Kaum jemanden hat die Absatzkrise im weltweiten Kameramarkt schwerer gebeutelt als Canon und Nikon. Die unbezwingbar erscheinenden Marktführer im Bereich professioneller DSLR-Kameras und überhaupt Tonangeber im Kameraweltmarkt sehen sich in ihrer Führungsposition angegriffen. Seit Jahren haben die einst zu den innovativsten der Welt zählenden Unternehmen keinen echten Hit im Kameramarkt mehr gelandet und leben offensichtlich von der Substanz.
Technologie-Studie aber noch kein Serienprodukt: Canons 120 MPix EOS.
Zudem wurden sie auch noch von den schweren Naturkatastrophen in Japan und Thailand heimgesucht und waren als Folge fast ein Jahr lang mit dem Wiederaufbau wichtiger Produktionsstätten beschäftigt. Als man die Produktion wieder aufnehmen konnte und hoffte die Rückstände befriedigen zu können, war vieles von dem was ein Jahr zu spät auf den Markt kam, in der schnelllebigen Fototranche bereits wieder veraltet.
Die großen Trends der Branche scheinen an den beiden Marktführern in der professionellen Fotografie vorbei gegangen zu sein oder sie wurden nur halbherzig verfolgt. Während das vor wenigen Jahren noch ins Abseits geratene Traditionsunternehmen Leica sich wie der Phoenix aus der Asche mit einem klaren Produkt- und Marketing-Konzept zu neuen Höhenflügen aufraffen konnte, hat so mancher Kamerahersteller das Durchschreiten des Tals der Tränen noch vor sich.
Daher erscheint es kaum verwunderlich, dass als ein letzter Rettungsanker der Ankauf von Knowhow und Kompetenz in den Focus rückt. So wurde gerüchteweise berichtet, dass Canon bei Sigma vorstellig geworden sei, um sich das für seine hochwertigen Wechselobjektive angesehene Unternehmen einzuverleiben. Der junge Firmenerbe habe dies aber entrüstet abgelehnt.
Erfolgreicher sieht die Gerüchteküche den Versuch von Nikon, fehlendes Knowhow zuzukaufen. Hier soll der japanische Kamerabauer in Samsungs Ausstieg aus dem Kameramarkt seine Chance erkannt und zugeschlagen haben. Traut man den Berichten aus den „gut unterrichteten Kreisen“ so konnte sich Nikon nicht nur einige Produktionsstätten von Samsung sichern sondern auch das erforderliche Wissen über die seit langem im Internet beschworene und offensichtlich bereits marktreife, spiegellose Vollformat Kamera für professionelle Anwendungen von Samsung.
Ambitioniert aber wenig erfolgreich: die spiegellose Nikon 1 Serie.
Wird Samsungs Vollformat-Technik weiterhelfen?
Canon zählt nach wie vor zu den innovativsten Unternehmen der Welt, legt man die Zahl der Patentanmeldungen zugrunde. Doch sind die Kameraverkäufe der EOS DSLRs, die gerade erst die 80-Millionengrenze überschritten haben, drastisch gesunken. Ob Sigma da einen Weg aus der Krise dargestellt hätte, bleibt fraglich.
Außenseiter bzw. Nischenanbieter wie Phaseone scheinen recht erfolgreich zu akquirieren und zu fusionieren. Erst kürzlich hat der Drohnenhersteller DJI Anteile an dem Unternehmen erworben, das seinerseits wiederum Mamiya Digital Ltd in Japan übernommen und gleichzeitig eine japanische Filiale gegründet hat. Bereits 2009 hatte Phase One eine Beteiligung von 45 Prozent an Mamiya Digital Imaging gekauft und hat durch die enge Zusammenarbeit mit MDI detaillierte Einblicke in die Planungs- und Produktionsprozesse der Kameras und Objektive erhalten. Mit der aktuellen Transaktion übernimmt Phase One die gesamte Produktentwicklung der Mittelformat-Kamerasysteme, Zentralverschlüsse und Objektive.
Phase One übernimmt nun Mamiya Digital Imaging ganz.
Phase One sieht sich mit diesem Schritt als den einzigen Mittelformat-Kamerahersteller, der intern die volle Kontrolle über alle wichtigen Komponenten eines erstklassigen Bilderfassungssystems hat. Auf eine Partnerschaft in Deutschland scheint Phase One Japan bei der Entwicklung seiner Produkte dennoch angewiesen zu sein. So äußerte sich Makoto Honda, Geschäftsführer von Phase One Japan: „Phase One Japan widmet sich der Entwicklung neuer, maßgeschneiderter Zentralverschlussoptiken. Diese Meisterstücke entstehen in enger Kooperation mit Top-Fotografen, Foto-Unternehmen und unserem langjährigen Partner Schneider-Kreuznach.“
Bleibt abzuwarten, welche Weihnachtseinkäufe die internationale Kameraindustrie noch tätigen wird, aus dem augenblicklichen Tief heraus zu kommen. Manchmal hilft es ja aber auch, selbst nachzudenken und herauszufinden, was die Kunden wirklich wollen.