Treffpunkt von tausenden Besuchern: Die Großbildinstallation ‚Erde Extrem‘
des Fotografen Carsten Peter an der Seebrücke von Zingst
Ein klar definiertes Thema, eine engagierte Botschaft und eine nachhaltig verfolgte Strategie haben das kleine Ostseeheilbad Zingst in unmittelbarer Nähe des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft an die Seite der ganz Großen katapultiert. Zu verdanken ist dies letztendlich wie meist den dort agierenden Menschen: Dem Kurator und Ideengeber Klaus Tiedge sowie dem nachhaltig agierenden Strategen Peter Krüger, die dem Erfolg des Festivals alles andere hintenan gestellt und manches auch geopfert haben. In den letzten acht Jahren haben sie aus einer Provinzveranstaltung ein Festival von internationalem Rang geschaffen, das hochkarätige Ausstellungen, exzellente Multivisionsschauen, lehrreiche und unterhaltsame Seminare, Workshops und Vorträge, kommunikative Events sowie ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm auch für diejenigen bietet, die sich nur am Rande für Fotografie interessieren.
Lightpainting am Zingster Strand: Ein Workshop mit Eric Scheuermann, Olympus.
Was war anders als sonst?
Größe und Perfektion eines solchen Festivals speziell für kreativ orientierte Besucher gehen sehr häufig auf Kosten des Charmes einer solchen Veranstaltung. Wenn dies auch auf Zingst zutreffen sollte, so war dies – wenn überhaupt – wohl nur hinter den Kulissen spürbar. Das Publikum litt allerhöchstens darunter, das für Spontanbesucher die meisten Veranstaltungen, Workshops und Multivisionen ausverkauft waren und man Glück haben musste, wenn zufällig hier und da noch ein Platz frei wurde.
Ein Publikumsmagnet: der Fotomarkt während des Festivals. Organisator Sascha Oemcke
mit der Übersicht der Standplätze der Aussteller.
Fotografie begeistert und polarisiert aus vielerlei unterschiedlichen Gründen. Dominierten zu Beginn des Festivals die Kreativen und Fotografie-Begeisterten, so gesellten sich in der zweiten Hälfte, als der Fotomarkt seine Pforten öffnete, zusätzlich die Technikfreaks dazu. Diese kamen in diesem Jahr voll auf ihre Kosten. Fast 50 Aussteller präsentierten im Zentrum des Heilbades, was die Fotoindustrie für das Hobby aber auch für die professionelle Fotografie aktuell zu bieten hat. Die Besucher des Fotomarktes konnten sich selbst über allerjüngste Trends der Fotografie, wie beispielsweise die Multicopter-Fotografie, Actioncams aber auch über die Nutzung von Smartphones in der Fotografie informieren. Damit dies schnell und effektiv erfolgen konnte, hatte der Organisator des Fotomarktes Sascha Oemcke einen sehr übersichtlichen Plan produziert, mit dem jedermann erkennen konnte, wo wer und was zu finden waren. Auch die Aussteller waren mit der Menge und dem Interesse der Besucher mehr als zufrieden.
Vorschau auf die Multivisionen des kommenden Tages
bei der allabendlichen Bilderflut an der Seebrücke.
Ausgesuchtes und ausgebuchtes Show-Programm
Das traditionell von dem bekannten Naturfotografen, UNESCO-Botschafter für Artenvielfalt und Ex-Schirmherrn des Festivals zusammengestellte Multivisionsprogramm schlug alle bisherigen Rekorde und war Abend für Abend ausverkauft. Vor vollem Haus zeigten acht Fotografen, die zur Weltelite ihrer Zunft gehören, unter dem Motto „Augenzeugen der Natur“ das Bild der Erde aus ihrer individuellen Sicht. Zu den Highlights gehörte sicherlich gleich der Eröffnungsvortrag von Carsten Peter unter dem Titel „Erde Extrem –Expeditionen an den Rand des Möglichen“. Auch die Show „Abenteuer Ozean –Geheimnisse der Weltmeere“ des Unterwasserfotografen David Hettich war sicher ein Glanzlicht des Festivals ebenso wie die Vorträge „Sagenhafte Alpen“ von Bernd Römmelt oder „Fighters –Wildnis und wilde Tiere Finnlands“ von Lassi Rautiainen.
Tolles Team: Die Young Professional von drei internationalen Hochschulen.
Gastland Niederlande
Als diesjähriges Gastland präsentierte Peter Konschake, der in Greifswald die Galerie STP betreibt, die Niederlande. Ein halbes Dutzend Fotokünstler zeigten ihre Arbeiten und gaben einen Überblick über den Stand der Fotografie bei unseren westlichen Nachbarn. In die dritte Runde ging das Internationale Studentenprojekt Young Professionals. Unter dem Thema „Sea of Light“ haben 15 Studenten aus den Bereichen Fotografie und Kunst von drei internationalen Universitäten in Lettland, den Niederlanden und Deutschland eine verblüffende Gemeinschaftsarbeit erstellt und in der Panzerhalle als Ausstellung präsentiert, die zum Nachdenken auffordert und oftmals erst auf dem zweiten Blick ihre Botschaft und Interpretation der Probleme unserer Gesellschaft erkennen lässt. Sehr sympathisch war die Vorstellung der Ausstellung durch Ramona Czygan von der Galerie STP, die die Studenten bei der Erarbeitung ihrer Werke begleitete und bei der Vernissage jeden Künstler einzeln vorstellte, ohne dabei auch nur ein einziges Mal auf einen Spickzettel sehen zu müssen.
Kurator, Stratege und Ideengeber des Festivals: Klaus Tiedge.
Große Fotokunst
Was Zingst aber aus der Szene herausragen lässt, sind die von KlausTiedge kuratierten horizonte, wie hier die Bilderschauen genannt werden. An die 20 hatte er zusammengestellt. 18 fanden im anspruchsvoll aufgemachten Katalog Platz. Das jährliche Highlight ist – wie meist auch in den vergangenen Jahren – die ganz und gar als Plattform des Kurators gedachte und präsentierte Gemeinschaftsausstellung „One World“. Hier gibt der Kurator einen umfassenden Einblick in den aktuellen Stand zeitgenössischer Fotokunst. Er versammelt Bilder von Fotografen, die Standpunkte, Ansichten und klare Statements vermitteln und dazu oftmals auch eine avantgardistische Bildsprache wählen. Es ist dieser Spagat zwischen großartiger Fotokunst, hochkarätiger Fotodokumentation und professionell in Szene gesetzten Fotografien, die den ‚horizonten‘ durchweg ihren besonderen Reiz geben und die dem scheidenden Besucher das Gefühl vermitteln, etwas verpasst zu haben, wenn er – warum auch immer, nicht hinter jeden Horizont blicken konnte.
Die Handimals von Guido Daniele vor dem Max Hünten Haus:
Die Natur liegt in Deinen Händen.
Ausstellung Till Brönner in der Leica Galerie Zingst im Alten Bahnhof.