweise könnte möglicherweise das Gedächtnis von Menschen verbessern, wenn sie häufiger mit besser erinnerbaren Bildern konfrontiert würden.
Das Forschungsteam plant demnächst ein System zu entwickeln, mit dem sich die Erinnerbarkeit bestimmter Personen und Gesichter voraussagen lässt. Dies ließe sich zum Beispiel bei der Entwicklung von effektiver Werbung für die Textilbranche oder in der Unterhaltungsbranche für Filmproduktionen nutzen.
Die Forschungen des MIT ermöglichen es, visuelle Informationen und die Aufmerksamkeit, die Menschen ihnen entgegenbringen, besser zu verstehen. So könnten Marketing-Spezialisten, Filmemacher und andere Content-Produzenten Modelle entwickeln, die mehr Aufmerksamkeit erzielen und besser im Gedächtnis bleiben.
Das Forscherteam wird von der National Science Foundation, dem McGovern Institute Neurotechnology Program und der MIT Big Data Initiative at CSAIL unterstützt. Es erhielt Preise und Auszeichnungen von Google und Xerox sowie Hardware Unterstützung vom Grafikkartenhersteller Nvidia.