Er erwische sich immer häufiger dabei, seine Leica M daheim zu lassen und stattdessen zur Q zu greifen, gestand Andreas Kaufmann während der Vorstellung der Leica Q in München. Nachdem uns die Kamera nun auch etliche Wochen begleitet hat, können wir dies durchaus nachvollziehen. Allerdings sei auch gewarnt: Diese edle Kompaktkamera ist vielleicht nicht der richtige Einstieg in die Fotografie (in die Leica Fotografie vielleicht). Sie ist vielmehr die ‚Ausgehkamera‘ für Leica Fans. Eine für alle Fälle, eine für Puristen, eine für die Straßenfotografie aber auch eine für Bildjournalisten, die am liebsten mitten aus dem Geschehen mit authentischen Bildern aus nächster Nähe berichten.
Klassische Formgebung mit klaren Linien und Kanten zeichnen die Leica Q aus.
Wie von einer Leica nicht anders zu erwarten, steht die Bildqualität bei einer Kamera dieser Kategorie außer Frage. Deshalb hier nur ein kurzer Hinweis auf den Grund dafür: Die Kamera verwendet einen Vollformatsensor und ist mit einem festeingebauten, auf Sensor und Prozessor perfekt abgestimmten, hochlichtstarken Leica Summilux 1:1,7/28 mm ASPH Weitwinkelobjektiv bestückt. Der 24 MPix CMOS Vollformat-Bildsensor deckt einen ISO-Bereich von ISO 50 bis ISO 50.000 ab, sodass er auch bei extrem schwacher Beleuchtung noch verwertbare Aufnahmen liefert. Zudem behauptet Leica, die Kamera arbeite mit dem schnellsten AF-System aller Vollformatkameras ihrer Klasse, was einer Scharfstellung in Echtzeit nahekäme. Diesen Eindruck können wir nur bestätigen. Gefühlt – denn messen können wir das nicht.
Auch unserem Eindruck zur Bildqualität, liegt kein Messwert zugrunde, aber es ist der kritische Blick erfahrener Fotografen bei der Beurteilung der Darstellung am Referenz Monitor und der auf Epson A3-Druckern ausgegebenen FINE-ART Prints. Diese visuelle Beurteilung der Ergebnisse ließ keine Wünsche offen.
Für Leica Fotografen mag es unschicklich klingen, über Geld zu reden. Es gilt als selbstverständlich, dass eine Leica nicht zum Schnäppchenpreis zu haben ist. Doch für alle, die schon einmal zu sparen beginnen wollen, sei er dennoch genannt. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei knapp 4.000 Euro.
Der automatische Weißabgleich liefert neutrale Farben auch – wie hier- bei Mischlicht.
Doch dafür bekommt der Käufer weit mehr als eine Kamera, die für erstklassige Bildqualität steht. Die Leica Q signalisiert eine Haltung. Sie steht für Qualität und Wertbeständigkeit aber auch für eine puristische Art der Fotografie. Ihr klassisches Design ist unauffällig auffällig und der rote Punkt macht anderen deutlich, wes Geistes Kind der Besitzer ist. Ihre äußere Form ist mehr als ein Zitat der berühmten Leica M-Kameras und die Eleganz der Linienführung, die klaren Kanten, das griffige Einstellrad für die Verschlusszeiten sowie das gerändelt Funktionseinstellrad unterstreichen den minimalistischen Designansatz, durch den die hochwertigen Materialien erst wirklich zur Geltung kommen. Die Deckkappe wird aus Aluminium gefräst, das Chassis aus Magnesium hergestellt. Letzteres besitzt eine dezente Belederung im feinen Rautenmuster, das die Griffigkeit der Kamera optimiert.
Das Gehäuse ist funktional und ergonomisch gestaltet. Streng nach der Leica Philosophie folgt es dem Anspruch der Konzentration auf das Wesentliche. Blenden und Blendenautomatik werden am Blendenring vorgewählt, Verschlusszeiten- und Zeitautomatik am Verschlusszeitenrad. Über den Ein/Ausschalter wird auch die Bildfolge, sprich Einzelbild- oder Serienbildschaltung gewählt Wie auch bei anderen Herstellern üblich, dient eine kleine Taste mit rotem Punkt zur Aktivierung der Videoaufnahme. Eine Daumenmulde auf der Rückseite verbessert den Halt. Die darunterliegenden Vierwege-Wipptasten mit der Bestätigungstaste in ihrer Mitte dienen zur Navigation durch das Einstellmenü der Kamera. Darüber bzw. darunter sind unauffällig die Statusleuchte und der Lautsprecher untergebracht. Auf der linken Seite neben dem hochauflösenden Display befinden sich Wiedergabe- und Löschtaste, eine FN-Taste zum Aufruf vorprogrammierter Aufnahmeeinstellungen, die ISO-Taste sowie die Taste zum Aufruf des Einstellmenüs. Letzteres verdient besonderes Lob für seine klare Gliederung und die einfache, intuitiv erfassbare Navigation. Eine Kleinigkeit am Rande, die aber vielleicht zeigt, wie Leica Konstrukteure ticken: Dem Blitzmenü fehlt die kryptische Bezeichnung der Blitzauslösung auf dem 2. Verschlussvorhang. Stattdessen findet sich die Variante, Blitzen am Ende der Belichtung. Das versteht jeder und jeder kann sich vorstellen, dass bei Langzeitbelichtung ein bewegtes Objekt erst dann durch den Blitz eingefroren wird, wenn seine Lichter bereits Wischspuren im Bild hinterlassen haben. Das heißt, die Bewegungsunschärfe liegt natürlich wirkend hinter dem Objekt. Zwar bleibt die Wirkung gleich, aber für das Verständnis ist der Leica Weg ungleich klarer.
