Fujifilm XH1 mit Batteriegriff für Hoch- und Querformataufnahmen.
An vier Workshop-Stationen mit professionellen Studio- und „On-Location“- Bedingungen konnten die geladenen Fotofachjournalisten sich austoben und die neue Profikamera bis an ihre Grenzen bei Foto und Video ausreizen. Die Location selbst war mit ihrem historischen Palazzo-Ambiente Animation und Herausforderung zugleich. Vor allem in den „Available Light“ Situationen, wo das von außen einfallende, harte Sonnenlicht sich mit Studioblitz-, Einstelllicht- und der Raumbeleuchtung mischte. Sicher konnte jeder auch das perfekt gesetzte Studiolicht nutzen und damit garantiert perfekt belichtete und professionell ausgeleuchtete Fotos mit einem makellosen Weißabgleich erhalten. Ein besonderer Reiz aber waren gerade die Side-Shots, jene Bilder, in denen die außergewöhnliche Stimmung und Atmosphäre der Location zum Ausdruck kam.
Obwohl sich Einiges am Bedienkonzept der X-H1 im Vergleich zur X-T2 aber auch der GFX 50S verändert hat, fühlte man sich beim ersten in die Handnehmen sofort mit der Kamera vertraut. Dass kein Fremdeln aufkam, verhinderten die bereits länger mit der Kamera befassten Profifotografen an den einzelnen Workshop-Stationen, die mit geradezu schlafwandlerischer Sicherheit, auch die abenteuerlichsten Kameraeinstellungen ihrer testwütigen Kollegen schnell wieder korrigierten.
Die Fujifilm X-H1 liegt durch den ergonomisch
geformten Handgriff gut in der Hand.
Ein Grund für die sofortige Vertrautheit schon beim ersten In-die-Handnehmen der Fujifilm X-H1, ist der neue, etwa stärker als bei anderen X-Modellen ausgeprägte Handgriff, der sofort ein Gefühl von Komfort und Sicherheit vermittelt. Er wiegt auch auf, das die Kamera im Vergleich zur T2 etwas schwerer wurde, was dem Ziel kompromissloser Professionalität zuzuschreiben ist. Das empfand mancher Mittester als Mangel. Für diejenigen aber, die noch mit professionellen Spiegelreflex-Profikameras arbeiten mussten, kaum erwähnenswert. Ebenfalls kontrovers aufgenommen wurde das beleuchtete Schulterdisplay auf der Kameraoberseite. Die typische Frage: Wozu brauche ich das? Vor allem, wenn ich die vorgenommenen Einstellungen normalerweise hervorragend and den entsprechenden Bedienelementen ablesen kann? Aber was ist bei Situationen mit Schummerlicht oder bei Dunkelheit? Für mich als begeisterter Langzeitbelichter für stimmungsvolle Aufnahmen mit extrem wenig Licht ist das Display eine wirklich gute Sache, macht es doch die unpraktische Stirnlampe oder Minitaschenlampe überflüssig.
Auch bei schwachem Umgebungslicht gut ablesbar,
das hinterleuchtbare Schulterdisplay der Fujifilm X-H1.
Eine ebenso nicht von allen Profis gleich geschätzte aber von vielen Actionfotografen geforderte Verbesserung ist der Wegfall des Druckpunktes, bei halbgedrücktem Auslöser zur Aktivierung der Messsysteme und Automatiken. In dieser Position werden die ermittelten Messwerte und die daraus resultierenden Einstellungen für Belichtung und/oder Fokussierung blockiert, auch wenn der Bildausschnitt geändert wird. Bei der X-H1 haben die Fujifilm Ingenieure ein völlig neues Auslösesystem entwickelt. Es ermöglicht das Durchdrücken des Auslösers ohne Druckpunkt auf halben Weg. Auch diese Neuerung basiert auf Wünschen von Fotografen aus dem professionellen Sport- und Actionlager.
