Bild Konrad Rufus Müller
„Seit ich Anfang der achtziger Jahre im Pariser Musée Duputren das erste Mal mit einer Sammlung missgebildeter Kinder konfrontiert war, ahnte ich, dass ich diesem Thema auf Dauer nicht würde ausweichen können. Der Schriftsteller-Freund Gerhard Roth, der in Wien auf diesem Gebiet ausführliche Studien betrieben hatte, und letztendlich ein Artikel in der ZEIT führten zu dieser konkreten Auseinandersetzung in Berlin“, berichtet Konrad Rufus Müller von seiner Arbeit:
„Ich habe diese kindlichen Wesen, die teilweise in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Ausstellung des Medizin-Historischen Museums der Charité zu sehen sind, in einen Raum mit weichem Tageslicht bringen lassen. Der klinische Befund in lateinischer Sprache, die kalte Ausleuchtung und die zu grosse Zahl aneinander gereihter ‚Objekte‘ waren einer sehr persönlichen Zwiesprache gewichen. Drei Tage habe ich fotografiert. Es waren die letzten des vergangenen Jahrhunderts. Wenn ich diese Arbeiten beschreibe, dann fallen mir auch Beispiele aus der Bildenden Kunst ein: Bilder und Skulpturen so genannter ‚primitiver Kunst‘ aus Ozeanien, Nordamerika und Afrika, die höllischen Malereien eines Hieronymus Bosch, die ‚Schwarzen Bilder‘ Francisco de Goyas oder auch das Triptychon ‚Drei Studien für eine Kreuzigung‘ von Francis Bacon aus dem Jahr 1962.“
Bild Konrad Rufus Müller
Konrad Rufus Müller, am 22. März 1940 in Berlin geboren, ist bekannt als der deutsche Kanzlerfotograf und als einer der renommierten deutschen Porträtfotografen. Auch Bilder der Arbeit „Terra Incognita – die Kinder der Charité“ sind Portraits – aber irritierende: kindliche Wesen, pränatale Menschen. Zu spüren – bei aller Irritation – ist der liebende Blick des Fotografen, der diesen Wesen Würde verleiht.
Unverwechselbar ist Konrad Rufus Müllers eigenwillige Arbeitsweise. Müller nutzt bis 1975 die alte Rolleiflex seines Vaters und seitdem ein Folgemodell. Er arbeitet nur mit „available light“, dem verfügbaren Licht, ausschließlich in Schwarz Weiß, immer analog und immer alleine.
Mit der Geduld eines Jägers wartet er auf den richtigen Moment – Licht, Position, Ausdruck, alles muss zusammenpassen.
Konrad Rufus Müllers Kindheit ist geprägt durch Kriegs und Nachkriegserlebnisse wie die Berlin Blockade 1947/48 und durch jesuitische Lebensphilosophie.
Im Jahr 1965 entstehen die mittlerweile berühmten Porträts von Konrad Adenauer, dem ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Adenauer bleibt Ausgangspunkt für eine bis heute andauernde künstlerische Auseinandersetzung des Fotografen mit den deutschen Kanzlern, mit Mächtigen der Politik, außergewöhnlichen Menschen und starken Persönlichkeiten. Als einziger Fotograf hatte Konrad Rufus Müller alle deutschen Kanzler vor der Kamera – einschließlich der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Darüber hinaus fotografierte er Staatsmänner wie Bruno Kreisky, Anwar el Sadat, Michail Gorbatschow und François Mitterrand sowie Künstler, Entertainer und Schauspieler von Friedrich Dürrenmatt bis Thomas Gottschalk. Aber auch andere Milieus hat Müller in seinen Arbeiten eingefangen – Bauernfamilien in Lech, Handwerker oder Gratian, einen Mann, den die Bewohner eines rumänischen Dorfes in den Karpaten für einen Werwolf halten.
Photobastei 2.0, Sihlquai 125, Zürich