Bild: Reza Nadji
„Berge begegnen sich nicht, wohl aber Menschen.“ Dieses alte persische Sprichwort geho?rt zu den a?ltesten und den am weitesten verbreiteten. Gemeint ist unter anderem die Situation, bei der entfernte Freunde sich an einem dritten Ort treffen. Bei der aktuellen Ausstellung der Michael Horbach Stiftung treffen sich sechs junge Ku?nstlerInnen mit persischen Wurzeln an einem neutralen Ort in der Ko?lner Su?dstadt, um gemeinsam eine von Ge?rard A. Goodrow kuratierten Ausstellung zu bestreiten. Von Bildern und Zeichnungen u?ber Objekten und Installationen bis hin zur Fotokunst sind sa?mtliche Medien vertreten.
Allesamt zwischen 1971 und 1980 geboren, die sechs TeilnehmerInnen – Mahssa Askari, Bahar Batvand, Gila Abutalebi, Linda Nadji, Reza Nadji und Pari Moradi – stehen Pate fu?r eine junge bis mittlere Generation deutscher Gegenwartsku?nstler mit Migrationshintergru?nden, die – in geschickter Kombination mit den Erfahrungen und Erlebnissen in der neuen Wahlheimat – mal mehr, mal weniger Ausdruck in ihren ho?chst differenzierten Arbeiten finden.
Bahar Batvand (*1974 in Ahwaz, lebt in Düsseldorf) beschäftigt sich in ihren Arbeiten in der Regel mit Schrottteilen und dem sogenannten Unnützen. Das Multitalent Gila Abutalebi (*1971 in Ried, Österreich, lebt in Köln), das auch im Bereich der Sprachkunst tätig ist, setzt handgeschriebene Buchstaben als malerisch abstrakte aber auch erzählerische und metaphorische Zeichen in Szene. Mithilfe mehrfach überlagerter, semitransparenter Farbschichten erzeugt Mahssa Askari (*1980 in Khoramshahr, lebt in Düsseldorf) eine ebenfalls ungewöhnliche malerische Spannung. Linda Nadji zeigt skulpturale Arbeiten und Bilder alltäglicher Gegenstände aus verschiedenen Werkgruppen.
Bild Pari Moradi
Die 1977 in Teheran geborene Iranerin Pari Moradi ist die erste Stipendiatin der Michael Horbach Stiftung. Die Künstlerin studierte zunächst Englisch und Indogermanistik. Im Jahr 2009 begann sie als Autodidaktin mit der Malerei. 2011 war sie die erste Stipendiatin der Michael Horbach Stiftung. Sie lebt und arbeitet in Köln und Mallorca. Wenn bisher die Gemälde und Zeichnungen Paris ganze bzw. wieder zusammengeflickte Terrakotta-Gefäße zeigten, sind es in der aktuellsten Werkgruppe Scherben. Laut Aberglauben bringen Scherben Glück. Und wenn wir schwache Menschen, verletzte oder behinderte Menschen als lebende Scherben begreifen, dann bringen sie wohl auch Glück.
Mit 29 Jahren ist Reza Nadji zum ersten Mal in die Heimat seiner Eltern gereist – und kam zurück mit einem beeindruckenden Portrait einer Stadt voller Widersprüche. In Teheran stieß er auf eine krasse Diskrepanz zwischen der staatlich diktierten islamischen Lebenswelt und der tatsächlichen. Denn hier treffen Sehnsüchte einer westlich orientierten Jugend auf Verbote des Ayatollah. Hier finden sich kapitalistische Konsumtempel neben einer Architektur des Sozialismus. Für seine Bilder von Straßenszenen in Teheran fotografierte er die Stadt im Winter, mit Eis und Schnee bedeckt.
Kunsträume Michael Horbach Stiftung, Wormser Str 23, Köln