Auch Nahaufnahmen sind für die Leica Q kein Problem. Dafür bietet das Objektiv
eine spezielle Macro-Einstellung. Fotografiert mit ISO 100 und Blende f/2.8.
Zur Ausschnittbestimmung und Einstellungskontrolle gibt es einen hochauflösenden, elektronischen Sucher mit hohen Bildwiederholraten. Der elektronische Sucher mit seinen 3.68 Millionen Bildpunkten schaltet sich praktischerweise automatisch ein, sobald die Kamera ans Auge geführt wird. Das ist keine Leica Besonderheit aber sehr nützlich beim Fotografieren bei hellem Umgebungslicht und für das schnelle Umschalten von der Ausschnittwahl über den Monitor auf den elektronischen Sucher.
Warum 28 mm?
Darüber, welche Brennweite bei einer Kompaktkamera mit festeingebautem Objektiv die optimale sei, streiten sich schon seit den Zeiten der analogen Fotografie die Experten. Letztendlich entscheidet die geplante Hauptnutzung der Kamera über die Antwort. Wie auch immer sie beantwortet wird, bedeutet sie für Jeden und Jede, die ambitioniert fotografieren, eine Einschränkung seiner kreativen Möglichkeiten. Doch gerade in dieser Selbstbeschränkung sehen viele Puristen die Chance für einen klaren individuellen Stil. Für uns erwies sich das Summilux 1:1.7/28 mm ASPH als außergewöhnlich vielseitig einsetzbar. Ob Reportage, Landschaft, Städtebilder, Street Photography aber auch durch seine Macro-Einstellung für Nahaufnahmen mit einer besonderen Perspektive: Das Objektiv zeigte sich als sehr flexibel einsetzbar. Sogar für die dynamische Food-Fotografie eröffnet es reizvolle Perspektiven und Möglichkeiten, einzigartige, flüchtige, Augenblicke spontan in hochwertigen Aufnahmen festzuhalten.
Aufnahme mit ISO 3200, Blende 5,6 und 1/40s.
Zudem bietet die Leica Q die Möglichkeit des digitalen Zoomens. Sie lässt mit reduzierter Auflösung auch Bildausschnitte die den Bildwinkeln eines 50mm oder 35mm Objektivs entsprechen zu. Dabei können Anwender sich sogar ein wenig wie echte M-Fotografen fühlen. Denn analog zum traditionellen Leuchtrahmensucher in Leica M-Kameras wird der Bildausschnitt für den gewählten Bildwinkel mit einem weißen Rahmen begrenzt, während der Gesamtausschnitt des 28-mm-Weitwinkels sichtbar bleibt. Leicas Argumentation für diese Form: Der Anwender sieht, was außerhalb des eigentlichen Bildfeldes passiert. Er kann sich darauf einstellen und dies auch bei der Ausschnittwahl berücksichtigen. Welches nun das Lieblingsobjektiv auch sein mag, es ist nach den Aussagen der Leica Top-Manager bei der Kameravorstellung durchaus mit weiteren Modellen mit Objektiven anderer Brennweiten zu rechnen. Neben den klassischen Features einer hochwertigen Kompaktkamera mit professioneller Bildqualität bietet die Leica Q alles, was von einer modernen Kamera ihrer Klasse heute erwartet werden kann.
Selbstverständlich verfügt sie für die an Smartphones gewöhnten Nutzer alternativ über eine Touchscreen-Steuerung. Neben den klassischen Betriebsmodi PSAM gibt es auch die üblichen Szene-Programme und selbstverständlich sind auch WiFi und NFC für die kabellose Fernbedienung und das schnelle Teilen von Bildern über das Smartphone und Internet mit an Bord. Die dazugehörige Leica Q App kann gratis im Playstore heruntergeladen werden.
Feine, natürlich wirkende Tonabstufungen im Weiss und im Grün,
bei ISO 400, Blende 5,6.
Fazit: Die Leica Q ist erneut ein Beispiel dafür, wie sich modernste Technik intelligent in einem klassischen Produkt integrieren lässt, das emotional anspricht und Begehrlichkeiten weckt. Darüber hinaus ist sie eine ideale Begleiterin für Alle, die auch in der spontanen Fotografie bei ihrem Anspruch auf höchste Qualität keine Zugeständnisse machen wollen. Wir sind schon gespannt auf den angekündigten Familienzuwachs.
Aufnahme mit ISO 100, Blende 8, 1/1000s.
Das Vollformat und die Auflösung von 24 MPix lassen große Reserven für die nachträgliche Ausschnittwahl.