Die Vorteile dieser Neuerung wurden mir gleich beim ersten Motiv in dem zum Fujifilm Großstudio umfunktionierten Palacio Conde De Obidos, deutlich. Dort ging es darum Tänzer beim Pas de Deux zu fotografieren. Dabei ging es trotz Einsatz von Profoto Highspeed-Blitzgeräten darum, den Auslöser möglichst verzögerungsfrei in den entscheidenden Bewegungsphasen durchzudrücken. Dieses Motiv bei dem die Tester der Fotomedien ausgiebig Gelegenheit hatten, einzeln die voreingestellte Blitzanlage zu nutzen, barg aber weitere Herausforderungen für die Kamera. Statt das perfekte Blitzlicht zu nutzen, wurden – übrigens sehr erfolgreich – immer wieder mit der vorhandenen Mischlicht-Situation die Grenzen der Kamera bezüglich Weißabgleich, Bildstabilisation und hohen ISO-Werten ausgereizt. Die Ergebnisse sind verblüffend, wie es die Kollegen auf ihren Webseiten demonstrieren. Die Features der FX-H1, die dazu beigetragen haben. waren der schnelle Autofokus und die ebenso schnelle wie präzise Möglichkeit der Positionierung des Messpunktes über den 8-Wege-Joystick, ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen, der exzellente automatische Weißabglich selbst in Gegenlicht- und Mischlichtsituationen sowie die hervorragende fünfachsige IBIS Bildstabilisation (In Body Image Stabilizer). Diese sehr effektive Verwacklungsbremse, funktioniert zwar mit allen ansetzbaren Objektiven, erreicht aber nur in Kombination mit den Objektiven, die auch eine optische Bildstabilisation durch Linsenkompensation ermöglichen, die höchste Leistungsstufe zum fünfachsigen Ausgleich von 5,5 Lichtwerten. Diese Neuerung sorgte auch beim Einsatz von längeren Verschlusszeiten für scharfe Bilder, solange nicht die Bewegung des Paares eine Bewegungsunschärfe verursachte. Weitere Pluspunkte der Kamera, die bei dieser Motivsituation zum Tragen kamen, waren der hohe Dynamikumfang des Sensors und das geringe Bildrauschen selbst bei hohen ISO-Werten, die je nach Qualitätsanspruch durchaus bei ISO 800 bis 1600 noch immer akzeptable Ergebnisse lieferten. Der norwegische Fotograf Pål Laukli, der dieses Set betreute war selbst begeistert, mit welchen Fähigkeiten die Kamera hier überraschte. Gerade in der starken Gegenlichtsituation war in den Übergängen von Lichtern und Schatten kaum Ausfransen festzustellen.
Beispiele für dieses Motiv finden Sie in dem Bericht von Benjamin Lorenz auf der Webseite der Fachzeitschrift digitalphoto.de
Portraitfotografie mit Deniz Saylan
Gegenlicht, aufgehellt durch Profoto Studioblitzgeräten mit Softboxen, war die Herausforderung aber auch der besondere Reiz der Lichtsituation beim Porträt-Workshop von Deniz Saylan in der wunderschönen Bibliothek des historischen Palacios De Obidos. Deniz Saylan ist komplett auf das X-Kamerasystem von Fujifilm umgestiegen und hat sich voll und ganz von seinem Spiegelreflex-Equipment getrennt. Seine Begründung: vor allem das Handling, Größe und Gewicht der X-Serie Kameras.
„Ich fotografiere häufiger ‚on location‘ und reise viel“, begründete er in Lissabon gegenüber den Testern diese Entscheidung. Die relativ kompakten, spiegellosen Fujifilm Kameras kann er als Handgepäck sicher mit in die Flugzeugkabine nehmen. In der Bildqualität sieht er keine Unterschiede, die ihn dazu bewegen könnten zu einer DSLR zu greifen. Die überzeugenden Bildbeispiele aus der Bibliothek der Palacios haben auch viele Kollegen genutzt, die Stärken bei Dynamikumfang aber auch bei der Hauttonwiedergabe ihren Lesern zu demonstrieren.
Einige Beispiele dazu finden sie auf der Facebook-Seite unter folgenden Links:
Deniz Saylan Facebook-Foto 1
Deniz Saylan Facebook-Foto 2
Deniz Saylan Facebook-Foto3
Hochzeitsfotografie mit Scott Johnson
Im Workshop Hochzeitsfotografie zeigte der Scott Johnson in der Kapelle des Palastes die Stärken der X-H1 in der Available Light Fotografie. Der erfolgreiche Hochzeitsfotograf wird vor allem gern wegen seiner stimmungsvollen, Hochzeitsreportagen gebucht. Auch in Lissabon zeigte er mit den beiden Models vor allem, wie wesentlich es ist, bei solchen Aufträgen, wo die Studiofotografie nur einen begrenzten Raum im Gesamtpaket einnimmt, die Vorzüge vorhandener Beleuchtung zu erkennen und flexibel zu nutzen. Voraussetzung dafür ist aber auch, dass die Kamera einen entsprechenden großen Dynamikumfang bietet, der es ermöglicht sowohl in der Textur eines weißen Hochzeitskleides als auch in den gedeckten Farben des Anzuges vom Bräutigam noch Zeichnung und Strukturen sichtbar machen kann.
