Canons erste spiegellose Systemkamera:
Die EOS M
Zunächst das Lob: Die Canon EOS-M ist wirklich kompakt und auch relativ leicht. Dennoch liegt sie durch die gummierte Griffleiste auf der Frontseite und der Daumenablage auf der Rückseite gut in der Hand. Die abgeschrägte Fläche für den Auslöser ist nicht nur ein ansprechendes Design-Element sondern unterstützt auch die komfortable Auflage des Auslösefingers. Das um den Auslöser herum platzierte Modus-Wahlrad erlaubt nur drei Positionen: Motivautomatik, Foto-Kreativmodus und die Movie-Funktion. Damit erfüllt die Kamera auf den ersten Blick die Forderung der Aufsteiger aus der Kompaktkameraklasse nach einfachster Bedienung.
Wer einfach nur spontane Schnappschüsse machen möchte, der kann beim Fotografieren mit der Motivautomatik der Kamera die Einstellung und Steuerung aller für eine Aufnahmesituation relevanten Parameter überlassen und wird nahezu immer zu einem korrekt belichteten, scharfen Foto kommen. Das kannten wir aber schon von unseren Kompaktknipsen und dem Smartphone. Der APS-C große Sensor, der leistungsstarke Digic 5 Prozessor und die darauf abgestimmten Objektive (sogar mit zusätzlicher digitaler Korrektur von Abbildungsfehlern durch die Firmware) sorgen allerdings für Fotos mit einer deutlich höheren Abbildungsqualität und bieten durch die hohe Auflösung auch flexible Möglichkeiten, starke Ausschnitte zu erstellen oder Großvergrößerungen zu machen. Das allein ist schon einmal ein ausreichender Grund für den Umstieg.
Das komplexe Innenleben der Canon EOS-M: Aluminiumghäuse, Schnittstellen, Sensor, Verschluss.
Kreative Freiheit ohne Grenzen
Wer lieber selbst kreativ werden will und mit einem der Standardprogramme wie Programm-, Zeit oder Blendenautomatik fotografieren möchte oder sich zutraut, alle für die Aufnahme wichtigen Parameter manuell selbst zu wählen, der stellt das Modus-Wahlrad auf das weiße Kamerasymbol und hat so entweder ausschließlich per Touchscreen oder kombiniert über die Menu-Taste, das Wahlrad und die Set-Taste auf der Rückseite der Kamera Zugriff auf die Standardprogramme PSAM, bei Canon auch mit den Kürzeln M, Av, Tv und P gekennzeichnet. Diese vier Automatiksteuerungen werden bei Canon als Kreativprogramme beschrieben. Daneben gibt es noch die Kreativ Automatik ‚CA‘ sowie sieben Motivautomatiken für Porträt, Landschaft, Nahaufnahmen, Nachtaufnahmen ohne Stativ sowie HDR Gegenlicht zum Kontrastausgleich und zur Aufhellung von Schatten. Beim HDR Programm macht die Kamera drei Aufnahmen in Folge mit unterschiedlicher Belichtung, um aus diesen dann eine neues Bild mit angepassten, ausgeglichenen Kontrasten zu machen.
Beispielbilder Nightshot-Modus für Nachtaufnahmen aus der Hand.
Nachtaufnahmen aus der Hand
Eine besonders interessante Funktion ist die Betriebsart für Nachtaufnahmen ohne Stativ, in der die Kamera in schneller Folge vier Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtung macht, die sie anschließend zu einem scharfen, korrekt belichteten Bild im JPG-Format zusammensetzt. Die Ergebnisse sind überraschend scharf und geben hervorragend nächtliche Stimmungen wieder. Allerdings muss man dabei Zugeständnisse hinsichtlich eines starken Bildrauschen und auch bezüglich des Weißabgleichs, der beispielsweise bei blauer Kunstlichtbeleuchtung wie bei unserer Aufnahme vom U-Bahnhof Münchner Freiheit einen in der Realität mit dem Auge nicht festzustellbaren Magenta-Stich wiedergibt. Dies scheint aber eine allgemeine Schwäche des neuen Sensors zu sein. Vergleichsaufnahmen, die wir beispielsweise ebenfalls aus der Hand mit der Fuji X-E1 (deutlich größer, deutlich teurer) gemacht haben, zeigen diese Schwäche nicht.
U-Bahnhof Münchner Freiheit: Links die Aufnahme mit der Fujifilm X-E1, rechts das Foto mit der EOS M. Beide mit ISO 1600 und automatischem Weißabgleich.
Wer Available-Light Aufnahmen liebt und wer das Bildrauschen mit der Körnigkeit hochempfindlicher analoger Filme assoziiert oder wer sich bei Action-Fotos häufig mit schlechten Lichtbedingungen auseinandersetzen muss, der wird den hohen Empfindlichkeitsbereich von ISO 100 bis maximal ISO 12.800 der EOS-M zu schätzen wissen. Wer brillante Fotos mit satten klaren Farben bevorzugt, der sollte die ISO Auto-Einstellung auf maximal ISO 800 oder ISO 1000 begrenzen, um eine optimale Bildqualität zu erreichen.
Doch ein technisch perfektes, scharfes und korrekt belichtetes Foto mit hoher Auflösung sowie mit sauberen, realistisch anmutenden Farben in differenzierter Tonwertabstufung muss nicht unbedingt auch ein ansprechendes und vom Betrachter als gut angesehenes Bild darstellen. Oft bringt der kreativ verwendete Bruch mit der Perfektion, ein Überschreiten der Gestaltungsregeln erst das außergewöhnliche, begeisternde Foto. Die Canon EOS M bietet auch für die Realisierung solcher individuellen Gestaltungswünsche alle Voraussetzungen: Teilweise durch halbautomatisch, teilweise durch die ausschließlich manuellen Steuermöglichkeiten und Spezialfunktionen wie ihre interessanten Filter für Verfremdungseffekte.
