Liebe auf den ersten Klick – die Olympus OM-D E-M5
Es war wie die Übernahme des Topmodells eines Autoherstellers: Der Fahrer fühlt sich sofort wohl und kann ganz bequem ohne ein Gefühl der Unsicherheit losfahren und nach und nach die vielen neuen Features entdecken, die das Autofahren zum echten Vergnügen machen. So erging es uns auch mit der neuen OM-D E-M5.
Alles am richtigen Platz – Die Bedienelemente auf der Oberseite der OM-D E-M5.
Räder, Tasten, Hebel alles an der OM-D schien da positioniert zu sein, wo man es erwartet. Aber zunächst einmal brauchten wir rein gar nichts davon. Wer schon einmal eine SLR oder kompakte Systemkamera in der Hand hatte, kann mit dieser neuen Kamera sofort erfolgreich los fotografieren. Aber für zufällige Schnappschüsse ist diese Kamera viel zu schade.
Amsterdam präsentierte sich im Februar nicht gerade von seiner angenehmsten Seite: Grau der Himmel Nieselwetter – nicht gerade toll zum Fotografieren. Es sei denn, man nutzt die staub- und spritzwasser geschützte OM-D. Trotz ihrer dank des ‚Micro Four Thirds‘ Systemstandards kompakten Bauweise bietet diese robuste Kamera eine Ausstattung die durchaus professionelle Ansprüche erfüllt. Olympus selbst gibt sich in dieser Beziehung eher zurückhaltend. Dort weist man darauf hin, dass es sich um das erste Modell einer neuen Kamerakategorie im Sortiment handelt, das möglicherweise nach oben und nach Ergänzungen finden wird. Kurz und gut: Der Nieselregen machte der Kamera nichts aus und selbst den trist-grauen Himmel verwandelte der ART-Filter ‚Dramatischer Ton‘ in eine sich eindrucksvoll auftürmende Wolkenkulisse.
Der neue ART-Filter Key-Line (Umrisslinien) verführt zu kreativen Experimenten.
Ein kurzer Exkurs zu den ART-Filtern: Über insgesamt 11 solcher Filter für kreative Verfremdungen zur Betonung oder Unterdrückung bestimmter Motiveigenschaften besitzt die neue OM-D E-M5. Der 11. scheint speziell für die Puppenstubenstadt, die sich wie eine riesige Open-Air-Studio-Kulisse für Fotografen präsentiert, geschaffen zu sein. Er macht aus dem Motiv eine farbige Zeichnung. Gerade wenn alles sonst Grau in Grau im Foto eher traurig wirkt, macht diese Form der Abstraktion auch ein verregnetes Amsterdam zum Blickfang.
Doch eine Kamera für engagierte Fotografen ist natürlich in erster Linie kein Spielzeug. Also kommen wir zu den wichtigsten Neuerungen und Merkmalen. Das sind natürlich der elektronische Sucher und der nach oben und unten kippbare Monitor.
Der helle OLED-Monitor lässt nach oben und unten kippen.
Absolut ein Muss für die Fotografie bei Sonne und Schnee oder hellem Umgebungslicht ist ein ans Auge zu führender Sucher. Die elektronische Sucherlösung von Olympus hat eine verblüffend gute Auflösung und wird automatisch aktiviert, sobald die Kamera ans Auge geführt wird. Er hat nicht die hohe Auflösung eines erstklassigen optischen Suchers aber dafür bietet er andere Vorzüge: Er zeigt vor der Aufnahme die Auswirkung aller Einstellungen auf die Bildwirkung in Echtzeit an und der Fotograf kann alle seine Einstellungen im Sucher wie auch auf dem Monitor ablesen, um zu kontrollieren welche Maßnahmen für das Ergebnis verantwortlich sind. Wenn wir meckern wollten, so würden wir uns vielleicht für ein zukünftiges professionelles Modell als Brillenträger einen etwas größeren Suchereinblick wünschen.
Auch die begrenzte Schwenkbarkeit des Monitors – er lässt sich nach oben und unten klappen aber nicht seitlich und nach vorn schwenken oder drehen – wäre auf den ersten Blick möglicherweise ein Kritikpunkt und Wunsch für zukünftige Modelle. Wir haben uns aber davon überzeugt, dass dies nicht unter allen Umständen wünschbar ist. Der 3“ große OLED-Monitor erlaubt die Kamerasteuerung per Fingerdruck. Das werden vor allem diejenigen schätzen, die auch mit der OM-D filmen wollen. Neben der Einstellung aller Kameraparameter per Touchscreen, kann der Filmer sehr einfach per Fingerzeig auch die Schärfe verlagern oder die Kamera-auslösen. Dafür ist eine festere Positionierung des Bildschirms, wie bei der OM-D E-M5 sinnvoll.
Langzeitaufnahme mit der Live Time Funktion.
Eine echte Innovation sind die Live Bulb und Live Time Einstellungen, in denen der Fotograf die Veränderung des Bildes während einer Langzeitaufnahme auf dem Bildschirm verfolgen und in dem Moment, wo das Bild der Absicht des Fotografen entspricht, die Belichtung stoppen kann. Wer noch im Labor seine analogen Abzüge gemacht hat, wird sich an das langsame Erscheinen des Papierbildes während der Entwicklung erinnern können. Ähnlich, allerdings sehr viel perfekter funktionieren die Live Bulb und Live Time Funktionen. Sie eigenen sich für experimentelle Bilder, bei der die Kamera während der Belichtung geschwenkt wird ebenso wie für Langzeitbelichtungen mit der Kamera auf dem Stativ und sich bewegenden Lichtquellen.