4K Videos mit Benjamin Kurtz
Nun ist die X-H1 von Fujifilm nicht nur ein starkes Werkzeug für Fotografen. Im vierten Workshop des Tages erläuterte der Kölner Fotograf und Filmemacher Benjamin Kurtz die neu hinzugekommenen Stärken im Bereich Video. Nicht nur dass die X/H1 4K Clips aufzeichnen kann, sie ermöglicht auch die Simulation des legendären, analogen Eterna Filmmaterials von Fujifilm. Time Code, F-Log SD Aufzeichnung und HDR mit 12 Blendenstufen sowie ein Mikrofon Eingang sind weitere Eigenschaften für die professionelle Filmaufzeichnung mit dieser Kamera. Gleichzeitig mit der X-H1 hat Fujifilm auch zwei neue Cine MKX-Zoomobjektive mit Brennweitenbereichen von 50 bis 135 und 18 bis 55, beide mit einer größten Blendenöffnung von T2,9 für Kameras der X-Serie vorgestellt. Diese speziell für Videofilmer entwickelten Zooms gibt es allerdings erst ab Juni des Jahres. Sie sollen weder Focus Shift beim Fokussieren noch Lens Breathing beim Zoomen und auch keine Verschiebung der optischen Achse während des Zoomens aufweisen.
Einen Eindruck von den filmischen Talenten der neuen X-H1 von Fujifilm gibt das von dem Video-Workshop-Leiter Benjamin Kurtz gedrehte Video von der jungen Harfenistin.
Nicht ganz allein gelassen von den Fujifilm Kameraexperten aber immerhin mit vielen Möglichkeiten zu individuellen Entdeckungen in der zauberhaften Burganlage und in der darunter liegenden Altstadt bildeten einen weiteren Höhepunkt der ersten Begegnung mit dem neuen Flaggschiff der X-Serie von Fujifilm. Leichtes Spiel für die Kamera, die hier ihre Grundstärken voll ausspielen konnte: Strahlender Sonnenschein, hohe Kontraste, krachende Farben des sich ankündigenden portugiesischen Frühlings. Ihre überzeugenden professionellen Neuerungen konnte die X-H1 hier gar nicht unter Beweis stellen: das robuste Gehäuse, das gegen Umwelteinflüsse wie Staub, Feuchtigkeit, Schmutz und Minusgrade geschützt und mit über 100 Dichtungen versehen wurde. Auch der größere Kühlkörper, der die Kamera vor zu großer Hitzeentwicklung bei extremer Beanspruchung schützt und somit ein stärkeres Rauschen verursacht durch Überbeanspruchung verhindert oder zumindest effektiv reduzieren soll, musste hier wohl kaum seine Effektivität beweisen.
Wohl aber wurden die Stärken des verbesserten Autofokus, der IBIS Bildstabilisation, des 3-Wege-Touchscreen und des mit 3,69 Millionen Bildpunkten auflösenden und eine Reaktionszeit von nur 0,005 Sekunden bietenden elektronischen Suchers beim nachmittäglichen Photo-Walk deutlich. Einen Nachschlag gab es dann noch am späten Abend im Factory LX Ausgehviertel, wo sich spärlich beleuchtete Szenen zuhauf anboten und zum Fotografieren animierten. Auch sie meisterte die Kamera mit Bravour.
Lissabon LX Factory Fujifilm X-H1 XF16-55mm F2.8 R LM WR
1/25 Sek. f/2,8 ISO 2500
Fazit:
Eine Kamera die alle begeistert, wird es kaum mehr geben. Zu gut sind die Modelle aller Hersteller in den Grundfunktionen geworden und zu unterschiedlich die Innovationsschwerpunkte. Die Fujifilm X-H1 überzeugt durch Professionalität, Handlichkeit und Praxisnähe und hohe Bildqualität in unterschiedlichsten Situationen. Der AF mit seinen 10.000 Phasenerkennungspunkten und 60 verschiedenen Datenanalysen ist schnell und zuverlässig auch bei wenig Licht. Die Bedienelemente sind gut gekennzeichnet und bequem zu greifen. Es macht einfach Spaß mit dieser Kamera zu fotografieren. Ich hatte den Eindruck, dass die Fotografen Deniz Saylan, Pål Laukli, Scott Johnson und Benjamin Kurtz, die damit arbeiten durften oder mussten – so wie sie sich äußerten und was auch ihre Facebook Einträge zeigen – ebenfalls ihren Spaß hatten. Danke, das hat sich übertragen!