Filter und Effekte
Eine Besonderheit der von der Canon EOS M angebotenen Effektfilter ist die Möglichkeit, sie auch nach der Aufnahme selbst auf Bilddaten im RAW-Format anwenden zu können. In diesem Fall werden die nachträglich in der Kamera bearbeiteten Fotos in einer neuen JPG-Datei gespeichert. Die Originalaufnahme bleibt erhalten. Als Filtereffekte stehen die Schwarzweißkonvertierung, ein Weichzeichner, Fischaugeneffekt, Ölgemälde, Aquarell, Spielzeugkamera und Miniatureffekt zur Wahl. Dabei kann der Anwender auch noch in drei Stufen bestimmen, in welcher Stärke der Effekt zur Anwendung kommen soll.
In der EOS M angewandte Effekte: Körnigkeit/SW, Fisheye, Aquarell, Spielzeugkamera.
Größtes Manko der Canon EOS M bisher ist das Fehlen eines umfangreichen Objektivprogramms. Speziell für die Kamera mit dem EOS-M Bajonett gerechnet gibt es nur das EF-M 22mm1:2. Das gemäßigte Weitwinkel ist leicht und kompakt und bietet eine hervorragende Abbildungsleistung, die sogar noch durch die Kamerafirmware optimiert werden kann. Das Standard Zoom 18 bis 55 mm 1:3,5 bis 5,6 STM wird von Canon wegen seines STM-AF-Antrieb als besonders schnell und leise angepriesen. Die Geschwindigkeit lässt sich sicher noch optimieren.
Die Präzision der AF-Steuerung wird durch die Möglichkeit, das AF-Feld per Fingertipp auszuwählen, unterstützt. So kann der Anwender sehr genau bestimmen wo die schärfe im Motiv liegen soll, und er kann auch durch Antippen des Touchscreens die Kamera Auslösen. Das ist allerding gewöhnungsbedürftig und wenn diese Funktion aktiviert ist, kam es bei unserem Praxistest immer wieder zu unbeabsichtigten, versehentlichen Auslösungen.
Ansonsten liefert der Touchscreen Monitor eine hohe sehr Bildqualität. Dennoch kann er einen Sucher nicht ersetzten. Bei starkem Umgebungslicht wird die Ausschnittwahl zum Rätselraten. Das starre Display lässt sich weder drehen und schwenken und es gibt auch keinen elektronischen Sucher als externes Zubehör. Da die Kamera aber über eine AV-Schnittstelle verfügt, müsste der Anschluss eines externen Monitors über Kabel machbar sein.
Aufnahmen mit Canon EOS M und Nikkor 70-200mm 1:2.8
sowie Novoflex Adapter.
Flexible Objektivwahl durch Adapter
Neben den beiden Objektiven standen uns auch der Canon Mount Adapter EF-EOS M für die Verwendung von Canon EF und EF-S Objektiven an der EOS-M sowie der EOS-M Nikon Adapter für den Ansatz von Nikkor Objektiven zur Verfügung, Der Canon Adapter macht natürlich die EOS-M als Zweitkamera neben einer Canon DSLR attraktiv, zumal alle Funktionen wie Autofokus und automatische Blendensteuerung auch beim Adaptereinsatz möglich ist.
Bei Verwendung der Novoflex-Adapter muss in den Individualfunktionen die „Ohne Objektiv auslösen“ Funktion aktiviert werden.
Wird der Novoflex Adapter eigesetzt kann die Blendensteuerung stufenlos manuell erfolgen und live die Veränderung auf dem Monitor direkt beurteilt werden. Wir haben die EOS M mit dem AF-S VR Nikkor 70 – 200mm 1:2.8 verwendet und verblüffende Ergebnisse mit harmonischen Kontrasten extremer Schärfe und differenzierter Tonwertabstufung erhalten. Allerdings wirkt es sehr unproportioniert, das riesige Telezoom an der winzigen EOS M zu sehen. Überhaupt wirken die SLR-Objektive an der Kamera überdimensional.
Mit 18 Megapixel liefert die Canon EOS M ausreichend Reserven für Großvergrößerungen und Ausschnitte.
Fazit:
Es ist verblüffend, dass in dieser winzigen Systemkamera tatsächlich die ganze Technik der Canon EOS 650 Mittelklassekamera steckt. Trotzdem erscheint der späte Einstieg von Canon in das Segment der spiegellosen Systemkameras etwas halbherzig. Vor allem erschien uns die Kamera im Vergleich mit anderen, auch professionelle Ansprüche in Bildqualität und Handling erfüllenden DSLM-Modellen noch verbesserungswürdig. Ein elektronischer Sucher oder zumindest ein bewegliches Display wären wünschenswert. Das duale Bedienkonzept per Touchscreen, Tasten und Wahlrad erschließt sich intuitiv und einfach. Freude macht auch die solide und robust wirkende Verarbeitung der kleinen, elegant wirkenden Kamera. Auch die AF-Steuerung könnte schneller sein. Der große Sensor, die hohe Auflösung und der Digic5 Prozessor liefern in Kombination mit den neuen EF-M Objektiven aber auch mit den EOS EF sowie EF-S Objektiven eine sehr gute Bildqualität mit ausreichenden Reserven für den großformatigen Druck oder starke Bildausschnitte. Trotz Adaptiermöglichkeit von EF- und EF-S sowie den Objektiven nahezu aller Hersteller über Adapter, wie sie beispielsweise Novoflex schon anbietet, wäre ein größeres Angebot kompakter EOS-M Originalobjektive wünschenswert. Wir sind gespannt, auf die Modelle der nächsten Generation.