Ein unverzichtbares Zubehör erschien uns der zweiteilige Batteriegriff für die OM-D. Er besitzt für Hochformataufnahmen einen komfortablen, zusätzlichen Auslöser und ein zusätzliches Batteriefach. Auch er ist staub- und spritzwassergeschützt. Das Gleiche gilt für die neu für die Kamera angekündigten Objektive: das M.Zuiko Digital ED 60mm 1:2,8 macro mit einem Abbildungsmaßstab bis zu 1:1 und das M.Zuiko DigitalED 75 1:1,8, die im Laufe des Jahres auf den Markt kommen sollen. Wir haben die Kamera mit dem neuen M.Zuiko Digital ED 12-50 mm 1:3.5-6.3 EZ ausprobiert, das sich mit seiner Powerzoom-Funktion mit motorischer Brennweitenverstellung für Fotografieren und Filmen gleichermaßen anbietet. Es hat eine besonders leise, sehr weiche, in der Geschwindigkeit gut regulierbare, motorische Brennweitenverstellung. Die Umstellung auf manuelles Zoomen erfolgt schnell durch Verschieben des Zoomrings.
Noch in Planung das 75 mm-Porträttele und das 60 mm Makro-Objektiv.
Bereits erhältlich der OM-Objektiv-Adapter.
Bemerkenswert ist zudem die Bildqualität in der Makro-Einstellung, die eine 0,72-fache Vergrößerung bei Entfernungen zwischen 20 und 50 cm bietet. Über die L-Fn-Taste kann der Fotograf verhindern, dass die Kamera ungewollt auf das falsche Objekt scharfstellt. Der Fotograf kann diese Taste drücken, um beispielsweise den Fokus zu halten, wenn jemand durchs Bild läuft. Mit dem Objektiv kann wahlweise manuell oder automatsch gezoomt und scharfgestellt werden. Der Wechsel erfolgt schnell und einfach durch Verschieben und Drehen der getrennten Einstellringe. Wir haben nur mit Autofokus fotografiert, der uns sehr schnell und zuverlässig erschien. Vor allem auch in der Motivverfolgung bei den Serienaufnahmen der Sportmotive in der nur leicht mit zusätzlichem Filmlicht aufgehellten Skate-Board Halle oder draußen an dem beliebten Motiv des Amsterdam Schriftzugs vor dem Rijks-Museum.
Die AF-Steuerung der OM-D E-M5 arbeitet präzise, schnell und zuverlässig.
Die Kamera schafft Bildfolgen mit 9 Fotos in der Sekunde. Bei Serien von 4,2 Bildern in der Sekunde führt sie auch automatisch die Schärfe nach. Wir konnten das zwar nicht messen aber die AF-Einstellung erschien uns blitzschnell und für die Action-Motive, an denen wir die Kamera ausprobierten ausreichend schnell, präzise und zuverlässig.
Auch die Bildstabilisation mit dem neuartigen Fünf-Achsensystem korrigierte effektiv Verwacklungen beim Fotografieren mit langen Verschlusszeiten aus der Hand, wozu nahezu alle Außenaufnahmen unseres ersten Hands-on im regnerisch trüben Amsterdam zählten. Technisch erklärt Olympus diesen Gewinn durch die zusätzliche, kombinierte Korrektur von horizontalen, vertikalen und rotierenden Bewegungen.
Studio-Aufnahmen mit und ohne ART-Filter-Effekte.
Unter Studio Bedingungen war es natürlich zu erwarten, das bei professionell gesetztem Licht, die Kamera mit ihrem neuen 16-Megapixel Live-MOS Sensor Top-Ergebnisse zeigt. Also konzentrierten wir uns hier auf die ART-Filter Effekte. Als praktisch für derartige erste Experimente ist das ART-Filter Bracketing, bei dem die Kamera hintereinander Aufnahmen mit allen zur Verfügung stehenden Effekten aufzeichnet. Da kann der Fotograf schnell herausfinden, welcher Effekt sich für das anvisierte Motiv am besten eignet.
Vergleich Bildstabilisation mit 2 Achsen und mit 5 Achsen.
Über die endgültige Bildqualität können wir keine zuverlässige Aussage machen, da unsere Testmodelle noch nicht über eine finale Firmware verfügten. Die Ergebnisse, die wir auf A4 ausgedruckt bzw. auf dem Monitor geprüft haben, waren beeindruckend auch bei Aufnahmen mit hohen Iso-Werten. Der neue Live-MOS Sensor ermöglicht Empfindlichkeiten bis zu ISO 25.600 mit noch akzeptablen Rauschen.
Uns erschien die OM-D als die optimale Wahl für den Reisefotografen, der leichtes Gepäck bevorzugt und dennoch hohe Ansprüche an Kreativität und Bildqualität stellt. Es ist möglicherweise ein Aufsteiger aus der PEN-Klasse oder ein Umsteiger aus dem SLR-Lager. Die neue OM-D Linie soll aber laut Olympus das E-System nicht ablösen. Es ist auch vorstellbar, dass Kameras der PEN Linie sich als optimale Zweitkamera für OM-D-Fotografen anbieten und umgekehrt. Die fünf Stunden Hands-on in Amsterdam haben auf jeden Fall die Vorfreude auf einen umfangreichen Test geweckt. Wenn die Kamera, das hält, was unsere ersten Erfahrungen hoffen lassen, dann wird sie schnell viele Anhänger finden.